Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Übernahme von Bestattungskosten. kein Verweis auf Feuerbestattung. ortsübliche und angemessene Bestattung. erforderliche Kosten

 

Orientierungssatz

1. Erforderliche Kosten einer Bestattung iS des § 74 SGB 12 sind die Kosten, die üblicherweise für eine würdige, den örtlichen Gepflogenheiten entsprechende einfache Bestattung anfallen, nicht die Aufwendungen für eine standesgemäße Beerdigung.

2. Der Sozialhilfeträger darf den Hilfebedürftigen nicht auf eine kostengünstigere Feuerbestattung oder gar eine anonyme Bestattung verweisen.

3. Was ortsüblich und angemessen ist, bestimmt sich unter anderem nach den einschlägigen friedhofsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere nach der jeweiligen maßgeblichen Friedhofssatzung. Zu den erforderlichen Kosten einer Bestattung zählen mindestens die Aufwendungen für Leichenschau, Leichenbeförderung, notwendige behördliche Amtshandlungen, Sargträger, Totengräber, ein einfacher Sarg, Kranz und einfacher Blumenschmuck, Friedhofsgebühren für Reihengrabstätten und Urnengemeinschaftsgrabstätten, Waschen, Kleiden und Einsargen des Verstorbenen, Trauerfeier incl. Geläut, Musik und Redner, Herrichten der Grabstätte incl. Erstbepflanzung und einfachem Grabstein sowie im ländlich-kleinstädtischen Bereich die Kosten einer bescheidenen Todesanzeige. Bei einer Feuerbestattung sind die Kosten der Einäscherung, die Kosten für Urnenträger sowie für die Urne zu berücksichtigen. Inkasso- oder Zwangsvollstreckungskosten, die dadurch entstanden sind, dass der Verpflichtete die ihm vom Bestattungsunternehmen, der Friedhofsverwaltung oder anderen in Rechnung gestellten erforderlichen Kosten der Bestattung nicht zahlen konnte und der Sozialhilfeträger diese Kosten nicht rechtzeitig akzeptiert bzw darlehensweise oder unter Widerrufsvorbehalt übernommen hat, sind ebenfalls als erforderliche Kosten der Bestattung anzusehen.

4. Der Begriff der erforderlichen Kosten einer Bestattung iS des § 74 SGB 12 umfasst stets die Tarife der Bestattungsunternehmen einer Region, die einerseits alle Elemente einer würdigen, den örtlichen Gepflogenheiten entsprechenden einfachen Bestattung umfassen und andererseits darüber nicht hinausgehen und die vom Bestattungsverpflichteten ohne Hinweis auf seine Sozialhilfebedürftigkeit oder sonstige Offenlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber dem Bestattungsunternehmen in Anspruch genommen werden können.

 

Tatbestand

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 13.06.2006 und des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2006 verurteilt, dem Kläger 779,04 € für die Kosten der Bestattung seiner Mutter G. F. zu gewähren.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg. Sie ist sowohl zulässig als auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 13.06.2006 und der Widerspruchsbescheid vom 13.10.2006 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat aus § 74 Sozialgesetzbuch - Zwölfter Teil (SGB XII) einen Anspruch gegen den Beklagten auf die Gewährung weiterer 779,04 € für die Kosten der Bestattung seiner Mutter G. F.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Bestattungskosten, die der Kläger aufgrund der Bestattung seiner Mutter G. F. über den Wert des vorhandenen Nachlasses hinaus zu tragen hatte, vor.

Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass der Beklagte der zuständige Träger der Sozialhilfe für die Übernahme der Bestattungskosten ist, dass der Kläger zur Bestattung seiner Mutter Verpflichteter im Sinne des § 74 SGB XII ist und dass dem Kläger aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Tragung der Bestattungskosten nicht zugemutet werden kann.

Streitig ist zwischen den Beteiligten allein die Höhe der erforderlichen Kosten der Bestattung der Mutter des Klägers.

Erforderliche Kosten einer Bestattung im Sinne von § 74 SGB XII sind die Kosten, die üblicherweise für eine würdige, den örtlichen Gepflogenheiten entsprechende einfache Bestattung anfallen, nicht die Aufwendungen für eine standesgemäße Beerdigung. Angemessenen Wünschen des Verstorbenen bzw. Bestattungsverpflichteten nach einer bestimmten Bestattungsart ist regelmäßig und insbesondere dann zu entsprechen, wenn sie den religiösen Bindungen des Verstorbenen entsprechen. Der Sozialhilfeträger darf nicht generell auf eine etwa kostengünstigere Feuerbestattung oder gar eine anonyme Bestattung verweisen werden. Der Eindruck eines Armenbegräbnisses bzw. Armengrabes ist zu vermeiden. Was ortsüblich und angemessen ist, bestimmt sich unter anderem nach den einschlägigen friedhofsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere nach der jeweiligen maßgeblichen Friedhofssatzung. Zu den erforderlichen Kosten einer Bestattung zählen demnach mindestens die Aufwendungen für Leichenschau, Leich...

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