2.4.1 Haftung des Arbeitgebers (Abs. 4 Satz 1 und 2)

 

Rz. 16

Aufgrund seiner Verantwortung für die Existenz und den Fortbestand der nicht geöffneten BKK haftet der Arbeitgeber für Verbindlichkeiten der BKK, die nach Abschluss der Abwicklung noch verbleiben. Dies gilt sowohl für wegen Vermögenslosigkeit der BKK nicht mehr erfüllbare zivilrechtliche Ansprüche als auch für Sozialleistungen. Die Haftung dürfte bei bisher nicht erfüllten Sozialleistungsansprüchen auf Zahlungsansprüche beschränkt sein bzw. für Sachleistungsansprüche nur insoweit bestehen, als nach § 13 Abs. 3 an die Stelle der Sachleistungsansprüche Kostenerstattungsansprüche getreten sind oder treten.

 

Rz. 17

Sind durch Übertragung eines Betriebes, für den die BKK errichtet worden war, mehrere Arbeitgeber an der BKK beteiligt, haften diese für verbleibende Verbindlichkeiten als Gesamtschuldner (§§ 421ff. BGB), d. h., jeder kann für die Gesamtsumme als Haftender in Anspruch genommen werden (so auch Koch, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 155 Rz. 18, Stand: 2.1.2020). Eine Regelung, wie im Innenverhältnis der Gesamtgläubiger die Haftung aufgeteilt ist, fehlt. Daher sind sie gemäß § 426 Abs. 1 BGB zu gleichen Anteilen zur Haftung verpflichtet.

 

Rz. 18

Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung lässt offen, ob die Gläubiger ihre Ansprüche auch unmittelbar gegenüber dem Arbeitgeber als Haftenden geltend machen könnten. Da sich die Frage der Haftung des Arbeitgebers aber erst zum Abschluss der Abwicklung stellt und die BKK Schuldnerin der Ansprüche Dritter ist und bleibt, ist davon auszugehen, dass nur der Vorstand als Abwickler die Forderung aufgrund der Haftung gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen kann, um die Abwicklung endgültig zu beenden. Dabei gehört sowohl zur Abwicklung als auch für die Geltendmachung der Haftung, dass die nicht erfüllten und erfüllbaren Forderungen benannt, aufgelistet und beziffert werden. Dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird in Satz 5 nur die Geltendmachung der Haftungsansprüche nach Satz 3 und 4, nicht jedoch die Feststellung für die Haftung dem Grunde nach nach Satz 1 und 2 eingeräumt.

2.4.2 Nachrangige Haftung der Betriebskrankenkassen (Abs. 4 Satz 3)

 

Rz. 19

Satz 3 ist mit Art. 1 Nr. 124 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) dahingehend neu gefasst worden, dass nicht mehr die Landesverbände, sondern die übrigen BKKen haften, wenn das Vermögen des Arbeitgebers für die Haftung nicht ausreicht, was z. B. insbesondere bei Schließung der BKK aufgrund Insolvenz des Arbeitgebers als Schließungsgrund nach § 153 Satz 1 Nr. 1 der Fall sein wird.

 

Rz. 19a

Die Änderung ist in BT-Drs. 16/3100 S. 154 damit begründet worden, dass die Haftung insbesondere der Landesverbände sich in der Vergangenheit aus mehreren Gründen als nicht mehr sachgerecht erwiesen hat. Zum einen verfüge eine zunehmend größere Zahl von BKKen über einen Kassenbezirk, der sich über den Bereich des Landesverbands hinaus erstreckt, in dem die BKK ihren Sitz hat und dessen Mitgliedskassen letztlich im Fall ihrer Schließung für die bestehenden Verbindlichkeiten haften müssten. Es sei jedoch nicht sachgerecht, diese zur Haftung für Verbindlichkeiten heranzuziehen, die durch die Geschäftstätigkeit der geschlossenen Krankenkassen außerhalb des Bereichs des Landesverbands entstanden sind. Hinzu komme, dass aufgrund des starken Mitgliederwachstums bei BKKen mögliche Haftungsfälle ein Ausmaß erreichen können, welcher die Finanzkraft der Mitgliedskassen eines Landesverbands übersteigt. Außerdem ist eine solidarische Einstandspflicht der Verbandsmitglieder für die Verbindlichkeiten eines anderen Mitglieds nur dann sachgerecht, solange die Verbandsmitglieder nicht im Wettbewerb zueinander stehen.

 

Rz. 19b

Die Erfüllung der Haftungsverpflichtung der BKKen kann nach Satz 5 nur vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen gegenüber den BKKen geltend gemacht werden

2.4.3 Haftung nur der Betriebskrankenkassen (Abs. 4 Satz 4)

 

Rz. 20

Für nach § 173 Abs. 2 Nr. 4 geöffnete BKKen entfällt die Haftung des Arbeitgebers im Falle der Schließung völlig, denn nach der Öffnung ist ein eigenständiger allgemeiner Krankenversicherungsträger entstanden, der der Verantwortung des Arbeitgebers weitgehend entzogen ist. In diesen Fällen hatte bis zum 30.6.2008 bei Schließung (eine Auflösung ist dann nach § 152 Satz 4 nicht mehr möglich) der jeweilige Landesverband der BKKen, bei fehlendem Landesverband oder fehlender Verbandszugehörigkeit der Bundesverband der BKKen die verbleibenden Verpflichtungen nach der Abwicklung zu erfüllen.

Seit dem 1.7.2008 (Änderung durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) trifft die Haftung für Verbindlichkeiten bei Schließung einer geöffneten BKK die übrigen BKKen. Dies ist damit begründet worden, dass sich die Haftung der Landesverbände nicht als sachgerecht erwiesen hatte (vgl. Rz. 19a).

 

Rz. 21

Die Haftung der BKKen in den Fällen in denen das Vermögen des Arbeitgebers nicht ausreicht (Satz 3) und in denen die BKKen für eine geöffnete BKK unmittelbar haften, kann nur vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen geltend gemacht werden (Satz 5). Die Haftung be...

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