Stärkung der betrieblichen Altersversorgung

Die gesetzliche Altersrente wird oftmals nicht ausreichen, um den Lebensstandard zu halten. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz soll diesem Missstand vorbeugen. Der Gesetzentwurf wurde am 1.6.2017 vom Bundestag beschlossen. Der Bundesrat hat am 7.7.2017 zugestimmt.

Kerninhalt des Gesetzentwurfs

Besonders für Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen wird sich eine existenzbedrohende Versorgungslücke auftun. Angesichts der Altersentwicklung in der Gesellschaft kann das heutige Altersrentensystem hier nicht entscheidend korrigiert werden. Als Lösung des Dilemmas sollen mehr Arbeitnehmer als bisher Ansprüche aus einer betrieblichen Altersvorsorge erwerben. Die Betriebsrente soll vor allem in kleineren und mittleren Unternehmen mehr verbreitet und Geringverdiener mit Zuschüssen unterstützt werden.

Dieses zweite Standbein der Altersvorsorge ist vor allem in kleineren Unternehmen bzw. bei Arbeitnehmern mit geringen Einkünften nur selten anzutreffen. Das soll sich durch verschiedene Maßnahmen im  Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (kurz: Betriebsrentenstärkungsgesetz) ändern und eine deutliche höhere Abdeckung der betrieblichen Altersversorgung erreicht werden.

Insbesondere soll es künftig möglich sein, dass in Tarifverträgen sog. reine Beitragszusagen vereinbart und zudem über Leistungen der durchführenden Einrichtungen entschieden werden können. Geplant sind rechtssichere Modelle mit einer automatischen Entgeltumwandlung, verbunden mit einer Widerspruchsmöglichkeit (Options- bzw. Opting-Out-Modell). Zudem wird es künftig ein spezifisches Fördermodell für Geringverdiener geben mit sozialrechtlichen Anreizen für den Auf- und Ausbau einer betrieblichen Altersversorgung. Dazu gehört dann auch, dass die Mittel aus einer betrieblichen Altersversorgung bis zu 200 EUR nicht mehr auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden.

Gegenüber bisherigen Versorgungszusagen wird neu sein, dass Arbeitgeber künftig keine Garantien mehr zur Höhe der Betriebsrente, sondern nur noch über die gezahlten Beiträge abgeben können - sog. Zielrente. Jedoch werden Arbeitgeber zu einem Zuschuss zur Betriebsrente verpflichtet (dies ist neu hinzugekommen), wenn die Arbeitnehmer diese über eine Entgeltumwandlung ansparen. Der Zuschuss wird 15 % des Sparbeitrags der Arbeitnehmer betragen; parallel dazu spart der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung Sozialbeiträge.

Steuerliche Änderungen

Neben diesen sozial- bzw. rentenrechtlichen Änderungen wurden mit dem Gesetz auch Steueränderungen verknüpft. Ziel ist die steuerliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung und der Riester-Rente zu vereinfachen und zu optimieren. Dazu ist insbesondere geplant:

  • ·Zunächst wird eine Regelungslücke geschlossen. Bisher wird die Portabilität von gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften steuerfrei gestellt. Entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung wird in die Steuerbefreiung auch die Übertragung von vertraglich unverfallbaren Anwartschaften mit aufgenommen (§ 3 Nr. 55 EStG).
  • Ebenfalls steuerbefreit wird eine Übertragung von Anwartschaften einer betrieblichen Altersversorgung von einem auf einen anderen Träger (Pensionsfonds, Pensionskasse,  Lebensversicherung). Dies bleibt steuerneutral, soweit dabei keine Zahlungen unmittelbar an den Arbeitnehmer erfolgen. Die Besteuerung der späteren Leistungen erfolgt dann gemäß § 22 Nr. 5 EStG so, als ob keine Übertragung stattgefunden hätte (§ 3 Nr. 55c EStG).
  • Tarifvertraglich kann über die reine Beitragszusage ein Sicherungsbeitrag vereinbart werden. Hierzu wird flankierend geregelt, dass entsprechend Beiträge nicht unter § 3 Nr. 62, sondern nur unter § 3 Nr. 63a EStG fallen und folglich auch die Leistungen daraus nachgelagert besteuert werden (§ 3 Nr. 62 EStG).
  • Aufgehoben wird die Ausnahmeregelung in § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG. Diese diente dazu, eine Benachteiligung der Grenzgänger zur Schweiz zu verhindern. Dies ist durch zwischenzeitliche Gesetzesänderungen in der Schweiz sowie durch BFH-Rechtsprechung überholt und in der Praxis weitgehend entbehrlich geworden.
  • Für die externen Durchführungswege (Pensionskasse, Pensionsfond bzw. Direktversicherung) wird eine einheitliche prozentuale Grenze eingeführt. Dazu ist vorgesehen, dass eine Zusammenfassung der steuerfreien Höchstbeträge in der kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung zu einer einheitlichen Grenze von 8 % der Beitragsbemessungsgrenze (BBG RV) erfolgt (zunächst waren nur 7 % geplant). Dies wird die derzeitige Grenze mit 4 % ggf. zuzüglich eines Zuschlags mit 1.800 EUR für Neuzusagen ersetzen (§ 3 Nr. 63 EStG). Zudem ist hierfür ggf. eine Pauschalbesteuerung nach § 40b EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung möglich. Das gilt allerdings nur, wenn Beiträge an eine Direktversicherung oder Zuwendungen an eine Pensionskasse bereits vor dem 1.1.2018 nach § 40b Absatz 1 und 2 EStG a.F. pauschal besteuert wurden. Dies erfordert somit eine Versorgungszusage, die vor dem 1.1.2005 erteilt worden ist. Die pauschal besteuerten Zuwendungen verringern dann jedoch den steuerfreien Höchstbetrag (§ 52 Abs. 4 Satz 14 EStG).
  • Ergänzend wird für Abfindungen, die in eine betriebliche Altersversorgung fließen, der bisherige Betrag mit 1.800 EUR durch eine dynamische Grenze i. H. v. 4 % der BBG (zunächst waren 3 % geplant) ersetzt. Auch entfällt die Gegenrechnung des in den letzten 7 Jahren in Anspruch genommenen steuerfreien Volumens. Bestehen hingegen in der betrieblichen Altersversorgung Lücken, z. B. durch Entsendung ins Ausland, Elternzeit, Sabbatjahr, können die fehlenden Beiträge steuerbegünstigt nachgezahlt werden (§ 3 Nr. 63 Satz 3 und 4 EStG).
  • Für Zusatzbeiträge des Arbeitgebers i.S.d. § 23 Abs. 1 BetrAVG, die zunächst zur Absicherung der reinen Beitragszusage genutzt und den Arbeitnehmern nicht unmittelbar gutgeschrieben werden, bleiben bei Leistung des Arbeitgebers an die Versorgungseinrichtung steuerfrei. Als Ausgleich unterliegt die spätere Betriebsrenten gemäß § 22 Nr. 5 EStG der nachgelagerten Besteuerung (§ 3 Nr. 63a EStG).
  • Tritt ein Arbeitnehmer im Insolvenzfall seines Arbeitgebers in eine abgeschlossene Rückdeckungsversicherung ein und setzt diese fort, fließt ihm dem Grunde nach ein zu besteuernder Vorteil zu. Dieser wird jedoch steuerfrei gestellt und erst nachgelagert besteuert (§ 3 Nr. 65d EStG).
  • Enthalten sind zudem diverse Flexibilisierungen und auch Vereinfachungen für das steuerliche Verwaltungsverfahren. Dies betrifft insbesondere das Verfahren zur Riester-Förderung. Dazu gehört ein Wahlrecht zur Auszahlung von sog. Kleinbetragsrenten im Jahr des Beginns der Auszahlungsphase oder im darauf folgenden Jahr. Auf den Einmalbetrag wird die Fünftelregelung anzuwenden sein (§ 22 Nr. 5 EStG i. V. m. § 1 AltZertG).
  • Nicht zuletzt ist für die Grundzulage bei einer Riester-Rente eine Anhebung im Gesetz enthalten, wovon vor allem Geringverdiener profitieren sollen. Dies bringt eine Erhöhung von 154 EUR nicht nur auf 165 EUR (wie zunächst geplant), sondern auf 175 EUR mit sich (§ 84 Satz 1 EStG).
  • Für Rückforderungen von Riester-Zulagen ist eine gesetzliche Frist vorgesehen; derzeit kann die ZfA bis zu 7 Jahre lang zurückfordern. Reicht bei einem Versorgungsausgleich das Riester-Guthaben nicht für den Rückforderungsanspruch aus, soll die ZfA den Restbetrag beim Zulageberechtigten anfordern können (§ 90 EStG).
  • Die bisherigen Mitteilungspflichten werden zu Anzeigepflichten und klarer gefasst. Betroffen ist vor allem die Mitteilung zur Aufgabe der Selbstnutzung der steuerlich geförderten Wohnung. Ferner kann eine Wiederaufnahme der Selbstnutzung innerhalb von 5 Jahren eine Versteuerung des Wohnförderkontos verhindern (§ 92a EStG).
  • Hat ein Anbieter vorsätzlich oder grob fahrlässig keine oder unzutreffende Daten übermittelt, kann er dem Sparer gegenüber für entgangene Steuervorteile haften. Dies gilt natürlich nur, wenn der Zulageberechtigte seiner Informationspflicht gegenüber dem Anbieter zutreffend und rechtzeitig nachgekommen ist (§ 93 Abs. 2 EStG).
  • Zudem wurde ein neues steuerliches Förderbetragsmodell geschaffen, das speziell auf Geringverdiener zugeschnitten ist - sog. BAV-Förderbetrag. Dieses Modell soll einfach administrierbar sein. Ein Arbeitnehmer gilt in diesem Zusammenhang als ein Geringverdiener bis zu einer Lohngrenze von 2.200 EUR monatlich. Spätere Leistungen daraus werden gemäß § 22 Nr. 5 EStG nachgelagert besteuert. Der Arbeitgeber wird für seine zusätzlichen Beiträge in die externen Durchführungswege, mittels eines staatlichen Zuschusses gezielt gefördert, indem er den Betrag in der Lohnsteuer-Anmeldung absetzen kann. Gefördert werden Beiträge von mindestens 240 EUR bis höchstens 480 EUR im Kalenderjahr. Dieser sog. Förderbetrag beträgt im Kalenderjahr 30 % des zusätzlichen Arbeitgeberbeitrags, also mindestens 72 EUR bis höchstens 144 EUR. Der Zuschuss wird dem Arbeitgeber durch Verrechnung mit der von ihm abzuführenden Lohnsteuer gewährt (§ 100 EStG).

Diese Maßnahmen bringen durchaus Vereinfachungen für das Lohnbüro mit sich. So ist keine Differenzierung mehr beim Dotierungsrahmen bzw. zwischen Alt- und Neuzusagen erforderlich; es kommt zu einer einfacheren Anrechnung der pauschal besteuerten Beiträge. Und bei Abfindungen, die im Rahmen Vervielfältigungsregelung für eine betriebliche Altersversorgung eingesetzt werden, wird keine Anrechnung von zuvor bereits steuerfrei belassenen Beiträgen mehr vorzunehmen sein.

Inkrafttreten

Das Gesetz wird grundsätzlich am 1.1.2018 in Kraft treten. Lediglich die Änderungen zum Produktinformationsblatt und zu den Informationsfristen vor der Auszahlungsphase gelten bereits rückwirkend zum 1.1.2017. Hingegen werden die Regeln zum Datenabgleichsverfahren erst am 1.1.2019 in Kraft treten, sodass die Sozialhilfeträger für die EDV-technische Umsetzung mehr Zeit haben, aber auch finanzielle Vorsorge treffen können.

Betriebsrentenstärkungsgesetz, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales v. 31.5.2017, BT-Drs. 18/12612

Schlagworte zum Thema:  Einkommensteuer, Steueränderungen