Rz. 5

Abs. 1 i. d. F. d. AMNOG enthält eine Regelung zur Anwendung von zugelassenen Arzneimitteln für Indikationen und Indikationsbereiche, für die sie nach dem Arzneimittelgesetz nicht zugelassen sind. Abs. 1 entspricht im Wesentlichen § 35b Abs. 3 in der letzten Fassung vor der Änderung der Norm durch das AMNOG. Die Regelung wurde in § 35c verschoben, weil § 35b nun ausschließlich die Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln erfasst. Die Verschiebung war aus systematischen Gründen geboten, weil die Anwendung von zugelassenen Arzneimitteln für Indikationen und Indikationsbereiche, für die sie nach dem Arzneimittelgesetz nicht zugelassen sind, nicht Teil der Kosten-Nutzen-Bewertung sind. Eine inhaltliche Änderung ist mit dieser systematisch bedingten Änderung des Standortes nicht verbunden (BT-Drs. 17/2413 S. 25).

 

Rz. 6

Abs. 1 trifft Voraussetzungen für den Anspruch von Versicherten auf Arzneimittel bei derartigen Anwendungen außerhalb von nach dem AMG zugelassenen Anwendungsgebieten. Das BMG beruft für die Abgabe von Bewertungen zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis über die Anwendung von zugelassenen Arzneimitteln für Indikationen und Indikationsbereiche, für die sie nach dem AMG nicht zugelassen sind, Expertengruppen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Diese leiten die Bewertungen dem Gemeinsamen Bundesausschuss als Empfehlung zur Beschlussfassung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 zu (Abs. 1 Satz 6).

Der durch das GKV-VStG erweiterte Abs. 1 Satz 1 macht die Einrichtung einer ständigen Expertengruppe erforderlich. Neben den bisher bestehenden fachgebietsbezogenen Expertengruppen Onkologie, Neurologie/Psychiatrie, Infektiologie und Ophthalmologie ist vom BMG mindestens eine ständige Expertengruppe einzuberufen. Die Einrichtung mindestens einer ständigen Expertengruppe soll garantieren, dass auch andere Themen außerhalb der genannten Fachgebiete bearbeitet werden können, ohne dass dafür jeweils die Einrichtung einer eigenen fachspezifischen Expertengruppe notwendig ist. Ferner soll die Bearbeitung interdisziplinärer Fragen ermöglicht werden. Die Expertengruppe kann bei Bedarf fachgebietsbezogen um weitere Experten ergänzt werden, um flexibel arbeiten zu können (BT-Drs. 17/6906 S. 87).

 

Rz. 7

Abs. 1 Satz 2 bis 5 i. d. F. ab 1.1.2012 sind erst durch das GKV-VStG eingeführt worden.

Satz 2 entspricht der bisher geübten Praxis im Verfahren zur Bewertung der zulassungsüberschreitenden Anwendung von Arzneimitteln. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat eine Geschäftsordnung zu Organisation und Arbeitsweise der Expertengruppen zu erlassen. Diese Geschäftsordnung bedarf der Zustimmung des BMG. Satz 3 erklärt § 139b Abs. 3 Satz 2 für entsprechend anwendbar. Diese gesetzliche Verankerung der Offenlegung dient der Klarstellung. Die Experten für die Bewertung der zulassungsüberschreitenden Anwendung von Arzneimitteln müssen unabhängig sein. Bereits bislang haben sie ihre Interessenerklärung auf einem Dokument in Anlehnung an die Interessenerklärung der europäischen Arzneimittel-Agentur abzugeben. Satz 3 verpflichtet sie, alle Beziehungen zu Interessenverbänden, Auftragsinstituten, insbesondere der pharmazeutischen Industrie und der Medizinprodukteindustrie, einschließlich Art und Höhe von Zuwendungen offenzulegen.

Satz 4 und 5 entsprechen der bislang geübten Praxis, dass der Gemeinsame Bundesausschuss den Expertengruppen die Aufträge zu Bewertung erteilt; das BMG hat diese Möglichkeit ebenfalls. Die Einzelheiten zu Beauftragung der Expertengruppen und zu den Grundsätzen der Zusammenarbeit mit den Expertengruppen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung nach § 91 Abs. 4.

 

Rz. 8

Die Bewertungen, welche Anwendungen dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entsprechen, werden bei entsprechender Beschlussfassung unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen Teil der Arzneimittelrichtlinien. Eine entsprechende Bewertung soll gemäß Abs. 1 Satz 7 nur mit Zustimmung des pharmazeutischen Unternehmers erstellt werden, damit gewährleistet ist, dass dieser die betreffenden Anwendungen als bestimmungsgemäßen Gebrauch akzeptiert und damit nach den Vorgaben des AMG für die entsprechenden Anwendungen haftet (BT-Drs. 15/1525 S. 89).

 

Rz. 9

Gemäß Abs. 1 Satz 8 sind gesonderte Klagen gegen diese Bewertungen unzulässig. Dies hat seinen Grund darin, dass die Bewertungen des Instituts unmittelbar keine rechtlichen Wirkungen nach außen entfalten. Das Institut ist von seiner Funktion ein die Auftraggeber beratendes Gremium mit besonderem Sachverstand. Außenwirkung erlangen die Bewertungen erst mit ihrer Umsetzung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss für die gesetzliche Krankenversicherung. Deswegen soll eine Überprüfung der Bewertungen des Instituts erst anhand der diese umsetzenden Entscheidungen erfolgen.

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