Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsberechnung. Anwendung der Rundungsregelungen des § 41 Abs 2 SGB 2 aF. Unbegründetheit der Berufung. keine Unzulässigkeit der Klage im Hinblick auf die Verurteilung zur Zahlung von Bagatellbeträgen

 

Orientierungssatz

1. Zur Anwendung der Rundungsregelungen des § 41 Abs 2 SGB 2 nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG).

2. Wenn der Grundsicherungsträger zwar entgegen der Rechtsprechung des BSG verpflichtet wurde, die Rundungsregel auf den für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ermittelten Endzahlbetrag und nicht auf die Individualansprüche der einzelnen Mitglieder anzuwenden, ändert dies nichts an der Unbegründetheit der Berufung, wenn der Grundsicherungsträger durch die Verurteilung einen geringeren Zahlbetrag zu leisten hatte.

3. Die Klage ist nicht im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 12.7.2012 - B 14 AS 35/12 R = BSGE 111, 234 = SozR 4-1500 § 54 Nr 28 wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, wenn es bei der Klageerhebung nicht nur "isoliert um die Anwendung der Rundungsregelungen ging". Dass die Klage letztlich lediglich im Hinblick auf § 41 Abs 2 SGB 2 erfolgreich war, führt zu keiner anderen Beurteilung.

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom

02. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern im Berufungsverfahren die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Dem Beklagten werden Verfahrenskosten in Höhe von EUR 600,00 auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Beklagte wendet sich gegen ein sozialgerichtliches Urteil, durch das er - unter Abweisung der Klage im Übrigen - zur Anwendung der Rundungsregelung (§ 41 Abs.2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt - im Folgenden: alte Fassung ≪a.F.≫) auf den im Bewilligungsbescheid ausgewiesenen "Endauszahlungsbetrag" verurteilt worden ist, der sich monatlich für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergab. Rechnerisch geht es um einen Betrag von monatlich drei Cent.

Betroffen sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum Januar bis Mai 2008. In diesem Zeitraum waren die 1963 geborene Klägerin zu 1) und der 1948 geborene Kläger zu 2) Eheleute. Sie bewohnten im hier streitigen Zeitraum zusammen mit dem 1989 geborenen Sohn der Klägerin zu 1), dem Kläger zu 3), ein Eigenheim.

Mit Bescheid vom 12. November 2007 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum Dezember 2007 bis Mai 2008 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Hierbei berücksichtigte der Beklagte als Kosten der Unterkunft Schuldzinsen für den Hauskredit in Höhe von EUR 365,82. Am 19. Februar 2008 reichten die Kläger aktuelle Kontoauszüge der Darlehenskonten ein.

Daraufhin erließ der Beklagte unter dem 22. Februar 2008 einen Änderungsbescheid, wonach für den Zeitraum Januar bis Mai 2008 monatliche Leistungen von insgesamt EUR 1.132,97 bewilligt wurden (für die Klägerin zu 1) Regelleistung EUR 312,00 zzgl. KdU EUR 151,67, gesamt EUR 463,67, für den Kläger zu 2) Regelleistung EUR 312,00 zzgl. KdU EUR 151,65, gesamt EUR 463,65, für den Kläger zu 3) Regelleistung EUR 54,00 zzgl. KdU EUR 151,65, gesamt EUR 205,65). Als Begründung wurde angegeben, dass sich die Schuldzinsen entsprechend der eingereichten Kontoauszüge der Kreditbank aus dem Jahr 2007 verringert hätten. Die Gesamtschuldzinsen seien im Durchschnitt auf zwölf Monate umgerechnet worden (Anrechnung EUR 309,73).

Mit dem Widerspruch vom 18. März 2008 machten die Kläger geltend, die Schuldzinsen hätten sich nicht verringert. Soweit in den Kontoauszügen Zahlungsrückstände aufgetreten seien, seien diese durch Abbuchungen in den Monaten Januar und Februar 2008 ausgeglichen worden. Diese Zahlungen müssten dem Jahr 2007 zugeordnet werden. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2008 (Az.: W 5376/08) zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die am 11. August 2008 erhobene Klage. Die im Januar und Februar 2008 erfolgten Zahlungen seien dem Jahr 2007 zuzuordnen; andernfalls seien sie jedenfalls für das Jahr 2008 anzurechnen und für die entsprechenden Monate zu berücksichtigen. Wegen der "weiteren Einzelheiten" werde um "vollständige rechtliche und inhaltliche Prüfung" durch das Gericht gebeten. Im Termin am 02. Februar 2009 erhoben sie Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistung des Klägers zu 3) und rügten die fehlende Rundung.

Das Sozialgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 02. Februar 2009 verurteilt, den Änderungsbescheid vom 22. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2008 "insoweit abzuändern, dass auf den Endauszahlungsbetrag die Rundungsregel anzuwenden ist", im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Berufung wurde - wie sich aus den Gründen ergibt: "hinsichtlich der in der Rechtsprechung noch immer unterschiedlich gehandhabten Rundungsregelung" zugelassen. Die Kammer habe die Gesamtleistung an die Be...

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