1 Rechtsentwicklung/Allgemeines

 

Rz. 1

Der mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) v. 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626) eingeführte § 140g, der den Titel "Bonus in der integrierten Versorgung" trug, ist aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) mit Wirkung ab 1.1.2004 ersatzlos weggefallen. Die Vorschrift gehörte mit zu denjenigen, die Hemmnisse, Defizite und Handicaps unterschiedlichster Art für den Abschluss von Verträgen zur integrierten Versorgung enthielten, so dass sie aus diesem Grunde gestrichen worden ist.

Der neue § 140g mit der Überschrift "Verordnungsermächtigung" ist durch das GMG eingeführt worden und gilt seit 1.1.2004.

Mit Art. 256 Nr. 1 der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung v. 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407) ist mit Wirkung zum 8.11.2006 (vgl. Art. 559) die Bezeichnung "Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung" (BMGS) in "Bundesministerium für Gesundheit" (BMG) geändert worden.

2 Rechtspraxis

2.1 Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der Rechtsverordnung

 

Rz. 2

Die Vorschrift stellt die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Rechtsverordnung durch das BMG dar, in der die Einzelheiten zur Organisation, Legitimation und Offenlegung der Finanzierung der nach § 140f zu beteiligenden Patientenorganisationen geregelt werden; außerdem erstreckt sich die Rechtsverordnung auf die Details des Beteiligungsverfahrens. Der Erlass dieser Rechtsverordnung des BMG bedarf der Zustimmung des Bundesrates, so dass auch die Länderkammer Gelegenheit hat, ihre Interessen einzubringen, z. B. auch unter Berücksichtigung der Rechte der Landesorganisationen der bundesweit agierenden Patientengruppierungen. Die Verordnung zur Beteiligung von Patientinnen und Patienten in der Gesetzlichen Krankenversicherung (Patienten-Beteiligungsverordnung – PatBeteiligungsV) ist mit Zustimmung des Bundesrates am 24.12.2003 in Kraft getreten (BGBl. I S. 2753) und mit der Verordnung v. 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407) mit Wirkung zum 8.11.2006 geändert worden.

2.2 Inhalt der Patientenbeteiligungsverordnung

 

Rz. 3

Die PatBeteiligungsV beschreibt 7 Voraussetzungen für die Anerkennung als maßgebliche Organisation für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf der Bundesebene. Anerkannte Organisationen sind danach solche, die

  • nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend die Belange von Patientinnen und Patienten oder der Selbsthilfe fördern,
  • in ihrer inneren Ordnung demokratischen Grundsätzen entsprechen,
  • gemäß ihrem Mitgliederkreis dazu berufen sind, die Interessen von Patientinnen und Patienten oder der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf der Bundesebene zu vertreten,
  • zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre bestehen und in diesem Zeitraum i. S. d. Punkt 1 bundesweit tätig gewesen sind,
  • die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bieten; dabei sind Art und Umfang der bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis und die Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen;
  • durch Offenlegung ihrer Finanzierung nachweisen können, dass sie neutral und unabhängig arbeiten und
  • gemeinnützige Zwecke verfolgen.
 

Rz. 4

Als anerkannte maßgebliche Organisationen auf Bundesebene gelten nach § 2 PatBeteiligungsV, der Deutsche Behindertenrat, die Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen, die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. und der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. Diese Verbände decken bundesweit ein Spektrum ab, welches die Mitwirkung einer Vielzahl von Betroffenen zulässt und darüber hinaus auch die Belange chronisch kranker und behinderter Frauen berücksichtigt. Der Deutsche Behindertenrat mit den darin vertretenen Mitgliedsorganisationen, zu denen z. B. die großen Behindertenverbände zählen, kann für sich in Anspruch nehmen, die heterogene Szene der Behindertenorganisationen und Selbsthilfegruppen abzudecken. Die weiter bestimmten Organisationen sind Verbände von Beraterinnen und Beratern der Betroffenen. Damit sollte es möglich sein, im Rahmen der Patientenbeteiligung einen umfassenden Sachverstand einzubringen, der sich nicht allein auf die Betroffenen selbst, sondern auch auf die sie beratenden Organisationen stützt.

 

Rz. 5

Diese Organisationen gelten deshalb von vornherein als maßgebliche Organisationen und würden ihre Anerkennung theoretisch nur dann verlieren können, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung oder auch danach berechtigte Zweifel hätte, dass eine der gesetzten Organisationen die genannten sieben Kriterien nicht bzw. nicht mehr erfüllt. In einem ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahren hätte dann das BMG per Verwaltungsakt festzustellen, dass die betreffende Organisation keine maßgebliche Organisation auf Bundesebene (mehr) ist. Der Verwaltungsakt kann daraufhin beklagt werden, so dass letztlich die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden. Einen Einspruch des Gemeinsamen Bundesausschusses gege...

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