Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bildung und Teilhabe. Anspruch auf außerschulische Lernförderung. sonderpädagogischer Förderbedarf. inklusive Schule. individuelles Lernziel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wesentliche Lernziele iS des § 28 Abs 5 SGB 2 bestimmen sich nach den schulrechtlichen Bestimmungen und beinhalten auch die Erreichung eines ausreichenden Leistungsniveaus.

2. Bei Schülern, die aufgrund sonderpädagogischen Förderbedarfs voraussichtlich lernzieldifferent beschult werden, sind gemäß den Grundsätzen der inklusiven Schule (hier: § 4 NSchG = juris: SchulG ND) die individuellen Lernziele maßgeblich.

 

Tenor

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin seit Antragstellung am 21.09.2012 bis zum 26.06.2013 (letzter Schultag vor den Sommerferien) gegen entsprechenden Nachweis Kosten in Höhe von maximal 10,- EUR pro Stunde für jeweils 2 Wochenstunden außerschulische Einzelförderung bei E., F., in den Fächern Deutsch und Mathematik (zusammen 4 Wochenstunden) zu erstatten. Die Leistungsgewährung erfolgt vorläufig und steht unter dem Vorbehalt der Rückforderung.Es wird klargestellt, dass die Leistungen durch den Antragsgegner nur solange erbracht werden, wie vorgehende Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch durch den zuständigen Träger nicht erbracht werden.

Es wird weiterhin klargestellt, dass der Antragsgegner Leistungen nur insoweit erbringt, wie die Förderung tatsächlich in Anspruch genommen worden ist.

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten in vollem Umfang zu erstatten.

 

Gründe

I. Die am 12.08.2000 geborene Antragstellerin besucht derzeit die 4. Klasse der Grundschule G ... Bereits bei der Einschulung wurde sie um ein Jahr zurückgestellt. Im Jahr 2009 sprach die Grundschule G. die Empfehlung aus, bei der Antragstellerin sonderpädagogischen Förderbedarf nicht festzustellen, da trotz Auffälligkeiten in Teilbereichen der Sprache, der Motorik und eingeschränkt im Lernbereich Mathematik eine umfassende, langandauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu beschreiben sei. Die Auffälligkeiten könnten bei entsprechender Förderung in der Grundschule und im Elternhaus ausgeglichen werden. Im Schuljahr 2010/2011 durchlief die Antragstellerin die dritte Klasse. Im Zeugnis vom 06.07.2011 erhielt sie aufgrund eines Nachteilsausgleichs im Fach Mathematik keine Note. Im Fach Deutsch wurden ihr schwach ausreichende Leistungen bescheinigt. Auf Antrag ihrer Eltern wiederholte die Antragstellerin das 3. Schuljahr. Im Halbjahreszeugnis 2011/2012 vom 27.01.2012 erhielt die Antragstellerin im Fach Deutsch die Note 4 und im Fach Mathematik die Note 5. Im Jahreszeugnis vom 20.07.2012 erhielt sie im Fach Deutsch die Note 4 und im Fach Mathematik ebenfalls die Note 4, wobei sich die Bewertung in diesem Fach im Rahmen eines Nachteilsausgleichs an den Unterrichtsinhalten des 2. Schuljahres orientierte. Derzeit läuft ein Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs bei der Antragstellerin. Am 19.11.2012 sprach die Förderkommission der Grundschule einstimmig die Empfehlung aus, sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen bei der Antragstellerin festzustellen und eine lernzieldifferente Beschulung an der Grundschule G. durchzuführen Bereits am 13.02.2012 beantragte die Antragstellerin durch ihre Mutter ergänzende Lernförderung beim Antragsgegner. Sie legte einen von ihrer Klassenlehrerin ausgefüllten Vordruck über die Empfehlung von Lernförderung im Fach Mathematik im Umfang von 2 Wochenstunden für 3 Monate vor. Der Zeitraum "3 Monate" ist der längste auf dem Vordruck vermerkte Zeitraum. Der Antragsgegner lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 02.03.2012 ab. Er begründete seine Ablehnung damit, dass die beantragte Lernförderung nicht dazu dienen könne, eine vorübergehende Lernschwäche zu beheben. Denn es liege kein vorübergehendes Defizit im Fach Mathematik vor, sondern es bestünden seit Beginn der Schulzeit Schwierigkeiten. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Bescheid vom 24.04.2012 zurück. Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob die Antragstellerin am 30.04.2012 Klage (S 28 AS 337/12). Zu Beginn des 4. Schuljahres (August 2012) stellte die Antragstellerin nach eigenem, vom Antragsgegner unwidersprochenen Bekunden erneut einen Antrag auf ergänzende Lernförderung beim Antragsgegner. Diesen Antrag hat der Antragsgegner nach Kenntnis der Kammer bis dato nicht beschieden. Am 21.09.2012 hat die Antragstellerin vorliegenden Antrag auf Erlass einer gerichtlichen einstweiligen Anordnung auf Übernahme der Kosten für eine Lernförderung durch E. gestellt. Im Rahmen des gerichtlichen Eilrechtsschutzverfahrens hat die Antragstellerin eine Bescheinigung ihrer Klassenlehrerin zur Notwendigkeit außerschulischer Lernförderung in den Fächern Deutsch und Mathematik vorgelegt. Verwendet wurde der Vordruck des Antragsgegners. Die Antr...

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