Nachträgliche Anschaffungskosten bei § 17 EStG

Das BMF bezieht in einem Schreiben Stellung zur Behandlung nachträglicher Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG.

Rechtsprechung des BFH 

In jüngster Vergangenheit gab es drei Entscheidungen des BFH zu nachträglichen Anschaffungskosten auf Anteile i.S. des § 17 EStG. Die Kernaussagen des BFH lauten:

  • Mit Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG ist die gesetzliche Grundlage für die Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG entfallen. Damit können Aufwendungen für die Inanspruchnahme als Bürge nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten für eine Beteiligung führen (BFH Urteil vom 11.07.2017 - IX R 36/15, Haufe Index 10479832).
  • Eine nur gesellschaftsintern wirkende Umgliederung einer freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Geschäftsanteil des veräußernden Gesellschafters (BFH Urteil vom 06.12.2017 - IX R 7/17, Haufe Index 11549452).
  • Die Aufwendungen eines Gesellschafters aus einer Einzahlung in die Kapitalrücklage zur Vermeidung einer Bürgschaftsinanspruchnahme führen zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung (BFH Urteil vom 20.07.2018 - IX R 5/15, Haufe Index 11346867).

Anwendung durch die Finanzverwaltung 

Die Auswirkungen der o. g. Rechtsprechung werden in der Praxis zumeist negative Folgen bei der Ermittlung eines Gewinnes bzw. Verlustes nach § 17 EStG haben. Deshalb hat das BMF eine Übergangsregelung geschaffen. Die bisherigen Regelungen (siehe BMF, Schreiben v. 21.10.2010, IV C 6 - S 2244/08/10001, Haufe Index 2455942) können aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin in allen offenen Fällen angewandt werden, wenn eine Finanzierungshilfe bis zum 27.09.2017 gewährt wurde oder bis zu diesem Termin eigenkapitalersetzend geworden ist.

Entsprechende Darlehen bzw. Bürgschaften fallen unter die Vorschriften des MoMiG, sofern ein Insolvenzverfahren bei einer GmbH nach dem 31.10.2008 eröffnet wurde oder anfechtbare Rechtshandlungen i.S.d. § 6 AnfG nach dem 31.10.2008 vorgenommen wurden. Damit gilt die Übergangsregelung für entsprechende Vorgänge in der Zeitspanne zwischen 31.10.2008 und 27.9.2017.

Nachträgliche Anschaffungskosten 

In allen übrigen Fällen und auch außerhalb der o. g. Zeitspanne liegen nachträgliche Anschaffungskosten nur unter den Voraussetzungen des § 255 HGB vor. Folglich muss es sich um Aufwendungen handeln, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen und verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Dies sind insbesondere 

  • Nachschüsse (§§ 26 ff GmbHG), 
  • sonstige Zuzahlungen (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB), 
  • Einzahlungen in die Kapitalrücklage, 
  • Barzuschüsse oder 
  • ein Verzicht auf eine werthaltige Forderung.

Keine nachträglichen Anschaffungskosten

Hingegen führen 

  • Aufwendungen aus Fremdkapitalhilfen, 
  • der Ausfall eines Darlehens oder 
  • der Ausfall mit einer Bürgschaftsregressforderung 

nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung. Gleiches gilt auch bei einer nur gesellschaftsintern wirkenden Umgliederung einer freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage; diese erhöht die Anschaffungskosten des Gesellschaftsanteil nicht.

Sonderfall Rangrücktritt 

Allenfalls wenn eine gewährte Fremdkapitalhilfe aufgrund der vertraglichen Abreden mit der Zuführung einer Einlage in das Gesellschaftsvermögen wirtschaftlich vergleichbar ist, können nachträgliche Anschaffungskosten vorliegen. In der Praxis wird dies vor allem ein Gesellschafterdarlehen mit einem vereinbarten Rangrücktritt sein. Solch ein Darlehen hat auch bilanzsteuerrechtlich die Funktion von zusätzlichem Eigenkapital (BFH Urteil vom 15.04.2015 - I R 44/14, BStBl 2015 II S. 769), sodass hierbei nachträgliche Anschaffungskosten gegeben sein können.

BMF, Schreiben v. 5.4.2019, IV C 6 - S 2244/17/10001


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