2.1.1 Anhörungstatbestände

 

Rz. 6

Das Anhörungsrecht der Verbände der beteiligten Krankenkassen besteht

  • vor der Errichtung von BKK und IKK nach §§ 147, 157,
  • vor der Vereinigung von AOK, BKK, IKK oder Ersatzkassen nach §§ 144, 145, 150, 151, 160, 161 und 168a oder bei kassenartübergreifenden Vereinigungen nach § 171a,
  • vor der Öffnung von Krankenkassen nach § 173 Abs. 2 Nr. 4,
  • vor der Auflösung von BKK oder IKK nach §§ 152, 162 und
  • vor der Schließung von AOK, BKK, IKK oder Ersatzkassen nach §§ 146a, 153, 163 und 170.
 

Rz. 7

Kein Anhörungsrecht der Verbände besteht bei anderen organisatorischen Veränderungen wie

weil in diesen Fällen die jeweiligen Krankenkassen als solche fortbestehen und die Verbände keine Mitglieder verlieren oder es sich um rein rechtliche Anpassungen an geänderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse handelt. Daher kann auch nicht von einem Redaktionsversehen wegen der Nichterwähnung dieser organisatorischen Veränderungen ausgegangen werden (so aber Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 172 Rz. 14, Stand: Juli 2010) und § 172 Abs. 1 analog darauf anzuwenden sein (so Hänlein, in: LPK-SGB V, 3. Aufl., § 172 Rz. 2). Für die Durchführung einer Anhörung in diesen Fällen auch Mühlhausen, in: Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl., § 172 Rz. 4; Koch, in Juris-PK SGB V, § 172 Rz. 8, Stand: 23.6.2014, und Baier, in: Krauskopf, SozKV SGB V, § 172 Rz. 8, Stand: März 2012; wohl auch Dalichau, SGB V, § 172 Anm. II. 1., Stand: Mai 2013.

 

Rz. 8

Darüber hinaus besteht seit dem 1.1.2004 auch ein Anhörungsrecht, wenn eine Krankenkasse ihren Sitz in den Bezirk eines anderen Verbandes verlegt (Abs. 1 Satz 2). Auch hier liegt, wie der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist (BT-Drs. 15/1525 S. 136), dem Anhörungsrecht die Haftung des dann zuständig werdenden Landesverbandes zugrunde. Anzuhören ist in diesem Fall sowohl der bisher als auch der künftig zuständige Landesverband. Wird die Satzungsänderung über die Sitzverlegung von der Aufsichtsbehörde genehmigt, steht dem Landesverband mangels eigenen Betroffenseins aber keine Anfechtungsklage dagegen zu (LSG Hamburg, Urteil v. 18.3.2009, L 1 KR 35/08 KL; Hess. LSG, Beschluss v. 15.1.2014, L 1 KR 394/13 ER KL, NZS 2014 S. 297).

2.1.2 Anhörungsverfahren

 

Rz. 9

Anzuhören sind die Verbände der beteiligten Krankenkassen, d. h., die von der organisatorischen Veränderung betroffenen Krankenkassen müssen Verbandsmitglieder sein. Im Einzelfall, wenn nur eine Krankenkasse der gleichen Art in einem Land vorhanden ist, ist die an dem Verfahren (als Antragstellerin oder Betroffene) beteiligte Krankenkasse zugleich auch als Landesverband (vgl. § 207 Abs. 4 und Komm. dort) anzuhören. Da die bisherigen Bundesverbände ihren Status als Verband verloren haben (vgl. § 212 und Komm. dort), kommt ein Anhörungsrecht für diese, mit Ausnahme des Ersatzkassenverbandes (§ 212 Abs. 5), nicht mehr in Betracht. Für die knappschaftliche Krankenversicherung nimmt die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See die Aufgaben eines Landesverbands wahr (§ 212 Abs. 3).

 

Rz. 10

Obwohl der Zweck der Anhörung nunmehr in den durch die organisatorischen Veränderungen oder der Sitzverlegung liegenden haftungsrechtlichen Folgen liegt, lässt sich eine Begrenzung der Anhörung auf haftende Verbände nicht aus der Regelung ableiten. Da mit dem GKV-WSG zudem die Verbandshaftung zum 1.7.2008 aufgehoben und durch die vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen geltend zu machenden Haftung aller Krankenkassen einer Kassenart, ggf. auch weiterer Krankenkassen, ersetzt wurde, liefe die Anhörung des Abs. 1 ins Leere; denn die einzelnen für Ausfälle haftenden Krankenkassen sind keine Verbände, selbst wenn sie als einzige Krankenkasse die Aufgaben des Landesverbandes wahrnehmen (§ 207 Abs. 2a und Abs. 4 und Komm. dort).

 

Rz. 11

Die Anhörung ist in der Form durchzuführen, dass die beabsichtigte Veränderung den Verbänden mitgeteilt wird, wozu auch die entsprechenden Anträge gehören. Durch die Anhörung muss den Verbänden lediglich die Möglichkeit und Gelegenheit gegeben werden, sich zu dem Antrag oder der aufsichtsrechtlich beabsichtigten Entscheidung zu äußern, und zwar grundsätzlich vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens durch Erlass eines Bescheides. Dabei kann auch, um Verzögerungen des Verwaltungsverfahrens zu vermeiden, eine Frist für die Stellungnahme gesetzt werden. Nicht mit der Anhörung verbunden ist die Verpflichtung der Genehmigungsbehörde, die Stellungnahme der Verbände ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Die Stellungnahme des Verbandes muss jedoch zur Kenntnis genommen werden, wodurch es sich empfiehlt, in der Begründung des abschließenden Bescheides auf die Stellungnahme dann einzugehen, wenn sich der Verband gegen die beabsichtigte Entscheidung ausgesprochen hat.

 

Rz. 12

Die Anhörung hat durch die Behörde zu erfolgen, die für das Verfahren über die organisatorischen Veränderungen zuständig ist. Das ist i. d....

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