2.3.1 Zusammenarbeit der Krankenkassen (Abs. 3 Satz 1)

 

Rz. 16

Abs. 3 verpflichtet die Krankenkassen und deren Verbände zu einer engen, auch kassenartübergreifenden Zusammenarbeit im Interesse der gesetzlichen Krankenversicherung, was in § 86 SGB X nochmals für die verwaltungsverfahrensmäßige Zusammenarbeit wiederholt wird. Diese Pflicht zur Zusammenarbeit geht über die Amtshilfe (vgl. §§ 3 ff. SGB X) hinaus.

 

Rz. 17

Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 11/2237 S. 158) hatte dazu ausgeführt, dass die Funktionsfähigkeit des gegliederten Systems eine intensive Zusammenarbeit der Kassenarten auf Orts-, Landes- und Bundesebene auch untereinander erforderte, darüber hinaus jedoch auch ein möglichst einheitliches und geschlossenes Auftreten nach außen, insbesondere den Leistungsanbietern gegenüber. Die Zusammenarbeit erstreckt sich auch auf andere Sozialleistungsträger und den öffentlichen Gesundheitsdienst als Einrichtungen des Gesundheitswesens. Die Pflicht zur Zusammenarbeit im Interesse der gesetzlichen Krankenversicherung beinhaltet zwar eine Rechtspflicht, für deren Verletzung sind jedoch keine Sanktionen als Rechtsfolgen angeordnet. Daher kann allenfalls die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes verlangt und durchgesetzt werden. Aus der Pflicht zur Zusammenarbeit der Krankenkassen können einzelne Versicherte aber keine subjektiven Rechte für sich selbst herleiten.

 

Rz. 17a

In der Stellungnahme des Bundesrates zum Gesundheitsreformgesetz – GRG (BR-Drs. 200/88 S. 7) war von diesem bereits vorgeschlagen worden, die Regelung zur Zusammenarbeit dahingehend zu ergänzen, dass Maßnahmen der Werbung und der Selbstdarstellung unzulässig seien. Dies war damit begründet worden, dass die Aufsichtsbehörden zunehmend mit Auswüchsen bei der Mitgliederwerbung und der Selbstdarstellung konfrontiert werden, die mit dem Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft unvereinbar seien, sodass klarzustellen sei, dass derartige Maßnahmen nicht auf die Verpflichtung zur Aufklärung der Bevölkerung über Rechte und Pflichten nach dem SGB gestützt werden können. Dem ist die Bundesregierung nicht gefolgt.

2.3.2 Konkurrenz

 

Rz. 17b

Mit dem Gesundheitsreformgesetz – GRG waren ursprünglich die gesetzlichen Zuständigkeiten der Krankenkassen, mit Ausnahme der Ersatzkassen als Wahlkassen, übernommen worden. Rechtsstreitigkeiten zwischen den Krankenkassen beschränkten sich daher weitgehend auf die Abgrenzung dieser gesetzlichen Zuständigkeiten und deren rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen oder der Zugehörigkeit zum aufnahmeberechtigten Personenkreis einer Ersatzkasse im Rahmen der Klärung des zuständigen Krankenversicherungsträgers (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Insbesondere im Verhältnis der gesetzlich zuständigen Krankenkassen zu den Ersatzkassen waren aber auch Streitigkeiten über den zulässigen Inhalt und die Grenzen der Werbung um Mitglieder möglich, die vor den Sozialgerichten auszutragenden waren (vgl. BSG, Urteil v. 2.2.1984, 8 RK 41/82). Allerdings waren auch wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten im Verhältnis einer Ersatzkasse zu privaten Krankenversicherungsunternehmen möglich und vor den Zivilgerichten auszutragen, wenn im Wettbewerb um freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung der Ersatzkasse hinter dem sozialversicherungsrechtlich Gebotenen (hier: Nichtberücksichtigung der mindestbeitragspflichtigen Einnahmen für freiwillig Versicherte) zurückbleibt und dadurch gegenüber den Beiträgen der Privatversicherer den Charakter von Dumpingpreisen erhält (BGH, Urteil v. 25.2.1982, I ZR 175/79).

2.3.3 Wettbewerb (Abs. 3 Satz 2)

 

Rz. 18

Die Rechtspflicht zur Zusammenarbeit war auch nach Einführung der Wahlfreiheit der Mitglieder und der Möglichkeit der Öffnung von Betriebs- und Innungskrankenkassen (ab 1996) beibehalten worden, obwohl die Wahl- und Wechselmöglichkeiten zwischen den einzelnen Krankenkassen zu weiterem notwendigen Wettbewerb um Mitglieder zwischen den Krankenkassen führte, der über gesetzliche Zuständigkeiten hinaus ging (vgl. dazu und zu Rechtswegfragen bereits Mühlhausen, SGb 1995 S. 146). Damit war und ist, was dem Interesse der gesetzlichen Krankenversicherung und dem Gebot der Zusammenarbeit widerspricht, die Zunahme wettbewerbswidrigen Verhaltens zunehmend möglich und wahrscheinlich. Dies gilt jetzt um so mehr, als mit der gesetzlichen Festlegung der Beitragssätze, soweit es sich nicht um den krankenkassenindividuellen Beitragssatz nach § 242 handelt, ein Wettbewerb über diesen nicht mehr stattfinden kann.

 

Rz. 18a

Die Einführung der Wahlfreiheit der Mitglieder hat das Verhältnis der Krankenkassen untereinander zu einem echten Wettbewerbsverhältnis verändert, indem jede Krankenkasse versucht, ihren Mitgliederbestand zu erhöhen, insbesondere um sog. "gute" Risiken. Nach der Rechtsprechung (vgl. z. B. BSG, Urteil v. 31.3.1998, B 1 KR 9/95 R, die auf die frühere Rechtsprechung zurückgreift) stellte die Einführung der Wahlfreiheit gegenüber der vorherigen Wettbewerbssituation (vgl. BSG, Urteil v. 2.2.1984, 8 RK 41/82) jedoch keine qualitative, sondern nur eine quantitative Veränderung dar. Trotz des bestehenden Konkurrenzverhältnisse...

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