Tenor

Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bewilligt und ihr Prozessbevollmächtigter, Rechtsanwalt K., beigeordnet, soweit sie begehrt, es der Antragsgegnerin zu untersagen, regelmäßige Hausbesuche bei der Antragstellerin durchzuführen, ohne dass eine Bewertung durch die Antragsgegnerin im Vorfeld des jeweiligen konkreten Termins für einen Hausbesuch das gegenwärtige Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Wohls der Kinder bzw. eines Kindes der Antragstellerin sowie die Erforderlichkeit eines (erneuten) Hausbesuchs zur Abschätzung des Gefährdungsrisikos ergeben hat.

Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

 

Gründe

Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 S. 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies ist der Fall, wenn ein Erfolg der Klage jedenfalls ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen; die bloß theoretische Möglichkeit eines Klageerfolgs reicht nicht aus (VGH Bad.-Württ, Beschluss vom 06.05.1998 – 7 S 3090/97 –, juris). Vorliegend hat der isolierte Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Denn nur insoweit bestehen hinreichende Erfolgsaussichten; im Übrigen bietet die angekündigte Klage – auch mit der im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen Offensichtlichkeit – keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 Abs. 2 ZPO).

1. Die Antragstellerin beantragt mit ihren Hauptanträgen, es der Antragsgegnerin zu untersagen, (1.) bei der Antragstellerin unangekündigte Hausbesuche, hilfsweise öfter als ein Mal pro Quartal unangekündigte Hausbesuche durchzuführen, sowie (2.) bei der Antragstellerin angekündigte Hausbesuche, hilfsweise ein Mal pro Jahr angekündigte Hausbesuche durchzuführen.

Mit diesen Anträgen hat die Antragstellerin aller Voraussicht nach keinen Erfolg.

Zwar neigt die Kammer derzeit dazu, dass der Antragstellerin das bei – wie hier – Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis (dazu vgl. Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 2012, § 42 Rn. 162 ff., m.w.N.) zukommt, da ihr im Hinblick auf die im Raum stehenden einschneidenden jugend hilferechtlichen Maßnahmen der Antragsgegnerin bei mangelnder Kooperation der Antragsstellerin eine Verweigerung der Durchführung von Hausbesuchen nicht zuzumuten sein dürfte.

Allerdings spricht nach Auffassung der Kammer ganz Überwiegendes dafür, dass der Antragstellerin der Sache nach kein Anspruch darauf zusteht, dass die Kammer gegenüber der Antragsgegnerin die begehrten Untersagungen ausspricht.

Rechtsgrundlage für die Durchführung von Hausbesuchen durch die Antragsgegnerin ist § 8 a Abs. 1 Satz 1, 2 SGB VIII. Die Regelung des § 8 a Abs. 1 SGB VIII ist Ausfluss des aus dem staatlichen Wächteramt (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) abgeleiteten Schutzauftrags des Jugendamts (vgl. nur Hauck, SGB VIII, Stand 06/2013, K § 8 a Rn. 1, m.w.N.; VG Köln, Beschluss vom 28.02.2012 – 26 L 203/12 –, juris) und enthält die Verpflichtung des Jugendamts, tätig zu werden, wenn ihr gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung bekannt werden. Zunächst hat daher das Jugendamt die ihm vorliegenden Anhaltspunkte daraufhin zu bewerten, ob sie als „gewichtig” im Sinne des Gesetzes einzustufen sind. Ist dies der Fall, hat das Jugendamt gemäß Satz 1 der Regelung eine Abschätzung des Gefährdungsrisikos vorzunehmen, um auf dieser Basis über das weitere Vorgehen – auf Grundlage von § 8 a Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 SGB VIII – entscheiden zu können. Diese Gefährdungseinschätzung ist zumeist erst auf der Grundlage weiterer Informationen möglich (Kunkel, SGB VIII, 4. Aufl., § 8 a Rn. 50 ff.; Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl., § 8 a Rn. 16).

Das Jugendamt ist daher regelmäßig gehalten, den Sachverhalt weiter aufzuklären und sich hierfür auch einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen (§ 8 a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Ein allgemein anerkanntes und praktiziertes Mittel in diesem Zusammenhang ist die Durchführung eines Hausbesuchs (vgl. nur Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl., § 8 a Rn. 34; Hauck, SGB VIII, a.a.O., K § 8 a Rn. 4; MüKo BGB, 6. Aufl., § 8 a SGB VIII Rn. 4, 6; VG Köln, Urteil vom 28.02.2012, a.a.O.; VG Münster, Urteil vom 02.04.2009 – 6 K 1929/07 –, juris).

Daraus ergibt sich, dass die Antragsgegnerin, sofern im Falle der Kinder der Antragstellerin gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vorliegen, jederzeit nicht nur berechtigt, sondern grundsätzlich sogar verpflichtet ist, sich ein ausreichendes Bild über die tatsächliche Situation zu verschaffen und in diesem Zusammenhang auch einen –je nac...

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