Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelbedarfe im Jahr 2022. einstweiliges Rechtsschutzverfahren

 

Orientierungssatz

Anhaltspunkte dafür, dass trotz der Neufestsetzung des Regelbedarfs 2017 einschließlich der Fortschreibung gemäß § 7 RBEG und der weiteren Fortschreibungen gemäß § 28a Abs 2 SGB 12 eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen entstanden wäre, auf die der Gesetzgeber durch eine Neufestsetzung des Regelbedarfs hätte reagieren müssen (vgl BVerfG vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua = BVerfGE 137, 34 = SozR 4-4200 § 20 Nr 20, RdNr 144), sind für das Jahr 2022 bisher nicht ersichtlich.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Antragsteller begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Bewilligung höherer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende Sozialgesetzbuch -Zweites Buch-(SGB II) für den Zeitraum 01.01.2022 bis zum 30.04.2022.

Die Antragsteller beziehen laufend Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Zuletzt wurde den Antragstellern mit Bescheid vom 30.07.21, in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13.08,2921, 27.11.2021 und 29.01.21 für den Zeitraum September 2021 bis April 2022 Leistungen nach dem SGB II bewilligt.

Zwischen den Beteiligten war in zwei Widerspruchsverfahren (1. August 2021; 2. September 2021 bis April 2022) die Höhe der Leistung nach dem SGB II streitig. Im Widerspruchsverfahren erließ der Beklagte zwei Änderungsbescheide und erklärte sich zu einer Kostenübernahme der den Klägern im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten der Rechtsverfolgung zu 10 % einverstanden. Im Übrigen wies der Beklagte die Widersprüche mit einem Widerspruchsbescheid vom 1.12.2021 als unbegründet zurück, insbesondere bestünden keine rechtlichen Bedenken hinsichtlich der gerügten Höhe der anerkannten Regelbedarfe, die seitens des Prozessbevollmächtigten als verfassungswidrig erachtet werden würden. Der SGB II Träger sei nicht befugt, die getroffenen Anordnungen hinsichtlich der Höhe der Leistung für Regelbedarf außer Acht zu lassen. Nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz sei die vollziehende Gewalt bei der Durchführung der übertragenen Aufgaben an Gesetz und Recht gebunden.

Hiergegen richtet sich die am 2.12.2021 unter dem Aktenzeichen S 43 AS 762/21 erhobene Klage, die derzeit in der erkennenden Kammer anhängig ist.

Darüber hinaus hat sich der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller am 29.1.2021 mit der Bitte um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes an das Sozialgericht A. gewendet. Zur Begründung führt er aus, dass die den Antragstellern ab dem 1.1.2022 zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel nicht ausreichen würden ihr sozialkulturelles Existenzminimum sicherzustellen. Dies beruhe auf der im Rahmen des Klageverfahrens bereits behaupteten Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe, insbesondere aber auch darauf, dass die Regelbedarfe ab dem 1.1.2022 nur in geringem Umfang erhöht worden seien, obwohl seit ca. sechs Monaten eine erhebliche Inflationsrate zu verzeichnen sei. Die Regelbedarfe für einen alleinstehenden Erwachsenen hätten bis zum anderen 31.12,21 monatlich 446 € betragen und sich zum 1.1.2022 auf monatlich 449 € erhöht die Stelle eine Erhöhung um 0,76 % dar. Maßgeblich in diesem Zusammenhang sei die Regelung des § 28 Abs. 1 SGB XII, demnach werde die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt, wenn die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbraucherstrichprobe vorlägen. § 28 a SGB XII regele die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen. Maßgeblich sei hier die Veränderungsrate, die sich aus der Veränderung in den letzten zwölf Monaten des Jahres welches mit dem 1. Juli des vor Vorjahres beginnt und mit dem 30. Juli des Vorjahres endet. Die Regelbedarfsveränderung auf 449 € sei damit auf die Veränderungsrate des Zeitraumes 1.7.2020 bis zum 30.06.2021 zurückzuführen. Der Entwicklung der Inflationsrate sei aber zu entnehmen, dass unmittelbar im Anschluss an diesen Zeitraum nämlich ab dem 1.7.2021 in Deutschland die Inflationsrate nahezu explodiert sei. Die Inflationsrate habe im September 2021 4,1 %, im Oktober 4,5 % betragen im November 2021 sogar 5,2 %. Die Antragsteller berufen sich diesbezüglich auf das verfassungsrechtliche kurze Gutachten der C. vom 30.9.2021. In dem Bescheid vom 29.11.2021 sei ersichtlich, dass den Antragstellern einschließlich bis zum 31.12.21 ein Regelbedarf in Höhe von 1841 € gewährt wurde. Die Regelbedarfe ab dem 1.1.2022 würden 1857 € betragen. Dies stelle lediglich eine Erhöhung um 16 € dar. Läge man indes ab dem 1.1.2022 einen Anstieg der Inflationsrate mit 5 % zugrunde, würde dies in der Summe zu monatlichen Regelbedarfen in Höhe von 1933,05 € führen. Die Antragsteller hätten daher ab dem 1.1.2022 eine Differenz in Höhe von monatlich 76,05 € auszugleichen.

Der Eilbedürftigkeit stünde auch nicht entgegen, dass ein Freibetrag auf Erwerbseinkommen ...

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