2.6.5.1 Überblick

 

Rz. 29

Verträge über die Versorgung mit Hilfsmitteln sind Rahmenvereinbarungen, denn sie regeln die Leistungs- und Vergütungspflichten der Leistungserbringer und der Krankenkassen, die dem künftigen Einzelabruf durch die Versicherten zugrunde zu legen sind. Dabei wird dem Auftragnehmer jedoch nicht die Abnahme seiner Produkte zugesichert. Eine Abnahmeverpflichtung scheidet schon deshalb aus, weil sich die Einzelaufträge stets nach dem tatsächlichen Bedarf der Versicherten richten und vom Verordnungsverhalten des jeweiligen Vertragsarztes abhängen. Bei den sog. Arzneimittelrabattverträgen nach § 130a Abs. 8 bedarf es einer genaueren Betrachtung. Denn in diesen Verträgen wird primär der den Krankenkassen zu gewährende Rabatt bestimmt, der nicht den Preis beim jeweiligen Einzelabruf unmittelbar reduziert, sondern vielmehr eine Rabattzahlung in bestimmten Zeitintervallen (quartalsmäßig oder jährlich) unmittelbar an die Krankenkassen vorsieht. Dennoch ist darin eine Rahmenvereinbarung über die Lieferung und den (letztendlichen) Preis für das jeweilige Arzneimittel zu sehen. In der Rechtsprechung (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 10.9.2009, L 21 KR 53/09 SFB) wird dazu die Auffassung vertreten, dass der Abschluss von Rahmenvereinbarungen mit der Pharmaindustrie für die Krankenkassen sogar die einzige Möglichkeit sei, ihrem gesetzlich nach § 130a Abs. 8 eingeräumten Recht, Rabattverträge abzuschließen, nachzukommen. Es handele sich um eine geradezu typische Gestaltungsform. Denn durch den Abschluss dieser Rabattverträge in der Form von Rahmenvereinbarungen würden die Bedingungen – vornehmlich die Preise – für den späteren Abruf der einzelnen Medikamente geschaffen. Dem ist im Ergebnis zumindest immer dann zuzustimmen, wenn im Rahmen der Rabattverträge nicht nur die Preisgestaltung, sondern auch Lieferbedingungen und -verpflichtungen sowie Sanktionen bei Nichtlieferung festgelegt werden.

2.6.5.2 Mehrere Vertragspartner

 

Rz. 30

Da die Krankenkassen gehalten sind, die Gefahr von Lieferausfällen sowohl im Hilfsmittel- als auch im Arzneimittelbereich so gering wie möglich zu halten, stellte sich die Frage, ob es zulässig ist, Rahmenvereinbarungen mit mehreren Vertragspartnern für ein und dieselbe Leistung abzuschließen. Dies führt zwar bei wirtschaftlicher Betrachtung dazu, dass der zu erzielende Preis bzw. Rabatt ungünstiger ausfällt. Die Krankenkassen können jedoch bei Versorgungsproblemen auf mehrere Vertragspartner zurückgreifen und damit eine möglichst lückenlose und zeitgemäße Versorgung ihrer Versicherten erreichen. In der Praxis ergibt sich diese Problematik allein bei den Arzneimittelrabattverträgen gemäß § 130a Abs. 8. Der Abschluss mit mehreren Vertragspartnern für ein und denselben Arzneimittelwirkstoff scheint auf den ersten Blick mit den Grundmaximen des Vergaberechts, der Schaffung von Wettbewerb und Gleichbehandlung in Widerspruch zu stehen. Denn aus diesen Grundsätzen ergibt sich, dass jeder Marktteilnehmer an der Vergabe öffentlicher Aufträge teilhaben soll, mit dem Ziel, allein für sich einen wirtschaftlichen Nutzen zu erzielen. Dieser Effekt relativiert sich jedoch dann, wenn ein Unternehmen zwar Vertragspartner eines öffentlichen Auftrages wird, für ihn aber unklar ist, welches Volumen am Gesamtumfang er als einer von mehreren Auftragnehmern letztlich erhalten wird. Andererseits schließt das Vergaberecht eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern nicht generell aus (§ 4 EG Abs. 4 VOL/A, zuvor § 3a Nr. 4 Abs. 5 VOL/A).

Mit dieser Problematik hatte sich die Rechtsprechung (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 28.4.2009, L 21 KR 40/09 SFB) insofern zu beschäftigen, als zu entscheiden war, ob es zwingend erforderlich sei, dass pro Los 3 Bieter den Zuschlag erhalten. Anlässlich dieses Falles, bei dem die Ausschreibung gar nicht die Beauftragung mehrerer Unternehmer vorsah, sondern nur der Bieter den Zuschlag erhalten sollte, der das wirtschaftlichste Angebot unterbreitete, wird ausgeführt, dass bei Abschluss mit mehreren eine Einschränkung des Wettbewerbsprinzips vorliege. Denn der Wettbewerb unter den Unternehmern werde massiv behindert, wenn 3 Bieter mit den insgesamt wirtschaftlichsten Angeboten in gleichem Umfang die Versicherten der Krankenkassen mit Arzneimitteln versorgen könnten. Der Anreiz, das wirtschaftlichste Angebot abzugeben, werde beeinträchtigt und die Spekulation mit dem zweit- oder drittwirtschaftlichsten Angebot weiter an der Versorgung der Versicherten teilhaben zu können, gefördert. Andererseits wird die Auffassung vertreten, dass das Wettbewerbsprinzip durch die gleichzeitige Beauftragung mehrerer Auftragnehmer nicht beeinträchtigt sei (2. VK-Bund, Beschluss v. 19.5.2009, VK 2-15/09). Begründet wird dies damit, dass die im Rahmen der vorliegenden Ausschreibung angebotenen Rabatte daraufhin deuteten, dass auch bei 3 Vertragspartnern pro Los die Stellung eines Rabattvertragspartners sehr attraktiv sei und mit aggressiven Rabattangeboten angestrebt werde. Diese Aussage der Vergabekammer ist jedoch unter de...

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