0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Regelung ist mit Wirkung zum 1.6.1994 durch Art. 1 PflegeVG v. 26.5.1994 (BGBl. I S. 1014) geschaffen worden. Abs. 1 beruhte dabei auf der Empfehlung des AuS-Ausschusses (BT-Drs. 12/5920 S. 89). Zur Beseitigung einer Vielzahl von Zweifelsfragen, die bei der praktischen Umsetzung der Altfassung auftraten, wurde die Vorschrift durch Art. 1 Pflege-Qualitätssicherungsgesetz (PQsG) v. 9.9.2001 (BGBl. I S. 2320) mit Wirkung zum 1.1.2002 neu gefasst.

1 Allgemeines

 

Rz. 1a

Gemäß § 1 Abs. 3 nehmen die Krankenkassen die Aufgaben der Pflegekassen wahr. Von daher liegt es nahe, den nach dieser Vorschrift i. V. m. § 46 verbundenen Leistungsträgern eine gemeinsame Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten in dem Umfang zu ermöglichen, als diese Daten von beiden Stellen gleichermaßen zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben benötigt werden. Hierfür schafft Abs. 1 die Voraussetzungen. Die dort getroffene Regelung stellt hierbei nicht nur eine Konsequenz der organisatorischen Angliederung der Pflegekassen an die Krankenkassen dar. Vielmehr hat der Gesetzgeber auch erkannt, dass es vor allem eine effiziente und versichertengerechte Verwaltungspraxis gebietet, die Pflegekassen und Krankenkassen aufgrund ihres deckungsgleichen Versichertenkreises im Umgang mit bestimmten personenbezogenen Daten als Verwaltungsgemeinschaft aufzufassen und entsprechend zu behandeln (vgl. BR-Drs. 505/93 S. 151).

2 Rechtspraxis

2.1 Zulässigkeit der gemeinsamen Datennutzung

 

Rz. 2

Eine gemeinsame Datenerhebung (zum Begriff der Datenerhebung vgl. § 67 Abs. 5 SGB X) zu Zwecken der Errichtung eines gemeinsamen Datenpools sieht das Gesetz nicht vor. Eine gesetzliche Lücke wird man aber deshalb nicht annehmen können, da mit Rücksicht auf die Identität des betreuten Versichertenkreises und die weitgehende Deckungsgleichheit der von den Pflegekassen und den Krankenkassen zu ihrer jeweiligen Aufgabenerfüllung benötigten Angaben ein entsprechender Regelungsbedarf nicht zwingend besteht.

 

Rz. 3

Eine gemeinsame Datenverarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist trotz des weiten Wortlauts der Regelung nur zulässig, soweit die zur gemeinsamen Verarbeitung und Nutzung verbundenen Daten sowohl für die Pflegekassen als auch die Krankenkassen zur jeweiligen gesetzlichen Aufgabenerfüllung erforderlich sind (Krahmer, in: LPK-SGB XI, § 96 Rz. 6). Hieraus folgt, dass personenbezogene Daten, die wegen ihres besonderen Inhalts nur für gesetzliche Aufgaben einer der beteiligten Leistungsträger in Betracht kommen, für eine gemeinsame Verwendung in einem Datenpool ausscheiden. Zulässig ist die gemeinsame Datenverarbeitung und Nutzung nur im Hinblick auf personenbezogene Daten.

Die Weite des Wortlauts lässt es zudem zu, dass gemeinsame Datenverarbeitung und -nutzung auch Kranken- und Pflegekassen ermöglicht wird, die nicht miteinander verbunden sind (Krahmer, in: LPK-SGB XI, § 96 Rz. 5). In solchen Verhältnissen ist jedoch § 76 SGB X zu beachten. Dies folgt einerseits im Umkehrschluss aus Abs. 1 Satz 2 und ergibt sich zudem aus § 35 Abs. 2 SGB I, der auf die §§ 67ff. SGB X, mithin auch auf § 76 SGB X verweist (Krahmer, a. a. O., Rz. 6).

 

Rz. 4

Wie schon nach bisherigem Recht kommen vor dem Hintergrund des Erfordernisses der gesetzlichen Aufgabenerfüllung für eine gemeinsame Datenverwendung hiernach insbesondere in Betracht:

 

Rz. 5

Nach der gesetzlichen Aufgabenstellung bestimmt sich nicht nur die Berechtigung der Pflegekasse oder Krankenkasse zur jeweiligen Datenverwendung dem Grunde nach; ihr Inhalt bestimmt aufgrund des für alle Erlaubnistatbestände der Bestimmungen zum Sozialdatenschutz geltenden Erforderlichkeitsgrundsatzes im Einzelfall ebenso den Umfang der für eine zulässige Nutzung in Betracht kommenden personenbezogenen Daten.

 

Rz. 6

Abs. 1 Satz 2 erklärt die Vorschrift des § 76 SGB X im Verhältnis zwischen der Pflegekasse und der Krankenkasse, bei der sie errichtet ist (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1), für nicht anwendbar. Damit sind die betroffenen Leistungsträger im Rahmen des zur gesetzlichen Aufgabenerfüllung notwendigen Datenaustausches von den in § 76 für die Übermittlung besonders schutzwürdiger Sozialdaten (medizinische Daten) gesetzlich festgeschriebenen Restriktionen befreit. Die Vorschrift ist verfassungsrechtlich problematisch (vgl. Udsching, SGB XI, § 96 Rz. 3; Didong, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 96 Rz. 9); denn die Regelung lässt die Begrenzung der Übermittlungsbefugnisse aus Praktikabilitätsgesichtspunkten nach dem Wortlaut vollkommen entfallen, was nur schwer mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar scheint. Daher wird die Anwendung des § 76 SGB X entgegen des Wortlauts gefordert (Krah...

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