Rz. 55

Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 i. V. m. Abs. 2, 3 und 3a stellen die Rechtsgrundlage für die Arzneimittel-Richtlinie dar, die den nach der Krankenhausbehandlung zweitgrößten Kostenblock der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt.

Die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie/AM-RL) i. d. F. v.18.12.2008/22.1.2009, Beilage zum BAnz Nr. 49 v. 31.3.2009, zuletzt geändert am 19.6.2014 (BAnz v. 8.7.2014) veröffentlicht im BAnz AT v. 4.6.2013 B2, ist mit Wirkung zum 19.6.2014 in Kraft getreten. Die Richtlinie ist inzwischen mehrfach ergänzt bzw. geändert worden, zuletzt am 6.7.2023, in Kraft getreten am 6.7.2023.

In der Arzneimittel-Richtlinie sind die allgemeinen Grundsätze für die Verordnung von Arzneimitteln, stofflichen Medizinprodukten und Verbandmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung festgehalten. In den Anlagen zur Richtlinie (Anlage I bis XII) werden im Einzelnen indikations- und wirkstoffbezogene Konkretisierungen, mit dem Ziel einer wirtschaftlichen und qualitätsgesicherten Versorgung mit Arzneimitteln und sonstigen Produkten, getroffen. Dies erfolgt beispielsweise über die frühe Nutzenbewertung neuer Wirkstoffe, Festbetragsgruppenbildungen, den Erlass von Therapiehinweisen, Verordnungseinschränkungen oder Regelungen zum Austausch wirkstoffgleicher Arzneimittel.

Sie regelt im allgemeinen Teil z. B. die Zweckbestimmung mit dem Ziel einer bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Versorgung sowie den Regelungsbereich durch Konkretisierung des Inhalts und Umfangs der im SGB V festgelegten Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen auf der Grundlage des Wirtschaftlichkeitsgebots i. S. einer notwendigen, ausreichenden und wirtschaftlichen Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse und des Prinzips einer humanen Krankenbehandlung.

 

Rz. 56

Der Vertragsarzt soll dabei dem Wirtschaftlichkeitsgebot durch kostenbewusste Verordnung apothekenpflichtiger Arzneimittel (nicht apothekenpflichtige Arzneimittel nur in Ausnahmefällen, die im § 34 Abs. 1 Satz 2 und in der Richtlinie konkretisiert sind) in folgender Weise entsprechen:

  1. Wenn zur Erreichung des Therapieziels mehrere Behandlungsstrategien zur Verfügung stehen, soll die nach Tagestherapiekosten (vgl. § 84) und Gesamtbehandlungsdauer wirtschaftlichste Alternative gewählt werden.
  2. Stehen für einen Wirkstoff mehrere, für das Therapieziel gleichwertige Darreichungsformen zur Verfügung, soll die preisgünstigste Darreichungsform gewählt werden.
  3. Bei der Verordnung von Arzneimitteln, die mit gleichem Wirkstoff, Wirkstärke und Darreichungsform von verschiedenen Firmen angeboten werden, soll ein möglichst preisgünstiges Präparat ausgewählt werden.
  4. Bei der Verordnung von Arzneimitteln sollen auch preisgünstige importierte Arzneimittel berücksichtigt werden.

Die zu verordnende Menge an Arzneimitteln (Packungsgröße) soll der Art und Dauer der Erkrankung angepasst sein, sodass bei akuten Erkrankungen eine kleine, für das angestrebte Therapieziel ausreichende Menge verordnet werden soll, während bei chronischen Krankheiten die Verordnung großer Mengen wirtschaftlicher sein kann als die wiederholte Verordnung kleiner Mengen. Vor jeder Wiederholungsverordnung soll der Arzt prüfen, ob diese erforderlich ist und ob die verordnete Menge mit der vorgesehenen Anwendungsdauer übereinstimmt; dabei ist besonders auf Arzneimittelmissbrauch, -gewöhnung oder -abhängigkeit zu achten.

 

Rz. 57

Wenn diese allgemein gehaltenen Regeln, die nach der Richtlinienfassung für den Vertragsarzt auch zu dokumentierende Ausnahmen ermöglichen, in jedem einzelnen Regelfall beachtet würden, dürfte es eigentlich nicht die jährlich ausufernden Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für Arzneimittel geben. Weil aber die Ausgaben ständig überproportional steigen, besteht die Vermutung, dass die für die Vertragsärzte verbindlichen Richtlinien wohl doch nicht immer die nötige Beachtung finden, was auch an den Auffälligkeitsprüfungen nach § 106 Abs. 2 Nr. 1 deutlich wird, bei denen u. a. die Einhaltung der Arzneimittel-Richtlinie geprüft wird (§ 106 Abs. 5).

Der Richtlinientext

  • beschreibt allgemeine Regeln einer notwendigen, ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Verordnungsweise,
  • stellt Leistungseinschränkungen und -ausschlüsse, soweit sie sich unmittelbar aus Gesetz und Rechtsverordnungen ergeben, zusammenfassend dar,
  • konkretisiert die Leistungseinschränkungen und -ausschlüsse für Arzneimittel, für die nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse der therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind,
  • schafft mit indikations- und wirkstoffbezogenen Therapiehinweisen Entscheidungsgrundlagen für geeignete Behandlungsstrategien und eine therapeutisch zweckmäßige und wirtschaftliche Arzneimittelversorgung und
  • ermöglicht eine therapie- und preisgerechte Arzneimittelauswahl, ...

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