Rz. 15

§ 10 Abs. 2 erstreckt die Anrechnungsfreiheit des Elterngeldes und jeweils vergleichbarer Leistungen der Länder auch auf solche Sozialleistungen, die nach Ermessen des zuständigen Trägers (vgl. § 39 SGB I) gewährt werden. Die Vorschrift bezieht sich nur auf solche Sozialleistungen, die nach Maßgabe einer Vorschrift des materiellen Rechts erbracht werden (Gesetzesvorbehalt, vgl. § 31 SGB I). Die Regelung findet also keine Anwendung auf Leistungen, die allein nach Haushaltsgrundsätzen vergeben werden. Die Regelung gilt sowohl für Kann-Leistungen (volles Ermessen) als auch für Soll-Leistungen bei gebundenem Ermessen, wenn also eine Leistung nicht zwingend vorgeschrieben ist, sie im Regelfall aber zu erbringen ist.[1]

 

Rz. 16

Rechtsfolge: Die Zahlung des Elterngeldes und der vergleichbaren Leistungen dürfen nicht zur Begründung dafür herangezogen werden, eine Ermessensleistung zu versagen. Allerdings ist das Ermessen der zuständigen Behörde durch Abs. 2 nicht auf die Bewilligung der beantragten Ermessensleistung reduziert. Die zuständige Behörde darf eine ablehnende Entscheidung nur nicht damit begründen, dass ein Antragsteller bereits das Elterngeld mit dem Basisbetrag von 300 EUR erhalten hat. Die zuständige Behörde kann aber aus anderen Gründen die in ihrem Ermessen stehende Sozialleistung versagen. Die Bezieher von Elterngeld haben dabei Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I[2]).

 
Praxis-Tipp

Rechtsschutz bei Verstoß gegen § 10 Abs. 2

Haben Berechtigte einen Antrag auf eine Sozialleistung gestellt, die nach Ermessen des Leistungsträgers erbracht wird (z. B. Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem SGB III), und hat der Leistungsträger die Sozialleistung unter Verletzung von § 10 Abs. 2 abgelehnt, liegt ein Ermessensfehler vor. Berechtigte können mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage vor den Sozialgerichten die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung und eine neue Entscheidung über ihren Antrag einklagen.

[1] Grüner/Jung/Wiegand, BEEG-Kommentar, 24. EL, § 10, Rn. 8.
[2] Vgl. zur Überprüfung von Ermessensentscheidungen auch BSG, Urteil v. 7.9.2004, B 2 U 1/03 R, BSGE 93, 164, Rz. 12.

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