Kosten für das Vorhalten einer Wohnung

Es ist davon auszugehen, dass Aufwendungen für das Vorhalten einer Wohnung grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehbar sind, weil diese zum Bereich der privaten Lebensführung gehören bzw. die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge schwer trennbar sind. Es gibt aber auch beruflich bedingte Ausnahmen. 

Beispiel: Starker Wohnungsmangel in der Stadt

A ist seit Jahren in der X-Stadt (X) mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag als Ärztin tätig und unterhält dort unter der Woche eine Zweitwohnung, welche im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung steuerlich berücksichtigt wird. Seit Oktober 2016 befindet sie sich in Elternzeit. Nach der Geburt wohnt sie mit ihrem Lebensgefährten ausschließlich am Lebensmittelpunkt in Z. Es ist geplant, ab Oktober 2017 wieder in X als Ärztin in Vollzeit zu arbeiten. Da bekannt ist, dass in X ein starker Wohnungsmangel herrscht und die bisherige Wohnung aufgrund des alten Mietvertrages preisgünstig ist und eine spätere Wohnungssuche mit erneutem Einzug mit erheblichem finanziellem wie organisatorischem Aufwand verbunden wäre, behielt A die dortige Wohnung bei. Von Oktober bis Dezember 2016 zahlte A insgesamt 1.800 EUR Miete. 

Keine doppelte Haushaltsführung ab Oktober 2016

Die Aufwendungen für das Vorhalten der Wohnung in X sind nicht als Kosten für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung zu berücksichtigen, weil A ab Oktober 2016 in X nicht beruflich tätig ist und in der dortigen Wohnung keinen Haushalt führt.

FG Berlin-Brandenburg lässt aber Werbungskostenabzug zu

Das FG Berlin-Brandenburg ist aber aktuell der Auffassung (Urteil v. 1.6.2017, 3 K 3278/14), dass die Kosten für die Wohnung von Oktober bis Dezember 2016 nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Auch wenn die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vorliegen, können Werbungkosten gegeben sein. Denn darunter fallen rechtlich alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst sind.

Daher fielen Aufwendungen, die nicht durch die Nutzung einer Wohnung am derzeitigen Beschäftigungsort entstehen, sondern durch das bloße Vorhalten einer Wohnung am zukünftigen Beschäftigungsort, unter den Werbungskostenbegriff, wenn die Erwerbssphäre bei wertender Betrachtung das auslösende Moment sei.

Hierfür spricht bei A, dass das Vorhalten der Wohnung in X ausschließlich aus beruflichen Gründen erfolgt ist und denkbare andere, private Gründe allenfalls völlig geringfügig waren. 

Nicht nur vage Aussicht auf ein Arbeitsverhältnis

Auch ist der Umstand entscheidend, dass A nicht lediglich eine vage Aussicht auf ein Arbeitsverhältnis hat oder gar nur die Absicht, sich dort zu bewerben, sondern ein unbefristetes und ungekündigtes Arbeitsverhältnis, lediglich unterbrochen durch Mutterschutzzeit und Elternzeit, vorliegt. A kann somit ohne weiteres nach Ende der Elternzeit wieder in X arbeiten.

Beibehaltung vernünftig und ratsam

Noch hinzukommt, dass der Mietwohnungsmarkt in X aufgrund des Wohnungsmangels stark belastet ist. Nach Auffassung des FG ist jeder Wohnungswechsel außerdem in der Regel mit einer höheren Miete verbunden, von den Kosten und Unannehmlichkeiten von Auszug, Wohnungssuche und erneutem Einzug ganz zu schweigen. Daher sei es ist bei einem absehbaren Bedürfnis nach einer Wohnung nur vernünftig und ratsam, eine bisherige Wohnung beizubehalten, auch wenn sie vorübergehend gar nicht benötigt wird. Ginge es dagegen um eine Stadt mit entspanntem Wohnungsmarkt, wäre ein Vorhalten einer Wohnung aus beruflichen Gründen über längere Zeit kaum denkbar.

Das FG hat zusätzlich darauf hingewiesen, dass auch eine spätere Kündigung der Wohnung aufgrund einer beruflichen Umorientierung als Indiz für eine berufliche Veranlassung gewertet werden kann. 

Auf FG-Urteil beziehen und ggf. Ruhen des Verfahrens beantragen 

Das FG Berlin-Brandenburg hat die Revision nicht zugelassen. Es wurde aber Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. des BFH: VI B 69/17). In vergleichbaren Fällen sollte sich auf die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg bezogen und bei ablehnender Haltung der Finanzämter das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO angeregt werden.