Rz. 35

Als zweite Voraussetzung, die kumulativ vorliegen muss, damit in der Verschmelzungsbilanz der übertragenden Körperschaft ein Übertragungsgewinn durch Buchwertansatz vermieden werden kann, fordert § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, dass eine Gegenleistung nicht gewährt wird oder nur in Gesellschaftsrechten an der übernehmenden Körperschaft besteht. Gemeint ist die Gewährung einer Gegenleistung an die Anteils­eigner der übertragenden Körperschaft für die Übertragung des Vermögens[1]. Der Grund für diese Regelung besteht darin, dass Gewinnverwirklichung eintreten soll, wenn im Zuge der ­Verschmelzung das Vermögen in Geldansprüche umgewandelt wird. Ein Aufschub der Gewinnrealisierung ist nur gerechtfertigt, wenn eine solche Veräußerung unterbleibt.

 

Rz. 36

Bei der Vermögensübertragung nach den §§ 174ff. UmwG besteht die Gegenleistung nie in Gesellschaftsrechten, sondern in Geld- oder Sachwerten (vgl. Rz. 19). Eine Vermögensübertragung kann daher nur dann steuerneutral sein, wenn keine Gegenleistung gewährt wird, weil die Vermögensübertragung auf den Alleingesellschafter erfolgt[2].

 

Rz. 37

Bei einer Verschmelzung sind folgende Gegenleistungs- bzw. Abfindungsvorgänge möglich:

  • Die übernehmende Körperschaft leistet einen Spitzenausgleich an die Anteilseigner der übertragenden Körperschaft. Es handelt sich um eine Gegenleistung i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 2.
  • Die übernehmende Körperschaft zahlt eine Abfindung an ausscheidende Gesellschafter der übertragenden Körperschaft.
  • Die übertragende Körperschaft erbringt Leistungen an ihre Anteilsinhaber. Es handelt sich um eine Gewinnausschüttung oder den Erwerb eigener Anteile. Eine Gegenleistung nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 liegt nicht vor. Das betrifft auch den Fall der Abfindung ausscheidender Gesellschafter durch die übertragende Körperschaft. Es handelt sich, je nach Lage des Falles, um den Erwerb eigener Anteile oder eine Gewinnausschüttung[3].
  • Bei Leistungen zwischen den Gesellschaftern der übertragenden und der übernehmenden Körperschaft handelt es sich um Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäfte, die zur Gewinnrealisierung auf der Gesellschafterebene führen. Eine Gegenleistung nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 liegt nicht vor[4].

Eine schädliche Gegenleistung liegt daher nur vor, wenn sie von der übernehmenden Körperschaft erbracht wird (vgl. Rz. 41).

 

Rz. 38

Keine Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens im Wege der Verschmelzung wird gewährt, wenn und soweit die übernehmende Körperschaft bereits vor der Verschmelzung alleiniger Anteilseigner der übertragenden Körperschaft ist[5]. Da die Gegenleistung nur in Gesellschaftsrechten an der übernehmenden Körperschaft bestehen darf, würde sonst die übernehmende Körperschaft eigene Anteile erwerben; das ist unzulässig. Dieser Fall kann nur bei einer Verschmelzung durch Aufnahme, nicht dagegen bei einer Verschmelzung durch Neubildung vorliegen.

Bei der Vermögensübertragung kann der Fall, dass keine Gegenleistung gewährt wird, vorliegen, wenn die Anteile der übertragenden Körperschaft vollständig bei der übernehmenden Körperschaft liegen. Dies ist der einzige Fall, in dem die Vermögensübertragung steuerneutral möglich ist.

 

Rz. 39

Im Übrigen darf die Gegenleistung nur in Anteilen an der übernehmenden Körperschaft bestehen. Dabei kann es sich um eigene Anteile der übernehmenden Körperschaft handeln, die den Anteilseignern der übertragenden Körperschaft als Gegenleistung gewährt werden, oder um neue Anteile, die im Zuge einer aufgrund der ­Verschmelzung durchgeführten Kapitalerhöhung entstanden sind.

Unter den Begriff der Anteile fallen auch beteiligungsähnliche Genussrechte (vgl. § 8 KStG Rz. 122ff.). Diese Genussrechte werden steuerlich wie Anteile an der Körperschaft behandelt; das muss auch für die Verschmelzung gelten[6].

Werden im Zuge der Verschmelzung Mitgliedschaftsrechte gewährt, z. B. bei einem VVaG oder bei genossenschaftlichen Prüfungsverbänden, fallen diese nicht unter den Begriff der „Anteile”. Es wird dann jedoch keine Gegenleistung in Geld- oder Sachwerten gewährt, die Versteuerung der stillen Reserven ist durch die Buchwertverknüpfung sichergestellt. Die Verschmelzung kann also gewinnneutral durchgeführt werden.

 

Rz. 40

Jede andere Gegenleistung, sei es in Geld oder in Geldes- bzw. Sachwert, schadet und schließt insoweit den Buchwertansatz aus. Damit ist steuerlich insbesondere ein Spitzenausgleich in Geld an die Anteilseigner der übertragenden Gesellschaft schädlich. Dagegen wird eine Gegenleistung in Geld an die übertragende Gesellschaft selbst kaum vorkommen, da sie durch den Verschmelzungsvorgang erlischt, also auch keine Gegenleistung mehr erhalten kann.

Ist die Gegenleistung nicht vollwertig, liegt eine teilweise unentgeltliche Übertragung vor; insoweit kann die Verschmelzung dann gewinnneutral durchgeführt werden.

 

Rz. 41

Hieraus folgt, dass der Ausdruck „Gegenleistung” nicht im strengen Sinne verstanden werden kann. An sich wird eine Gegenleistung an den Leistenden erbracht. Der Leistende, d. h. die übertragende Körperschaft, kann ab...

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