0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 31 des Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG) v. 14.10.2020 (BGBl. I S. 2115) mit Wirkung zum 20.10.2020 in das SGB V eingefügt. Das PDSG hat mit den neuen Kapiteln 11 und 12 die bisherigen Regelungen zur Telematikinfrastruktur übernommen und umfassend neu strukturiert. Ferner werden sie weiterentwickelt und im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Vorgaben differenziert ausgestaltet. § 324 übernimmt das bisher in § 291b Abs. 1c Satz 5 bis 8 enthaltene geltende Recht. Die Vorschrift regelt die Zulassung von Anbietern von Betriebsleistungen der Telematikinfrastruktur.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Betriebsleistungen der Telematikinfrastruktur (Schnittstellen, Komponenten und Dienste) werden nicht von der Gesellschaft für Telematik (gematik), sondern von Anbietern in einem öffentlichen Vergabeverfahren oder aufgrund erteilter Zulassung erbracht (BT-Drs. 16/3100 S. 174; 18/5293 S. 49). Die gematik trägt dabei die Betriebsverantwortung, weil die Leistungen auf der Grundlage von ihr zu beschließender Rahmenbedingungen zu erbringen sind. Bei beiden Verfahrensweisen ist sicherzustellen, dass die Auswahl des Betreibers in einem marktoffenen und diskriminierungsfreien Verfahren erfolgt. Die Zulassung kann mit Nebenbestimmungen (§ 32 SGB X) versehen werden. Die gematik selbst darf grundsätzlich keine operativen Betriebsleistungen übernehmen.

 

Rz. 2a

Die Vorschrift gewährleistet die Transparenz hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen und der zugelassenen Anbieter (Freudenberg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 324 Rz. 12). Insgesamt belegt u. a. § 324, dass der Gesetzgeber beim Auf- und Ausbau der Telematikinfrastruktur den Vorgaben der DSGVO Rechnung trägt und den Belangen des Datenschutzes und der Datensicherheit eine zentrale Bedeutung beimisst (BSG, Urteil v. 20.1.2021, B 1 KR 7/20 R). Er ist sich bewusst, dass im Rahmen der Telematikinfrastruktur besonders sensible Gesundheitsdaten verarbeitet werden, die im Interesse der Versicherten und der Leistungserbringer (als Berufsgeheimnisträger) eines besonderen Schutzes bedürfen (BT-Drs. 19/18793 S. 2).

2 Rechtspraxis

2.1 Zulassung (Abs. 1)

 

Rz. 3

Anbieter von Betriebsleistungen haben einen Anspruch auf Zulassung (Satz 1). Folgende Voraussetzungen sind dazu kumulativ erforderlich:

  • die zu verwendenden Komponenten und Dienste sind nach Maßgabe von § 311 Abs. 6 und § 325 zugelassen,
  • der Anbieter erbringt den Nachweis, dass die Verfügbarkeit und Sicherheit der Betriebsleistungen gewährleistet sind und
  • der Anbieter verpflichtet sich, die Rahmenbedingungen für Betriebsleistungen der gematik einzuhalten.
 

Rz. 3a

Die Entscheidung über die Zulassung ergeht als gebundener Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der mit Nebenbestimmungen nach § 32 SGB X versehen werden kann (Satz 2). Dafür bieten sich u. a. Befristung, Auflage oder ein Widerrufsvorbehalt an (§ 32 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4 SGB X). Führt das Zulassungsverfahren nicht zu einer ausreichenden Zahl von Anbietern, sind zur Durchführung operativer Betriebsleistungen Aufträge zu vergeben (BT-Drs. 16/3100 S. 174 zu § 291b). Damit findet wieder das öffentliche Vergaberecht Anwendung. Die gematik hat dazu eine Verfahrensbeschreibung veröffentlicht (www.fachportal.gematik.de/fileadmin/user_upload/fachportal/files/Zulassungen/Produktivbetrieb/gemZul_Anbieter_V2.3.0.pdf; abgerufen am 5.9.2022).

2.2 Beschränkung der Zulassungen (Abs. 2)

 

Rz. 4

Die gematik kann die Anzahl der Zulassungen beschränken, soweit dies zur Gewährleistung von Funktionalität, Interoperabilität und des notwendigen Sicherheitsniveaus erforderlich ist. Die gematik ist damit in der Lage, die Zahl der Zulassungen an die schrittweise Entwicklung der Telematikinfrastruktur anzupassen.

 

Rz. 4a

Da die Interoperabilität der Telematikinfrastruktur nur schrittweise entwickelt und hergestellt werden kann, ist zunächst auch unter Berücksichtigung der Überwachungs- und Sicherstellungsfunktion der gematik eine Begrenzung des Systems insbesondere im Hinblick auf die Anzahl der Betreiber und der durch sie eingesetzten Komponenten, Dienste und Schnittstellen erforderlich (BT-Drs. 16/3100 S. 174). In dieser Phase stehen der Systemaufbau und der dabei erreichte Erkenntnisgewinn im Vordergrund. Dies rechtfertigt die Begrenzung der Anzahl der Zulassungen. Sobald Funktionalität, Interoperabilität und das notwendige Sicherheitsniveau erreicht sind, entfällt diese Rechtfertigung jedoch (Freudenberg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 324 Rz. 16).

2.3 Veröffentlichungen (Abs. 3)

 

Rz. 5

Die gematik oder die von ihr beauftragten Organisationen veröffentlichen

  • die fachlichen und sachlichen Voraussetzungen, die für die Verfügbarkeit und Sicherheit der Betriebsleistungen erfüllt sein müssen sowie
  • eine Liste mit den zugelassenen Anbietern.

Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben. Die Veröffentlichung der erforderlichen Informationen im Internet (z.B. auf www.gematik.de) ist ausreichend. Die gematik verfährt entsprechend (www.fachportal.gematik.de/zulassungs-bestaetigungsuebersichten; abgerufen...

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