Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung und -berechnung. Zuschuss aus Mitteln des ESF für Existenzgründer. zweckbestimmte Einnahme. Nichtberücksichtigung von Betriebsausgaben für die selbstständige Tätigkeit bis zur Höhe des Zuwendungsbetrages. Endgültige Leistungsfestsetzung. Betriebseinnahmen- und ausgaben

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei dem von der Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsförderung des Freistaates Thüringen GmbH (GFAW) auf Grundlage der Richtlinie über die Gewährung von Zuschüssen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und/oder des Freistaates Thüringen zur Unterstützung beim Aufbau und der Sicherung junger Unternehmen vom 26. Februar 2009 (Existenzgründerrichtlinie) gezahlten nichtrückzahlbaren Zuschuss zu den Ausgaben eines Unternehmens handelt es sich um eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II aF.

2. Der nichtrückzahlbare Zuschuss gehört nicht zu den Betriebseinnahmen im Sinne von § 3 Abs 1 Alg II-V aF (juris: AlgIIV 2008). Aufgrund seiner Zweckbestimmung als Zuschuss zu den Ausgaben des Unternehmens fallen berücksichtigungsfähige tatsächlich notwendige Ausgaben im Sinne von § 3 Abs 2 Alg II-V bis zur Höhe des tatsächlich zugeflossenen Zuwendungsbetrages nicht an.

 

Normenkette

SGB II § 40 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, § 11a Abs. 3 S. 1; Alg-II-VO § 3 Abs. 1-2, 4; SGB III § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 3

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 20. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der den Klägern für den Zeitraum 1. November 2010 bis 30. April 2011 endgültig zu bewilligenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sowie die Rechtmäßigkeit einer für diesen Zeitraum festgesetzten Erstattungsforderung in Höhe von zuletzt 1.640,02 Euro.

Die am … geborene Klägerin zu 1 bezieht seit 1. November 2009, gemeinsam mit ihrem am … geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, Grundsicherungsleistungen vom Beklagten. Sie wohnen in einer ca. 64 m² großen Wohnung am … in G., für die im streitigen Zeitraum eine Gesamtmiete in Höhe von 366,16 Euro (Kaltmiete 251,16 Euro, Betriebs- und Heizkosten 115 Euro) an den Vermieter zu bezahlen war.

Zum 1. September 2010 nahm die Klägerin zu 1 eine selbständige Tätigkeit auf, die lt. Gewerbeanmeldung vom 6. Juli 2010 den “Verkauf von Schmuck und Piercen„ beinhaltet. Hierzu mietete sie ab 1. Juli 2010 Gewerberäume in der … in G. an, für die eine monatliche Miete in Höhe von 350 Euro (Kaltmiete 200 Euro, Betriebs- und Heizkosten 150 Euro) zu entrichten war.

Auf ihren Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 5. Oktober 2010 Leistungen für den Zeitraum 1. November 2010 bis 30. April 2011 in Höhe von 744,40 Euro monatlich. Der Bescheid erging unter Verweis auf das noch nicht feststehende Einkommen aus selbständiger Tätigkeit vorläufig.

Datierend auf den 16. November 2010 erhielt die Klägerin zu 1 von der Gesellschaft für … des … … (GFAW) einen Zuwendungsbescheid, mit dem ihr eine nichtrückzahlbare Zuwendung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und/oder des … für den Zeitraum 1. September 2010 bis 31. August 2011 in Höhe von bis zu 7.200 Euro bewilligt wurde. In dem Bescheid wird u. a. ausgeführt:

“Die Zuwendung wird im Wege der Projektförderung als Festbetragsfinanzierung zweckgebunden, für die Begründung einer selbständigen wirtschaftlichen Existenz mit einem Piercing Studio und Verkauf von Schmuck in Haupttätigkeit gewährt und wie folgt bewilligt:

2010   

Ausgabeermächtigung

2.880 Euro

2011   

Verpflichtungsermächtigung

2.880 Euro

2012   

Verpflichtungsermächtigung

1.440 Euro

gesamt

7.200 Euro.„

Ferner heißt es unter Punkt I. 4 des Bescheides:

“Die Zuwendung ist zweckgebunden. Der Anspruch auf Auszahlung der Zuwendung ist weder pfändbar noch verpfändbar. Er ist nicht abtretbar. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen. Ausnahmen davon bedürfen der Zustimmung.„

Unter Punkt II. 1. wird darauf hingewiesen, dass der Verwendungsnachweis innerhalb von 2 Monaten nach Ende des Bewilligungszeitraumes auf den entsprechenden Formularen der GFAW vorzulegen ist, andernfalls ist der Zuschuss zu erstatten. Der Verwendungsnachweis besteht aus Sachbericht, zahlenmäßigen Nachweis und Originalbelegen.

Abschließend wird zur Rechtsstellung der GFAW ausgeführt:

“Die GFAW wurde vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie mit Einwilligung des Thüringer Finanzministeriums mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben auf dem Gebiet der arbeitsmarkt- und berufsbildungspolitischen Förderrichtlinien des Freistaates Thüringen und der Europäischen Union nach der Ermächtigungsgrundlage des § 44 Abs. 3 der Thüringer Landeshaushaltsordnung (ThürLHO) beliehen„.

In der in dem Bescheid vom 16. November 2010 in Bezug genommenen Richtlinie ü...

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