Gestaltungstipp: Entgeltlicher Erbverzicht

Wirtschaftlich gesehen bedeutet ein Erb- und Pflichtteilsverzicht oft, dass der "Verzichtende" den Anteil an dem späteren Erbe gegen einen Kaufpreis in Höhe der vereinbarten Abfindung veräußert. Dies lädt zu Gestaltungsüberlegungen ein.

Denn die Abfindung unterliegt nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 20.11.2012, VIII R 57/10) nicht der Einkommensteuer. Stattdessen nimmt das Gesetz insoweit eine Schenkung an (§ 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG). Hier gelten jedoch hohe Freibeträge. Selbst wenn diese überschritten werden, bleibt im Vergleich zur Einkommensteuer meist der Vorteil niedrigerer Steuersätze.

Sorgfältige Prüfung erforderlich

Bei Gestaltungsüberlegungen sollte aber auch die Seite des Zahlenden in die Bertachtung einbezogen werden. Deshalb sind im Einzelfall sorgfältige Überlegungen und ggf. Kontrollrechnung anzuraten: Es sollte daher die Frage aufkommen, ob sich günstigere Gestaltungen finden lassen, die zu demselben wirtschaftlichen Ergebnis führen; möglicherweise ein Verkauf des Erbteils oder der Pflichtteilsansprüche, der auch steuerlich als solcher zu behandeln ist.

Da es sich um einen erbrechtlichen, steuerlich als unentgeltlich gewerteten Vertrag handelt, kann der Zahlungspflichtige seine Aufwendungen i. d. R. nicht steuerlich geltend machen. Eine Ausnahme gilt möglicherweise im Rahmen des Realsplitting und der Unterhaltsleistungen für bedürftige Angehörige (§ 33a Abs. 1 EStG).

Müssen die Zahlungen mit Kredit finanziert werden, wird das Finanzamt die Zinsen nicht zum Abzug zulassen (BMF, Schreiben v. 11.8.1994).

Für einen Erbverzicht bieten sich deshalb in erster Linie die Fälle an, in denen der Zahlende seine Aufwendungen wegen der Art des Vermögens nicht geltend machen kann, auch wenn sie steuerlich als Anschaffungskosten einzustufen sind. Dabei kann es sich um ein privat genutztes Grundstück oder um andere, nicht zur Einkünfteerzielung eingesetzte Wirtschaftsgüter handeln, z. B. Kunstsammlungen, Luxusjachten und Ähnliches. Bei einem Wohngebäude kann die Gestaltung als Anschaffungsvorgang bei ungünstigen Verhältnissen zu einer steuerlichen Belastung des Zahlungsempfängers führen, und zwar unter dem Gesichtspunkt des Spekulationsgewinns. Der Zahlende gewinnt nicht immer entsprechende Vorteile, entweder weil er eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt oder weil er das Grundstück nicht vor Ablauf der Spekulationsfrist veräußern will.

Der betriebliche Bereich

Geht es um Betriebsvermögen, sind weitere Fallunterscheidungen geboten, wenn überlegt wird, ob die Gestaltung als ein Anschaffungsvorgang (unter den Miterben; im Zweifel hinsichtlich eines Mitunternehmeranteils) günstiger ist:

  • Enthalten die Wirtschaftsgüter keine stillen Reserven, kommt dem Kaufpreis weder für den Empfänger noch für den Zahlenden Bedeutung zu. Wird er teilweise verzinslich gestundet, gehören die Zinsen auf der einen Seite zu den Betriebsausgaben, auf der anderen zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen. Vorteile können insoweit der Sparer-Pauschbetrag und die Abgeltungssteuer vermitteln.

  • Stille Reserven eines nicht abnutzbaren Wirtschaftsguts muss der Verkäufer sofort versteuern. Der Erwerber erfährt eine steuerliche Entlastung dagegen erst bei Verkauf dieses Wirtschaftsguts.

  • Stille Reserven in abnutzbaren Wirtschaftsgütern verhelfen dem Erwerber zu höheren Abschreibungen, verteilt auf die restliche Nutzungsdauer. Der rechnerische Zinsnachteil wegen der sofortigen Versteuerung beim Verkäufer fällt entsprechend niedriger aus.

Einzukalkulieren sind etwaige Tarifermäßigungen und ggf. der Freibetrag für Betriebsveräußerungen sowohl bei dem jetzigen Verkäufer als auch bei einem späteren Weiterverkauf durch den jetzigen Erwerber.

Als Alternative zu einem steuerlichen Anschaffungsgeschäft bieten sich im Fall von Betriebsvermögen steuerliche Versorgungsleistungen an, insbesondere wenn der Zahlende sein Einkommen mit höheren Steuersätzen zu versteuern hat als der Empfänger. Weil die erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen möglicherweise bald gestrichen werden, sollte man gerade bei Betriebsvermögen eine frühzeitige Vermögensübertragung in Betracht ziehen. Dabei können dem bisherigen Inhaber Versorgungsleistungen zugesprochen werden, möglicherweise neben einem guten Gehalt für die weitere Geschäftsführung.

Ein als zweiter Schritt geplanter Verkauf eines Mitunternehmeranteils unter den Beschenkten kann nach Ablauf der erbschaftsteuerlichen Behaltensfrist später abgewickelt werden. Fehlt es an dem nötigen Einvernehmen unter den Miterben, kommt eine sofortige Übertragung des Betriebs gegen Versorgungsleistungen und eine Gleichstellung der weichenden Erben für einen Erb- und Pflichtteilsverzicht in der Form einer sofort fälligen Zahlung in Betracht.

Hinweis: Zinsverzicht bei Ratenzahlungen

Muss die Zahlung in Raten geleistet werden, um eine sonst nötige Kreditaufnahme zu vermeiden, bietet die Entscheidung des BFH hilfreiche Anhaltspunkte, wie sich (durch einen Zinsverzicht des Pflichtteilsberechtigten) verhindern lässt, dass aus den Raten ein Zinsanteil heraus zu rechnen ist, den der Empfänger zu versteuern hat, während der Zahlende ihn nicht abziehen kann.

Bernhard Paus, Dipl.-Finanzwirt
Schlagworte zum Thema:  Erbschaftsteuer, Abfindung, Schenkungssteuer