Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Gegenstand des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens nach § 56 RVG

 

Leitsatz (amtlich)

Gegenstand des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens nach § 56 RVG ist die gesamte Kostenfestsetzung, nicht nur die einzelne Gebühr, gegen deren Versagung sich die Erinnerung bzw die Beschwerde richtet (entgegen LSG München vom 8.1.2013 - L 15 SF 232/12 B E). Legt die Staatskasse keine Beschwerde ein, garantiert dies nur die Festsetzung auf die Gesamthöhe der vom Sozialgericht zuerkannten Gebühren, nicht aber die - nicht angegriffene - Höhe einzelner Gebühren.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 10. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwalts-vergütung. Es geht um zwei beim Sozialgericht Gotha anhängig gewesene Verfahren (S 25 AS 782/119 und S 25 AS 784/11) der von der Beschwerdeführerin vertretenen Kläger:

Gegenstand des Hauptsacheverfahrens S 25 AS 782/11 war der Bescheid vom 10. September 2010 an die Kläger (eine Bedarfsgemeinschaft von drei Personen), in dem die Beklagte (Jobcenter) deren Antrag auf Überprüfung des Bescheids vom 10. Dezember 2008 (Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2009) abgelehnt hatte. Den Widerspruch hatte sie mit Widerspruchsbescheid vom 4. Januar 2011 als unzulässig und im Übrigen unbegründet zurückgewiesen. Mit der Klage trug die Beschwerdeführerin vor, der Widerspruch sei nicht verfristet und hinsichtlich der Berechnung der Kosten der Unterkunft (Warmwasserabzug) auch begründet gewesen.

Im Hauptsacheverfahren S 25 AS 784/11 klagten die Kläger gegen den Bescheid vom 10. September 2010, in dem die Beklagte die Überprüfung des Bescheids vom 18. September 2009 (Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2009) als unzulässig und im Übrigen unbegründet abgelehnt hatte. Die Kläger machten geltend, der Widerspruch sei nicht verfristet und hinsichtlich der Berechnung der Kosten der Unterkunft (Warmwasserabzug und Rundung) begründet.

Mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 verband das Sozialgericht beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen S 25 AS 782/11. Im 45 Minuten dauernden Erörterungstermin am 1. Februar 2012 gewährte die Vorsitzende den Klägern ratenfreie Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung der Beschwerdeführerin. Nach der Feststellung, dass der Warmwasserabzug für das erste Halbjahr 2009 zu niedrig vorgenommen worden war, erkannte die Beklagte für das zweite Halbjahr 2009 die Zahlung eines Betrags in Höhe von 4,35 Euro an die Kläger sowie Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu ½ an. Daraufhin nahm die Vertreterin der Beschwerdeführerin „das insoweit erklärte Anerkenntnis“ an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.

In der „PKH-Abrechnung“ vom 22. Februar 2012 2012 beantragte die Beschwerdeführerin folgende Gebühren aus der Staatskasse:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG

255,00 Euro

Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG

153,00 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

200,00 Euro

Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG

190,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG

20,00 Euro

Zwischensumme

818,00 Euro

Umsatzsteuer

155,42 Euro

Gesamtbetrag

973,42 Euro

Nach Einholung einer Stellungnahme der Beklagten, die die Festsetzung der Verfahrens- und Erledigungsgebühr in Höhe der Mindestgebühren beantragte, setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) mit Beschluss vom 21. September 2012 die Vergütung auf 476,95 Euro fest:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG

113,00 Euro

Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG

67,80 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

200,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG

20,00 Euro

Umsatzsteuer

76,15 Euro

Gesamtbetrag

476,95 Euro

Nachdem im Verfahren S 25 784/11 keine PKH bewilligt worden sei, könne dieses bei der Gebührenhöhe nicht berücksichtigt werden.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin Erinnerung eingelegt, u.a. eine überdurchschnittliche Bedeutung der Verfahren für die Kläger vorgetragen und ausgeführt, angesichts der Verbindung der Verfahren sei eine höhere Verfahrensgebühr zu berücksichtigen. Im Übrigen habe es sich nicht um ein volles, sondern um ein angenommenes Teilanerkenntnis gehandelt, für das eine Einigungsgebühr anzusetzen sei.

Mit Beschluss vom 10. Februar 2015 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Auch unter Berücksichtigung der Verbindung von beiden Verfahren sei von einer deutlich unterdurchschnittlichen Schwierigkeit und angesichts der Synergieeffekte von einem deutlich unterdurchschnittlichen Umfang der Tätigkeit der Beschwerdeführerin auszugehen. Die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger sei weit unterdurchschnittlich gewesen. Eine Einigungsgebühr komme nicht in Betracht, ...

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