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Nachdem die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung sowohl im Jahre 2001 als auch im ersten Halbjahr 2002 wesentlich stärker gestiegen waren als die beitragspflichtigen Einnahmen, sah sich der Gesetzgeber veranlasst, mit dem BSSichG die Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung zu stärken, das Beitragssatzniveau zu stabilisieren und finanziellen Spielraum für ab 2004 geplante notwendige strukturelle Reformmaßnahmen zu schaffen. Wegen des hohen Ausgabenniveaus des Jahres 2001 und weil der Ausgabenanstieg nur zum Teil medizinisch begründbar erschien, hatte sich der Gesetzgeber für eine sofort wirksame Senkung der Arzneimittelausgaben entschieden und dabei mit Wirkung zum 1.1.2003 erstmalig gesetzlich vorgegebene Rabatte der pharmazeutischen Unternehmen und aufgrund eines besonderen Gesetzes des pharmazeutischen Großhandels zugunsten der Krankenkassen eingeführt. Damit bezieht sich die Vorschrift allein auf pharmazeutische Unternehmer, während für den Großhandel das (später wieder aufgehobene) Gesetz zur Einführung von Abschlägen des pharmazeutischen Großhandels zeitgleich eingeführt worden war

Nach der ständigen Rechtsprechung bezweckt die Vorschrift eine Beschränkung der von der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Arzneimittelkosten und eine Stabilisierung der finanziellen Situation der gesetzlichen Krankenversicherung durch entsprechende Beiträge der pharmazeutischen Industrie zusätzlich zu den in § 130 geregelten Apothekenrabatten.

Dabei war für den Gesetzgeber maßgeblich, dass nach dem Preisrecht des Arzneimittelgesetzes (AMG) die pharmazeutischen Unternehmer in Deutschland – im Gegensatz zu anderen Ländern in der EU – bei der Preisbestimmung frei sind. Der pharmazeutische Unternehmer kann also für sein Arzneimittel jeden Preis verlangen, den er für angemessen hält. Er muss lediglich einen einheitlichen Abgabepreis sicherstellen (§ 78 Abs. 3 AMG). Der Abgabepreis an den Endverbraucher wird durch Hinzurechnung der Handelsspannen für Großhandel und Apotheken bestimmt. Seit Inkrafttreten des Vierten Gesetzes zur Änderung des AMG v.11.4.1990 (BGBl. I S. 717) war mit Wirkung zum 20.4.1990 ein – für den Endverbraucher maßgeblicher – einheitlicher Apothekenabgabepreis für solche Arzneimittel zu gewährleisten, die vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen, also apothekenpflichtig sind. Der Gesetzgeber sah damit einen einheitlichen Apothekenabgabepreis für Arzneimittel als erforderlich an, um die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Einzelheiten regelt auf der Grundlage des § 78 AMG die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Die Folge dieses Preisregimes ist, dass ein Preiswettbewerb – auf nationaler Ebene – auf den Handelsstufen ausscheidet, wenn die Preisvorschriften nach dem AMG greifen, der pharmazeutische Unternehmer das Arzneimittel in Deutschland vertreibt und dieses über den Großhandel und die Apotheke an die Patienten gelangt (so BSG, Urteil v. 28.7.2008, B1 KR 4/08 R). Die deutschen Vorschriften für den Apothekenabgabepreis gelten im Übrigen auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Wege des Versandhandels nach Deutschland an Endverbraucher abgeben (so Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes v. 22.8.2012, GmS-OGB 1/10).

Dass der Herstellerabschlag für solche Fertigarzneimittel zu entrichten ist, für die die Arzneimittel-Preisvorschriften gelten, bestätigt Abs. 1 der Vorschrift auch insoweit, als er anordnet, dass die Abschlagspflicht für Fertigarzneimittel gilt, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG oder aufgrund des § 129 Abs. 5a bestimmt sind sowie für Arzneimittel, die nach § 129a durch Krankenhausapotheken im Rahmen ambulanter Behandlungen oder für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen abgegeben werden. Der prozentuale Abschlag bezieht sich dabei auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer, der bei Abgabe an Verbraucher aufgrund von Preisvorschriften nach dem AMG gilt.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Rabattregelung als verfassungsgemäß eingestuft und insbesondere die Legitimität des Kostensenkungsziels bestätigt. Rabattregelungen seien nach der Begründung als Berufsausübungsregelungen zu qualifizieren und als solche ein legitimes Mittel zur Sicherstellung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Bei der Rabattregelung handele es sich ihrer Eigenart nach um einen Mengenrabatt bzw. Großabnehmerrabatt und jedenfalls nicht um eine mit Art. 14 GG nicht zu vereinbarende Sonderabgabe im finanzverfassungsrechtlichen Sinne (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats v. 13.9.2005, 2 BvF 2/03).

Auffällig ist, dass in der Überschrift "Rabatte" aufgeführt sind, während in der Vorschrift selbst von Abschlag bzw. Abschlägen gesprochen wird....

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