2.1 Regionale Organisation der Ortskrankenkassen (Abs. 1)

 

Rz. 8

Nach wie vor bleibt die gebietsbezogene Organisation der Ortskrankenkassen wesentliches Strukturmerkmal dieser Kassenart. Aus dieser Gebietsbezogenheit resultiert die Zuständigkeit für die in diesem Gebiet beschäftigten oder wohnenden Personen. Dies galt bis 31.12.1995 für die Tatbestände der gesetzlichen und der gewählten Zuständigkeit gemäß §§ 173 ff. a. F. und ab 1.1.1996 für die gewählte Zuständigkeit nach § 173 Abs. 2 Nr. 1. Allerdings kann sich aufgrund der Bindungsfrist an eine gewählte Krankenkasse (vgl. § 175 Abs. 4 Satz 1) auch die Zuständigkeit für außerhalb der Region der Ortskrankenkasse wohnende und beschäftigte Personen ergeben.

 

Rz. 9

Die Vorschrift lässt jedoch offen, wie diese Region der einzelnen Ortskrankenkasse abzugrenzen und zu bestimmen ist. Als Regelfall galt jedoch weiterhin zunächst die gebietskörperschaftliche Region, die durch die ursprüngliche Errichtung und/oder Anpassung nach § 226 RVO entstanden war. Für die regionale Gliederung der Ortskrankenkassen wird es künftig keine einheitlichen Abgrenzungsmerkmale mehr geben. Da die Ortskrankenkassen aufgrund freiwilliger Vereinigung zwischenzeitlich ohnehin landesweit oder sogar länderübergreifend bestehen, ist diese Frage auch nicht mehr relevant.

2.2 Abgrenzung der Region durch Rechtsverordnung (Abs. 2)

2.2.1 Rechtsverordnung der Landesregierung (Abs. 2 Satz 1)

 

Rz. 10

Abs. 2 regelt seit dem 1.1.1993 die Möglichkeit der Abgrenzung der Region durch Rechtsverordnung der Landesregierung. Diese Befugnis geht über die bisherige Befugnis zur Anpassung der Bezirke der Ortskrankenkasse an die Grenzen der Gebietskörperschaften weit hinaus. Die Befugnis der Landesregierung zur Abgrenzung der Region wird inhaltlich nicht näher bestimmt oder begrenzt. In der Gesetzesbegründung ist dazu ausgeführt (BT-Drs. 12/3608 S. 107), dass insbesondere in Flächenstaaten die Gleichsetzung der Region mit dem Land nicht immer zwingend sei, da die dadurch entstehenden Organisationseinheiten zu groß sein können. Das belegt, auch im Zusammenhang mit der in § 145 eingeräumten Befugnis zur Vereinigung auch aller Ortskrankenkassen eines Landes durch Rechtsverordnung, dass als Grundgedanke an eine landesbezogene Region gedacht war und ist. Soweit Länder eine Größe haben, die zu einer zu großen (und unwirtschaftlichen) Ortskrankenkasse führen, könnte die Rechtsverordnung die Region auch auf Teilflächen festlegen. Dabei können Raumordnungsgesichtspunkte, volks- oder betriebswirtschaftliche Kriterien für die Abgrenzung herangezogen werden. Ziel sollte jedoch die Schaffung wirtschaftlich leistungsfähiger Ortskrankenkassen sein. Mit der Befugnis zur Festlegung einer Region musste auch die Ermächtigung zur entsprechenden Vereinigung der Ortskrankenkassen für diese Region sowie die Regelung weiterer Folgen verbunden sein, denn nur die Festlegung einer Region führt nicht ohne weiteren Umsetzungsakt auch zur Änderung der regionalen Zuständigkeit der Ortskrankenkasse und deren Kassenbezirk.

2.2.2 Übertragung der Befugnis für die Rechtsverordnung (Abs. 2 Satz 2)

 

Rz. 11

Die Befugnis zum Erlass einer die Region festlegenden Rechtsverordnung steht grundsätzlich der Landesregierung zu. Diese kann gemäß Abs. 2 Satz 2 die Ermächtigung auf die nach Landesrecht zuständige Behörde übertragen. Bereits § 143 i. d. F. des GRG beschränkte die Übertragung der Befugnis nicht mehr nur auf die "für die Sozialversicherung zuständige oberste Landesbehörde", wie dies § 226 Abs. 4 Satz 2 RVO noch vorsah. Welche Landesbehörde somit für den Erlass einer Rechtsverordnung nach § 143 Abs. 1 zur Festlegung einer Region zuständig ist, bestimmt somit die Landesregierung; i. d. R. geschieht dies durch Gesetz oder Rechtsverordnung.

2.3 Abgrenzung der Region durch Staatsvertrag (Abs. 3)

 

Rz. 12

Abs. 3 regelt als völlig neue Befugnis zur regionalen Gliederung von Ortskrankenkassen die Abgrenzung der Region durch Staatsvertrag, wenn sich die Region über mehrere Länder erstrecken soll. Der Staatsvertrag hätte zudem die Regelung der Vereinigung der vorhandenen Ortskrankenkassen zu einer Ortskrankenkasse für diese Region vorsehen müssen. Die §§ 143 ff. enthalten nämlich keine aufsichtsbehördlichen Befugnisse zur Anpassung der Ortskrankenkassen an eine nach § 143 Abs. 2 oder 3 festgelegte Region. Die Form des Staatsvertrages ist hier erforderlich, da die Verordnungsbefugnis des Abs. 2 auf das Land als Kompetenzgebiet der jeweiligen Landesregierung begrenzt ist und zur Regelung gemeinsamer staatlicher Aufgaben nur der Staatsvertrag in Betracht kommt. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 12/3608 S. 108) war zu dieser Regelung ausgeführt, dass es sinnvoll sein kann, die Region nicht auf die Landesgrenzen zu beschränken, da auch die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen sich nicht an Landesgrenzen orientiert. Insbesondere in Stadtstaaten werden Gesundheitseinrichtungen auch von Versicherten der umliegenden Länder genutzt, so dass die Regelung vor allem den Bedürfnissen der Stadtstaaten Rechnung trägt.

 

Rz. 13

Die Abgrenzung der Region durch Staatsvertrag sollte nach den Vorstellungen des Gesetzgebers in allen Fällen in Betracht kommen, in denen z. B. Raumordnungsgesichtspunkte von Bedeutung sind, die die Landesgrenzen überschreiten. Dies kann dann der Fall sein, ...

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