EU-Recht: Können Zuwanderer auf deutsche Sozialkassen zugreifen?

Trotz Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU, haben Zuwanderer nicht automatisch Zugriff auf deutsche Sozialkassen. Die EU-Kommission stellt klar: in die nationalen sozialen Sicherungssysteme kann nicht „eingewandert“ werden. Welche Regeln gelten bei Arbeitslosengeld und Sozialhilfe für Migranten? 

Die meisten EU-Bürger haben freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt -  seit 1.1.2014 auch Rumänen und Bulgaren. Gilt die Arbeitnehmerfreizügigkeit einerseits als eine der wesentlichen Errungenschaften der Europäischen Union (EU), wird andererseits immer wieder über eine mögliche Ausnutzung der Sozialsysteme diskutiert. Die CSU forderte schärfere Zugangsregeln zum deutschen Sozialsystem (s. News v. 3.12.2013). Daraus entbrannte eine hitzige Debatte über Armutszuwanderung und Sozialtourismus.

Doch ein Migrant in kann Deutschland nicht so einfach Arbeitslosengeld beantragten. Und Migranten haben nicht automatisch Anspruch auf Hartz IV?

Was ändert sich ab 1.1.2014 für Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien?

Ab 1.1.2014 können auch Rumänen und Bulgaren in Deutschland ohne die bisher nötige Ausnahmegenehmigung Arbeit suchen (s. auch News v. 21.11.2013). In den ersten 3 Monaten gibt es für die Arbeitssuche nach EU-Recht keine Vorbedingungen mehr. Allerdings ist der deutsche Staat zu keiner materiellen Unterstützung verpflichtet. Waren Rumänen und Bulgaren zuvor in ihrem Heimatland arbeitslos gemeldet, erhalten sie von dort mindestens 3 weitere Monate Arbeitslosenunterstützung.

Wer kann nach EU-Recht deutsche Sozialleistungen beanspruchen?

Das deutsche Büro der EU-Kommission beruft sich auf das EU-Recht und stellt zur aktuellen Debatte klar: „Es gibt ein Recht auf Freizügigkeit, aber kein Recht auf Einwanderung in die nationalen Sozialsysteme … Freizügigkeit heißt nicht, frei Sozialleistungen zu beziehen. Laut EU-Recht haben nur arbeitende EU-Bürger Recht auf Sozialleistungen.“

Wann hat ein Zuwanderer Anspruch auf deutsche Sozialleistungen?

Hat ein Zuwanderer in Deutschland eine bestimmte Zeit gearbeitet und in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, bekommt er bei Arbeitslosigkeit auch Unterstützung. Das ist zunächst Arbeitslosengeld; später erhält er Hartz IV-Leistungen.

Das EU-Recht sieht jedoch Schutzbestimmungen für den Aufenthalt in den ersten 5 Jahren vor. Das deutsche Büro der EU-Kommission beschreibt dies so: „Gelangen die Behörden auf der Grundlage einer Einzelfallbeurteilung zu dem Schluss, dass die betreffenden Personen aufgrund des Antrags auf Sozialhilfe zu einer unverhältnismäßigen Belastung geworden sind, können sie für diese das Recht auf Aufenthalt aufheben.“

Können deutsche Gerichte ausländischen EU-Bürgern Hartz IV zuerkennen?

Erhalten EU-Ausländer ohne Aufenthaltsrecht innerhalb der ersten 5 Jahre Ansprüche auf Hartz IV per Gerichtsurteil zuerkannt, basieren diese Urteile laut EU-Kommission allein auf deutschem Recht. Die Behörden könnten die Freizügigkeit einschränken, den Betroffenen auch ausweisen und bei Missbrauch Wiedereinreisesperren erlassen. Mehrere Experten weisen jedoch darauf hin, dass es in den Kommunen häufig Anwendungsprobleme des EU-Rechtes gibt.

Wie lange kann Sozialhilfe verweigert werden?

Zuwanderern kann Sozialhilfe nicht unbegrenzt verweigert werden. Nach 5 Jahren können EU-Bürger genauso wie deutsche Bürger Sozialhilfe beantragen. Ausnahmeregelungen sind nach EU-Recht dann nicht mehr zulässig.

Erhalten Zuwanderer Kindergeld?

In Deutschland lebende Ausländer können nur dann Kindergeld erhalten, wenn sie eine gültige Niederlassungserlaubnis besitzen. Voraussetzungen dafür sind

  • eine Arbeitsstelle innerhalb der ersten 5 Aufenthaltsjahre oder
  • genügend eigene finanzielle Mittel zum Lebensunterhalt.

Nach Aussage des Bundesfamilienministeriums kann aus verfassungs- und europarechtlichen Gründen Kindergeld nicht allein deswegen verweigert werden, weil die Kinder nicht bei ihren Eltern in Deutschland, sondern in ihrem Heimatland leben.

Auskunft erteilen die Kindergeldkassen der Arbeitsämter.

Armutszuwanderung – ein wachsendes Problem?

Insbesondere im Ruhrgebiet und in Berlin nimmt die „Armutszuwanderung“ aus Osteuropa zu. Diese Zuwanderer (häufig Roma) haben in der Regel offiziell keine Sozialleistungen beantragt, geben Selbstständigkeit vor, pendeln zwischen ihrem Heimatland und Deutschland und wechseln auch innerhalb Deutschlands öfter den Wohnsitz, was ihre Ausweispapiere oft nur schwer nachprüfbar macht.

Doch auch diese Zuwanderer müssen sie häufig konkret unterstützt werden. Das bereitet den Kommunen Probleme, zumal sich Klagen über Kleinkriminalität häufen. Vor allem die Kinder verursachen in den Sozialämtern Probleme, besonders wenn sie krank werden und keinen Versicherungsschutz haben.

dpa