Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialverwaltungsrecht: Anforderungen an den Inhalt eines Überprüfungsantrags. Prüfumfang des Sozialgerichts bei Sachentscheidung einer Behörde zu einem unzureichenden Überprüfungsantrag

 

Orientierungssatz

1. Ein Überprüfungantrag zur nachträglichen Änderung eines bestandskräftigen Sozialverwaltungsaktes muss mindestens erkennen lassen, auf welchen konkreten Rechtsakt sich der Antrag bezieht und welcher konkrete Rechtsfehler oder welche konkrete fehlerhafte Sachverhaltsgrundlage der Anlass für eine erneute Entscheidung sein soll. Fehlt ein solche Bezug auf einen Einzelfall, sodass die Behörde den Prüfauftrag nicht bestimmen kann, ist die Behörde auch im Rahmen ihrer Pflicht zur Amtsermittlung nicht zur inhaltlichen Entscheidung über den Überprüfungsantrag verpflichtet.

2. Hat eine Behörde aufgrund eines nicht ausreichend konkreten Überprüfungsantrags den Antrag nicht mangels ausreichender Substanz sondern im Ergebnis einer Sachentscheidung abgelehnt, ist das Sozialgericht im gerichtlichen Verfahren über die Ablehnung des Antrags nicht verpflichtet, selbst in eine Sachprüfung einzusteigen.

 

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Zugunstenverfahren über einen Anspruch der Klägerin auf höhere passive Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 01. September 2015 bis zum 31. August 2016.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 2 (dort unter „I.“ bis vor „II.“) des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 01. Dezember 2016, mit dem dieser den Widerspruch der Klägerin vom 04. Oktober 2016 gegen die ablehnende sozialverwaltungsbehördliche Entscheidung des Beklagten vom 23. September 2016 als unbegründet zurückgewiesen hat. Wegen der Begründung des Beklagten verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 2 (dort unter „II.“) bis Seite 3 (dort bis zu dem Wort „Rechtsbehelfsbelehrung“) des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 01. Dezember 2016.

Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2016 - bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangen am 21. Dezember 2016 - hat die Klägerin bei dem erkennenden Gericht Klagen erhoben, mit der sie ihr auf die Gewährung höherer Leistungen nach den Bestimmungen des SGB II weiter verfolgt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, die Kosten der Unterkunft und Heizung seien angemessen, die Wohnung der Klägerin sei kleiner als 50 Quadratmeter. Der durchschnittliche Mietzins der Wohnungen in Schwedt (Oder) sei höher als diejenigen Werte, die der Beklagte zugrunde lege. Im Übrigen habe der Überprüfungsantrag die Prüfverpflichtung des Beklagten ausgelöst, weil der zu überprüfende Zeitraum konkret angegeben worden sei.

Die Klägerin beantragt (nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),

den Beklagten unter Aufhebung seiner mit dem Bescheid vom 23. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2015 verlautbarten ablehnenden Verfügung zu verpflichten, die für den Zeitraum vom 01. Juli 2015 bis zum 31. August 2016 verlautbarten bewilligenden Verfügungen zu ändern und der Klägerin für diesen Zeitraum höhere Leistungen nach den Bestimmungen des SGB II zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, der Klägerin stünden nach der ordnungsgemäß erfolgten Kostensenkungsaufforderung lediglich noch die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung zu. Die von dem Beklagten hierfür zugrunde gelegten Angemessenheitswerte beruhten in rechtmäßiger Weise auf dem ab dem 01. Juli 2015 geltenden Mietspiegel der Stadt Schwedt (Oder).

Das Gericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 10. Februar 2020 sowie mit Verfügung vom 15. September 2020 zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhaltes auf den Inhalt der Prozessakte sowie auf die die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgängen des Beklagten Bezug genommen, die vorlagen und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe

Die Klagen, über die die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden konnte, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten gemäß § 105 Abs 1 S 2 SGG zuvor mit der gerichtlichen Verfügung vom 10. Februar 2020 sowie mit der gerichtlichen Verfügung vom 15. September 2020 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht - ebenso wi...

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