Kindergeld während Master- und nach Bachelorstudium

Seit 2012 wird ein Kind, welches für einen Beruf ausgebildet wird, nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums, nur noch weiter kindergeldrechtlich berücksichtigt, wenn es keiner schädlichen Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG).

Der BFH hat kürzlich zu der neuen Gesetzesfassung entschieden (Urteil v. 3.7.2014, III R 52/13), dass auch ein Bachelorstudium noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung sein kann, wenn ein Kind im Rahmen eines dualen Studiums, nach erfolgreichem Abschluss seines studienintegrierten Ausbildungsgangs, sein parallel zur Ausbildung betriebenes Bachelorstudium fortsetzt. Streitig ist, ob auch ein nachfolgendes Masterstudium, welches auf dem vorherigen Bachelorstudiengang aufbaut, Teil eines (mehraktigen) Erststudiums sein kann.

Beispiel: Der 23-jährige A nahm nach seinem Abitur ein Studium zum Wirtschaftsmathematiker auf. Im Mai 2014 beendete er das Studium mit dem Bachelor-Abschluss. Ebenfalls im Bereich Wirtschaftsmathematik begann A sofort nach dem Bachelor-Abschluss den Masterstudiengang. Um sich sein Studium zu finanzieren, arbeitete er ab Mai 2014 ca. 25 Wochenstunden in einer Firma.

Das FG Berlin-Brandenburg hat hierzu aktuell entschieden (Urteil v. 2.9.2014, 15 K 15011/14), dass ein Studium abgeschlossen ist, wenn die nach der jeweiligen Studienordnung für den betreffenden Studiengang vorgesehene Abschlussprüfung bestanden oder der vorgesehene Hochschulgrad verliehen wurde. Sieht die Hochschulordnung bzw. Studienordnung vor, dass es mit dem Bachelor abgeschlossen wird und ein darauf aufbauendes Masterstudium einen weiteren Studiengang darstellt, ist das Studium auch i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgeschlossen. Daraus folge dann, dass der Abschluss eines Bachelorstudiengangs den Abschluss eines Erststudiums darstellt und ein nachfolgender Studiengang als weiteres Studium (Zweitstudium) anzusehen ist. Auch die Finanzverwaltung vertritt diese Auffassung. Bei A würde dies bedeuten, dass kein Kindergeld mehr gewährt werden könnte, weil A im Rahmen seines Zweitstudiums einer schädlichen Erwerbstätigkeit von über 20 Stunden nach § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG nachgeht.

Praxis-Tipp: Der BFH hat aber auf die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hin die Revision (Az.: VI R 9/15) gegen das Urteil des FG Berlin-Brandenburg zugelassen, was dafür sprechen könnte, dass er die Auffassung des FG nicht teilt. Im Rahmen des Urteils zum dualen Studium hat der BFH nämlich seine Auffassung in erster Linie damit begründet, dass bei der Auslegung des (engeren) Begriffs der Berufsausbildung auch das Berufsziel des Kindes zu berücksichtigen ist. Nach einem Bachelorstudium wird häufig ein höher qualifizierendes Masterstudium „draufgesattelt“ und daher ist es durchaus denkbar, dass der Masterstudiengang – entsprechend den Grundsätzen des BFH - als integrativer Teil einer einheitlichen (mehraktigen) Ausbildung anzusehen ist, wenn die Abschnitte in einem – wie hier bei A - engen sachlichen (z. B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) und zeitlichen Zusammenhang stehen.

Es liegt daher auf der Hand, dass einschlägige Fälle offen gehalten werden sollten, bis der BFH entschieden hat. Einsprüche ruhen kraft Gesetzes nach § 363 Abs. 2 AO.

Hinweis: Ab 2015 wurde der Berufsausbildungsbegriff im Rahmen der Werbungskosten definiert (§ 9 Abs. 6 Satz 2 EStG). Eine Berufsausbildung als Erstausbildung liegt danach vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird. Ziel der neuen Regelung ist es, gewisse Mindestanforderungen an eine Erstausbildung zu stellen, weil nach Abschluss einer Erstausbildung eine nachfolgende Zweitausbildung zum Werbungskostenabzug (anstatt Sonderausgaben) führt. A kann somit für den Masterstudiengang zwar Werbungskosten geltend machen (was auch schon vor der Neuregelung der Fall war); m. E. ergibt sich daraus aber nicht zwingend, dass die neue Begriffsbestimmung auch für § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG von Bedeutung ist. Dies würde ein einheitliches, abgestimmtes Regelwerk zwischen beiden Vorschriften voraussetzen, woran es m. E. fehlt (so auch Hessisches FG, Urteil v. 21.11.13, 8 K 807/12, Haufe Index 6449813).