0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Art. 1 Nr. 18b des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG) v. 11.7.2021 (BGBl. I S. 2754) hat die Vorschrift mit Wirkung zum 20.7.2021 eingefügt. Es gibt keine Vorgängervorschrift. Die Regelung implementiert ein Modellvorhaben zur umfassenden Diagnostik und Therapiefindung sowohl bei seltenen als auch bei onkologischen Erkrankungen.

 

Rz. 1a

Art. 1 Nr. 2b des Gesetzes zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz) v. 7.11.2022 (BGBl. I S. 1990) hat mit Wirkung zum 12.11.2022 jeweils in Abs. 1 Satz 1 und Abs. 8 Satz 1 die Angabe "1. Januar 2023" durch die Angabe "1. Januar 2024" ersetzt. Der Starttermin wird aus Zeitgründen angepasst.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Regelung implementiert ein Modellvorhaben zur umfassenden Diagnostik und Therapiefindung sowohl bei seltenen als auch bei onkologischen Erkrankungen (BT-Drs. 19/30560 S. 29). Grundlage des Modellvorhabens ist die umfangreiche Genomsequenzierung im Rahmen eines strukturierten klinischen Behandlungsablaufs und die darauf aufbauende Datenzusammenführung von klinischen und genomischen Daten in einer Dateninfrastruktur, die eine Analyse der gewonnenen Daten zur Verbesserung der medizinischen Versorgung erleichtert. Die Genomsequenzierung umfasst in diesem Vorhaben Ganzgenomsequenzierungen (Whole Genome Sequencing – WGS) und Exomsequenzierungen (Whole Exome Sequencing – WES) sowie ggf. größere Gen-Panels. Bei seltenen und bei onkologischen Erkrankungen kann eine Genomsequenzierung dazu beitragen, die Diagnose zu stellen und Therapien zielgerichtet einzusetzen. Dies geht mit einer gezielten Versorgung und insofern mit einem besseren Behandlungserfolg einher. Zur weiteren Unterstützung bei der Diagnostik werden die durch die strukturierte Erhebung klinischer Befunde und die Sequenzierung gewonnenen Daten in einer Dateninfrastruktur zusammengeführt und analysiert. Auf diese Weise können Erkenntnisse in Bezug auf die Diagnose und wirksame Behandlungsmöglichkeiten generiert werden, die auf andere Fälle übertragbar sind. Sequenzvarianten können vor dem Hintergrund eines wachsenden Datensatzes sicherer interpretiert werden. Gleichzeitig kann auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse reagiert werden und die betroffenen Versicherten können über die jeweiligen Leistungserbringer darüber informiert werden. Für seltene Erkrankungen oder Genmutationen, aber auch bestimmte Untergruppen von onkologischen Erkrankungen, sind oftmals aufgrund der geringen Fallzahl nur wenige, für die Diagnostik und Therapie relevante Daten vorhanden. Insofern sind aktuelle Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung für die Versorgung dieser Versicherten essenziell, um die kontinuierliche Evaluation und Optimierung der Behandlungen zu ermöglichen.

2 Rechtspraxis

2.1 Einheitliche Durchführung (Abs. 1)

 

Rz. 3

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) schließt bis zum 1.1.2024 mit den Leistungserbringern einen einheitlichen Vertrag zur Durchführung eines Modellvorhabens (Satz 1). Vertragspartner kann nur ein Leistungserbringer sein, der berechtigt ist, am Modellvorhaben teilzunehmen. Die Berechtigung wird durch einen Verwaltungsakt des GKV-Spitzenverbandes festgestellt (Abs. 4 Satz 2). Der Vertrag hat bindende Wirkung für die Mitglieder (Krankenkassen) des GKV-Spitzenverbandes. Es handelt sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag (§ 53 SGB X), der schriftlich zu schließen ist (§ 56 SGB X). Ansonsten wäre der Vertrag unwirksam. Vertragsgegenstand ist das Modellvorhaben zur umfassenden Diagnostik und Therapiefindung mittels einer Genomsequenzierung bei seltenen und bei onkologischen Erkrankungen.

 

Rz. 3a

Vor Beginn des Modellvorhabens werden die Beratungen mit den Beteiligten und dem Ziel fortgeführt, die Dateninfrastruktur und weitere Rahmenbedingungen im Sinne einer Versorgungsverbesserung weiterzuentwickeln und zu finanzieren. Auch die komplexen Vertragsverhandlungen benötigen mehr Zeit. Deshalb wird der Starttermin auf den 1.1.2024 verschoben (BT-Drs. 20/4086 S. 68).

 

Rz. 4

Den Vertrag haben die Leistungserbringer mit dem GKV-Spitzenverband gemeinsam zu schließen, damit gewährleistet ist, dass alle Leistungserbringer einen identischen Vertrag haben, was für die Führung einer einheitlichen Dateninfrastruktur und die Vergleichbarkeit der Daten zwingend erforderlich ist (BT-Drs. 19/30560 S. 30). Darüber hinaus werden effiziente Verhandlungen sichergestellt, da die Leistungserbringer die besondere Expertise, die auf dem Gebiet der Genomsequenzierung erforderlich ist, einbringen können.

 

Rz. 5

Der Vertrag ist spätestens bis zum 1.1.2023 zu schließen und hat eine Mindestlaufzeit von 5 Jahren (Satz 2). Die Laufzeit weicht zulässig von der Vorgabe in § 63 Abs. 5 ab. Vor dem Abschluss ist der Deutschen Krankenhausgesellschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Satz 3). Einer darüber hinausgehenden Einbindung bedarf es nicht, da sich bereits die teilnahmeberechtigten Leistungserbringer unmittelbar beteiligen. Ein Einvernehmen...

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