Arbeitsbereiche in der Steuerkanzlei modern gestalten

Home Office oder Arbeit im Büro? Am effizientesten ist nicht das "Entweder-oder" sondern das "Sowohl-als-auch". Das klassische Büro hat also nicht ausgedient. Aber wie ist es sinnvollerweise gestaltet aufgebaut und wie können Sie den heutigen und zukünftigen Anforderungen gerecht werden, ohne gleich ein neues Gebäude zu bauen?

Die "coole, neue Arbeit" findet heute nicht mehr in verstaubten Büroräumen statt. Als "Wissensarbeiter" können wir von überall und jederzeit arbeiten. Das ist jedenfalls der Tenor, wenn man sich die Meldungen in Presse und Fachzeitschriften oberflächlich anschaut.

Die Bilanz also demnächst im Café nebenan? Die Annahme der Steuererklärung im Zug? Der persönliche Kontakt mit Mandanten und Kollegen sowie dem Chef nur noch elektronisch über Collaboration Tools und Videokonferenz? Natürlich kann man eine ganze Menge Arbeit auch gut außerhalb des klassischen Büros erledigen. Internet (wenn es denn in Deutschland funktioniert), Laptop, Handy und die entsprechende Softwareausstattung in der Cloud machen es möglich.

Kombination aus Büro und Home Office

Rein theoretisch brauchen wir also gar kein klassisches Büro mehr. Viele Konzerne, allen voran Microsoft und IBM, haben schon Mitte der 2000er Jahre Büros abgebaut, bei Microsoft war der Arbeitsplatz in einem klassischen Büro sogar so gut wie verboten. Tatsächlich sind aber genau diese beiden Vorreiter vor nicht allzu langer Zeit zurück gerudert. Der Grund: Die Einsparungen bei den Immobilien sind zwar eine schöne Sache. Die rein digitale Zusammenarbeit hat aber insgesamt nicht zu dem Effizienzsprung geführt, den man sich erhofft hatte.

Die wesentlichen Herausforderungen: Fehlende Mitarbeiterbindung, endlose Meetings – einfach der fehlende persönliche Kontakt. Insbesondere in eher konservativen Branchen wie der unseren sollten wir mit diesem Thema also eher behutsam umgehen. Die ersten Langzeitstudien zeigen: Optimal für die Effizienz ist nicht das Entweder-oder sondern eben das Sowohl-als-auch. Das Ergebnis: Die höchste Effizienz wurde gemessen, wenn die Mitarbeiter zu je 50 % im Büro und im Home Office arbeiteten.

Die Veränderung der Arbeit

Die passende Gestaltung der Bürobereiche ist eine Grundvoraussetzung, damit die Zeit, die im Büro verbracht, optimal genutzt werden kann. Hierbei sollten Sie sich noch einmal kurz die Trends, die die Arbeit in Kanzleien in der Zukunft beeinflussen, in Erinnerung rufen:

  • Automatisierung der Basisleistungen – die Fibu macht den Anfang, Abschluss und Steuern werden folgen;
  • Endlich Beratung - Verlagerung der Umsatzanteile von heute 10 % Beratung und 90 % Vorbehaltsaufgaben auf morgen (schrittweise in den nächsten 10 Jahren) 90 % Beratung und 10 % Vorbehaltsaufgaben;
  • Flexibilisierung von Aufgaben, Arbeitszeit und ja auch Arbeitsräumen;
  • Individualisierung – starre Stellenbeschreibungen verschwinden;
  • Perspektivenwechsel – mit der Beratung wird sich der Blick von den Kanzleiprozessen hin zu den Mandantenprozessen weiten.

Das Bild des "Sachbearbeiters", der 8 Stunden an seinem Schreibtisch sitzt und sich wiederholende Aufgaben abarbeitet wird endgültig der Vergangenheit angehören: Wenn Sie die Art der Arbeit in Ihrer Kanzlei heute mit der von vor 10 Jahren vergleichen, hat die Entwicklung längst begonnen. In vielen Kanzleien gibt es heute schon mehr Arbeitsteilung und mehr Besprechungen.

Die Komplexität führt dazu, dass ein Sachbearbeiter nicht mehr alle Wissens-Bereiche abdecken kann, die für einen Mandanten notwendig sind. Das Kanzlei-Team wird zukünftig mehr und mehr zu einem Netzwerk von Spezialisten, die sich je nach "Projekt"– früher sagten wir "Fall" -  zusammenfinden und in immer wieder wechselnden Konstellationen zusammen arbeiten.

Die Veränderung der Büro-Bereiche

Für eine solches Netzwerk sind abgeteilte Büros mit ein bis zwei Mitarbeitern nicht optimal. Für den Wandel von der "Produktionsstätte" zum "Netzwerk-Hub" werden in Zukunft aus meiner Sicht folgende 5 "must have" Büro-Bereiche benötigt - 2 Bereiche sind "nice to have":

MUST HAVE

  • Heimathafen: Mittelfristig bleibt das "eigene Büro" erhalten.  Der nächste Schritt wird hier auch im Hinblick auf Home Office die Aufgabe des "eigenen" Schreibtischs sein.
  • Kanzlei-Lounge: Für den internen sozialen Austausch, wenn es denn sein soll, auch mit Kicker -Tisch!
  • Bibliothek: Für stilles Arbeiten, auch mit mehreren Kollegen im Raum.
  • Kanzlei-Café: Für Besprechungen mit Mandanten.
  • Projekt-Werkstatt: Für Projektbesprechungen in kleinen Teams:

NICE TO HAVE

  • Ruhe-Insel: Bringt Entspannung für zwischendurch.
  • Think-Tank: Der Raum für kreativer "Spinner".

Die Umgestaltung ist gar nicht so schwierig

Die Herausforderung: Wie integrieren Sie all diese Bereiche in das bestehende 200–300 qm Büro? Da ist Kreativität gefragt. Ein Innenarchitekt mit Kompetenz für das Büro der Zukunft kann Wunder wirken – kostet aber auch. Wenn Sie genau hinsehen, ist die Ausgangsbasis in vielen Kanzleien gar nicht so schlecht. Hier ein paar Ideen:

  • Heimat-Hafen: Das eigene Arbeitsplatz ist ja in der Regel schon vorhanden. Für bestimmte Zeiten sollten hier "stille Stunden" eingeführt sein, in denen Hochkonzentrationsarbeiten möglich sind (gut kombinierbar mit der Bibliothek).
  • Kanzlei-Lounge: In der guten alten Küche lässt sich mit relativ wenig Aufwand oft schnell eine gemütlichere Atmosphäre schaffen (Küchensofa statt der ausrangierten Gartenstühle des Chefs...)
  • Bibliothek: Einen Raum in der Kanzlei zumindest für bestimmte Zeiten zum Ruhe-Arbeitsraum zu erklären, sollte recht einfach möglich sein.
  • Kanzlei-Café: Mandantenbesprechungsräume müssen heute nicht mehr vom 3,50 Meter langen Besprechungstisch dominiert werden. Wie viel Platz brauchen Sie wirklich, wenn eben nicht mehr jeder mindestens zwei Din A4-Blätter vor sich liegen hat? In Sachen Beratung darf es auch hier gerne etwas "lounge-mäßig" aussehen.
  • Projekt-Werkstatt: Ausgestattet mit großem Monitor, Moderationskoffer, Klebezetteln, Flipchart etc. lässt sie sich sich ebenfalls gut mit der Bibliothek kombinieren – eine Sache der Zeit-Planung.
  • Ruhe-Insel: Dies kann auch ein einzelner Sessel hinter einer Zimmerpflanze sein, ausgerüstet mit einem Noise-Reduction Kopfhörer.
  • Think-Tank: Nicht alles muss im Büro gelöst werden. In größeren Städten bieten sich Co-Working Spaces an. Die sind meist supercool eingerichtet. Das "Spinner-Team" kann sich aber auch auf der Terrasse oder im nächsten Café niederlassen.

Die Veränderung der Arbeit sollte und wird auch die Arbeitsräume verändern. Fangen Sie heute schon an. Die ersten Ideen sind leicht und relativ kostengünstig machbar. Je nach Image Ihrer Kanzlei haben Sie ja die Wahl zwischen den Designer-Büromöbeln und der etwas günstigeren schwedischen Variante. Auch Ihr neuer - im Zweifel junger - potentieller Mitarbeiter wird sicher eher in einem Büro arbeiten wollen, in dem das Wort "modern" nicht nur über die Anzahl der Monitore auf dem Schreibtisch definiert wird.

Tipp: Sollten Sie in nächster Zeit umziehen oder gar bauen wollen, empfehlen wir, sich über die Gestaltung ein paar Gedanken in die Richtung "Büro der Zukunft" zu machen. Sehr hilfreich ist hierzu die Website des Fraunhofer Instituts.