Rz. 120

Die KBV kann gegenüber den KVen keine Einzelanweisungen erlassen, weil es sich bei letzteren um selbständige Körperschaften auf Landesebene handelt. Die KBV ist berechtigt, Richtlinien zu erlassen (Huster/Münkler, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 75 Rz. 23). Die in Abs. 7 genannten Richtlinien der KBV/KZBV sollen die einheitliche Anwendung und die Durchführung der Verträge gewährleisten, welche die KBV/KZBV im Rahmen ihrer Kompetenzen geschlossen haben. Es handelt sich um Rechtsnormen (Rademacker, in: BeckOGK, SGB V, § 75 Rz. 90). Aus dieser Einordnung folgt, dass nicht der Vorstand, sondern die Vertreterversammlung über die Richtlinien bestimmt. Zur Aufstellung der Richtlinien sind die KBV/KZBV verpflichtet. Als Verträge in diesem Sinne gelten insbesondere Bundesverträge nach Abs. 6.

Die KBV bzw. die KZBV haben nach Abs. 7 Satz 1 im Rahmen der bundeseinheitlichen Sicherstellung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung folgende Richtlinien aufzustellen:

  1. Richtlinien für die Durchführung der von ihnen im Rahmen ihrer Zuständigkeit geschlossenen Verträge,
  2. Richtlinien für die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und die Regelung des Zahlungsausgleichs zwischen den KVen/KZVen, soweit nicht in den Bundesmantelverträgen (BMV-Ä und BMV-Z) hierfür besondere Vereinbarungen getroffen sind,
  3. Richtlinien über die Betriebs-, Wirtschafts- und Rechnungsführung der KVen/KZVen,

    3a. bis zum 31.12.2021 Richtlinien zur Gewährleistung einer bundesweit einheitlichen und vollständigen Bereitstellung von Informationen nach Abs. 1a Satz 2 auf den Internetseiten der KVen,

  4. Richtlinien über die Umsetzung einer bundeseinheitlichen Telefonnummer nach Abs. 1a Satz 2,
  5. Richtlinien für ein digitales Angebot zur Vermittlung von Behandlungsterminen nach Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 sowie zur Vermittlung einer unmittelbaren ärztlichen Versorgung in Akutfällen nach Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 und für ein Angebot eines elektronisch gestützten Dispositionsmanagements,
  6. Richtlinien für ein bundesweit einheitliches, standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren, auf dessen Grundlage die Vermittlung in Akutfällen nach Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 erfolgt.

Nr. 1 verpflichtet die KBV dazu, auf alle von ihr abgeschlossenen Verträge die erforderlichen Richtlinien zu erlassen.

Nr. 2 betrifft die Fälle, in denen der Versicherte einen Vertragsarzt außerhalb des Wohnortsbezirks seiner KV aufsucht. In diesem Zusammenhang hat das BSG (Beschluss v. 23.3.2011, B 6 KA 74/10 B) entschieden, dass ein Arzt nach Schließung einer Praxis im Bezirk einer benachbarten KV nicht fordern kann, ihm sein Individualbudget wegen zusätzlicher Patienten aus jenem KV-Bezirk zu erhöhen. Grundsätzlich dürfen sich die Versicherten von Vertragsärzten behandeln lassen, die einer KV angehören, mit denen die Krankenkassen dieser Versicherten keinen Gesamtvertrag abgeschlossen haben. Insofern schafft der Fremdkassenausgleich aufgrund der zugelassenen Regionalisierung einen notwendigen Ausgleich (vgl. BSG, Urteil v. 9.12.2004, B 6 KA 71/03 R).

Obwohl die Formulierung in Abs. 7 Satz 1 "Kassenärztliche Bundesvereinigungen" lautet, wird durch die Hinweise auf Abs. 1a deutlich, dass die unter Nr. 4 bis 6 aufgeführten Richtlinien nur von der KBV aufzustellen sind. Dies ist dadurch begründet, dass sich die Sicherstellungsprobleme in der vertragsärztlichen Versorgung grundlegend anders darstellen als in der vertragszahnärztlichen Versorgung.

Die KBV/KZBV ist nach Abs. 7 Satz 2 verpflichtet (vgl. "haben insbesondere zu regeln"), sowohl die überbezirkliche Durchführung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung als auch den Zahlungsausgleich hierfür zwischen den KVen/KZVen zu regeln, und zwar seit 1.1.2002 durch Richtlinien. Mit Wirkung zum 1.1.2012 ist die durch Zeitablauf überholte Terminangabe gestrichen worden.

Einen Versuch der KZBV von Ende 2000, den Fremdfallausgleich ab 1.1.2001 nicht mehr zu regeln, sondern es den KZVen bzw. den Vertragszahnärzten freizustellen, Fremdzahnarztfälle im Rahmen der Kostenerstattung mit den Versicherten abzurechnen, hatte das BMG wegen des bei der geltenden Gesetzeslage eindeutigen Rechtsverstoßes aufsichtsrechtlich unterbunden. Auch für die KZBV besteht nach Abs. 7 die Verpflichtung (vgl. "Bundesvereinigungen haben"), die Richtlinie zur überbezirklichen Durchführung der vertragszahnärztlichen Versorgung und den Zahlungsausgleich zwischen den KZVen aufzustellen.

Die Normadressaten der Richtlinie zur Durchführung des bundeseinheitlichen Zahlungsausgleichsverfahrens in der vertragsärztlichen Versorgung sind Vertragsärzte, zu denen auch psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Medizinische Versorgungszentren, Laborgemeinschaften und andere Leistungserbringer gehören, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen (Ziff. 1.1.3 der Richtlinie). Die Neuregelung führt den Zahlungsausgleich wieder auf seine ursprüngliche Aufgabe zurück, nachdem zwischenzeitlich der Zahlungsausgleich, bedingt durch Wanderungsbewegungen der Mitglieder der...

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