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Auch bei der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege i. S. d. § 37 räumt der Gesetzgeber einer im gesamten Bundesgebiet einheitlichen und mit Wirkung zum 1.1.2017 auch flächendeckenden Versorgung, den einheitlichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung und zur Fortbildung der Leistungserbringer sowie der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Priorität ein. Dazu hat er die Partner auf Bundesebene verpflichtet, nach Abs. 1 der Vorschrift Rahmenempfehlungen zur einheitlichen und flächendeckenden Versorgung unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnungen häuslicher Krankenpflege abzugeben. Dieses sog. Partnerschaftsmodell soll Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, Sozialstationen und ambulante gewerbliche Pflegedienste sowie Krankenkassen verpflichten, den Bereich der häuslichen Krankenpflege durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Verordnung häuslicher Krankenpflege sowie auf dieser Basis durch bundeseinheitliche Rahmenempfehlungen zur Leistungserbringung der häuslichen Krankenpflege auf der regionalen Ebene vertraglich zu regeln. Die kombinierte Versorgungsstruktur für die häusliche Krankenpflege besteht demnach aus

  1. der Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses,
  2. den Rahmenempfehlungen des GKV-Spitzenverbandes und der maßgeblichen Spitzenorganisationen der Pflegedienste,
  3. dem regionalen Versorgungsvertrag zwischen der Krankenkasse und dem Pflegedienst.

Seit dem 14.5.2000 (BAnz 2000 Nr. 91 S. 8878) ist die Richtlinie zur Verordnung häuslicher Krankenpflege in Kraft, jetzt in der Neufassung v. 17.9.2009 bzw. in der jeweils geltenden Fassung. Versuche verschiedener Pflegedienste, die erstmalige Veröffentlichung dieser Richtlinien durch Anträge auf einstweilige Anordnung zu verhindern, hatte das LSG Nordrhein-Westfalen durch Beschluss v. 25.8.2000 (L 11 B 39/00 KA) endgültig zurückgewiesen. Die Antragsteller seien, so das Gericht, keine Normadressaten der Richtlinien nach § 92, sodass es an einer unmittelbaren Betroffenheit fehle. In einem anderen Streitverfahren hat das BSG diese LSG-Auffassung bestätigt und ausgeführt, dass die einzelnen Pflegedienste durch die Regelungen der Krankenpflege-Richtlinien nicht in ihren rechtlich geschützten Belangen betroffen sind, sodass ihre gegen die Richtlinien angestrengten Klagen nicht zulässig waren.

Das BSG hat außerdem in zwei Urteilen v. 21.5.2006 (B 6 KA 69/04 R) und v. 29.11.2006 (B 6 KA 7/06 R) bestätigt, dass die häusliche Krankenpflege-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses einerseits und die Rahmenempfehlungen des GKV-Spitzenverbandes und der Spitzenorganisationen der Pflegedienste andererseits unterschiedliche Gegenstände regeln und differenzierte Zielrichtungen verfolgen. Die Richtlinie setzt als untergesetzliche Rechtsnorm bei der vertragsärztlichen Versorgung an und beschreibt zu diesem Zweck die einzelnen Arten und den Umfang der von den Vertragsärzten aufgrund ihrer Verordnung zu verantwortenden häuslichen Krankenpflegeleistungen. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist deshalb befugt, in die Richtlinien ein abschließendes Leistungsverzeichnis der einzelnen verordnungsfähigen Pflegemaßnahmen aufzunehmen. Damit sind die Spitzenorganisationen der Pflegedienste in ihren Rechten nicht verletzt. "Abschließend" bedeutet nach § 1 Abs. 4 der Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie, dass die im Leistungsverzeichnis nicht aufgeführten Maßnahmen grundsätzlich nicht als häusliche Krankenpflege verordnungs- und genehmigungsfähig sind. Nicht im Leistungsverzeichnis aufgeführte Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege i. S. d. § 37 sind aber in medizinisch zu begründenden Ausnahmefällen dann verordnungs- und genehmigungsfähig, wenn sie Bestandteil des ärztlichen Behandlungsplans sowie im Einzelfall erforderlich und wirtschaftlich sind und von geeigneten Pflegekräften erbracht werden sollen. Dies bestätigt den Grundsatz, dass die Entscheidung über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege im Verantwortungsbereich der verordnenden Vertragsärztin bzw. des verordnenden Vertragsarztes liegt. Maßnahmen der ärztlichen Diagnostik und Therapie sind dagegen ausschließlich den Ärztinnen und Ärzten vorbehalten und gehören daher zur vertragsärztlichen Versorgung; sie sind somit nicht als häusliche Krankenpflege verordnungsfähig bzw. dürfen in diesem Zusammenhang von der Krankenkasse auch nicht genehmigt werden.

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