rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Regelungsanordnung. Hilfe zum Lebensunterhalt. Anordnungsgrund. Anordnungsanspruch. Ausbildungsförderung. Ausbildungsstätte. Hochschulstudium. Kleine Matrikel. Altersgrenze. Erwerbstätigkeit. Hilfsbedürftigkeit. Unterkunft. Wohngeld. Mietrückstände. Bewilligungszeitraum. Sozialhilferecht. Beschwerde nach § 123 VwGO

 

Leitsatz (amtlich)

Beginnt ein Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt die Hochschulausbildung unmittelbar vor Erreichen der allgemeinen Altersgrenze (§ 35 Nr. 1 SGB VI) – hier im 63. Lebensjahr – liegt keine Ausbildung im Sinne von § 7 BAföG vor. Eine solche Ausbildung ist dem Grunde nach nicht förderungsfähig und schließt deshalb gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 BSHG den Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nicht aus.

 

Orientierungssatz

Sozialhilferecht

 

Normenkette

VwGO § 123 Abs. 1 S. 2, Abs. 3; ZPO § 920 Abs. 2, § 294; BSHG § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 11 Abs. 1, §§ 22, 26 Abs. 1 S. 1, § 91; BAFöG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6; BAföG § 4; BAFöG § 7 Abs. 1-2, § 10 Abs. 3 S. 2 Nr. 1a; ThürHG § 67a Abs. 2; SGB-VI § 35 Nr. 1; BGB § 557

 

Verfahrensgang

VG Weimar (Beschluss vom 26.05.2000; Aktenzeichen 5 E 1172/00)

 

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 26. Mai 2000 – 5 E 1172/00.We – wird aufgehoben.

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab Mai 2000 bis zur abschließenden Entscheidung des erstinstanzlichen Klageverfahrens 5 K 1077/00.We laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den sozialhilferechtlichen Bestimmungen in dem bis zur Einstellung durch Bescheid vom 23. Dezember 1999 geleisteten Umfang weiter zu gewähren, längstens jedoch bis 30. April 2001.

Die Kosten des – gerichtskostenfreien – Verfahrens in beiden Rechtszügen hat der Antragsgegner zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Der 1937 geborene Antragsteller ist Fleischermeister. Er leidet an Diabetes und auf Grund von zwei im Mai und Juni 1996 erlittenen Schlaganfällen an einem hirnorganischen Psychosyndrom nach Apoplexie sowie an einer Polyneuropathie. Er ist zu 80 v. H. schwerbehindert und steht hinsichtlich seiner Vermögensangelegenheiten unter Betreuung. Seit dem 6. August 1996 erhielt der Antragsteller Hilfe zum Lebensunterhalt und einen monatlichen Diabetikerzuschlag. Beim Sozialgericht Gotha ist ein Klageverfahren gegen die Versagung von Rentenleistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch die Landesversicherungsanstalt (LVA) Thüringen anhängig. Zum 1. Oktober 1999 schrieb sich der Antragsteller an der Technischen Universität (TU) Ilmenau in der Fachrichtung Wirtschaftsinformatik für das (neueingerichtete) Studium auf Probe ein.

Dem Sozialamt teilte er die Immatrikulation fernmündlich erst am 7. Dezember 1999 mit. Die Behörde stellte darauf mit Bescheid vom 23. Dezember 1999 die Hilfe zum Lebensunterhalt einschließlich des pauschalierten Wohngeldes mit Wirkung zum 1. Januar 2000 ein, widerrief sämtliche erlassenen Leistungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit ab 1. Oktober 1999 und verlangte die Erstattung überzahlter Bezüge. Hiervon ausgenommen war der Mehrbedarf des Antragstellers wegen seiner Diabetes. Zur Begründung führte die Behörde aus, der Antragsteller absolviere seit der Aufnahme des Studiums an der TU Ilmenau eine grundsätzlich nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderungsfähige Ausbildung, so dass der weitere Bezug von Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen sei. Eine Entscheidung der Behörde über den am 11. Januar 2000 erhobenen Widerspruch steht aus. Am 28. April 2000 hat der Antragsteller Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht Weimar erhoben, über die bisher noch nicht entschieden ist (5 K 1077/00.We).

Auf einen ersten Antrag gemäß § 123 VwGO verpflichtete das Verwaltungsgericht Weimar mit Beschluss vom 31. Januar 2000 den Antragsgegner durch einstweilige Anordnung, dem Antragsteller ab dem 31. Januar bis zum 1. Mai 2000 Hilfe zum Lebensunterhalt und pauschaliertes Wohngeld auf der Basis des Protokolls der Hilfeberechnung vom 7. Januar 2000 (Bl. 231 der Beiakte) zu gewähren (5 E 113/00.We).

Die vom Antragsteller ebenso beantragte Ausbildungsförderung lehnte das Amt für Ausbildungsförderung beim Studentenwerk Erfurt-Ilmenau mit Bescheid vom 5. Mai 2000 unter Hinweis darauf ab, dass für ein Probestudium, wie es der Antragsteller absolviere, eine Förderungshöchstdauer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz nicht vorgesehen sei und somit Ausbildungsförderung nicht in Betracht komme. Den Widerspruch wies das Thüringer Landesverwaltungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2000 zurück. Es führte zur Begründung aus: Dem Antragsteller könne weder die für ein Probestudium fehlende Festsetzung einer Förderungshöchstdauer noch die vorgesehene Altersgrenze entgegengehalten werden; die begehrte Ausbildungsförderung sei jedoch zu versagen, wenn der Auszubildende bei Abschluss seiner Ausbildung das 65. Lebensjahr vollendet und damit das allgemeine Rentenalter erreicht habe. Über die erhobene Klage beim Verwaltungsgericht Weimar ...

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