Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. hausarztzentrierte Versorgung. Schiedsspruch zur Festlegung des Vertragsinhalts. kein Verwaltungsakt. gerichtliche Überprüfung. Leistungsklage in Form der Ersetzungsklage. Anwendung der nach § 132a Abs 2 SGB 5 aufgestellten Grundsätze. Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs vom 13.2.2012

 

Orientierungssatz

1. Ein Schiedsspruch zur Festlegung des Vertragsinhalts eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung stellt keinen Verwaltungsakt dar.

2. Bei der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Schiedssprüchen gem § 73b Abs 4a SGB 5 ist grundsätzlich die Leistungsklage in Form der Ersetzungsklage gemäß § 69 Abs 1 S 3 SGB 5 iVm §§ 317 Abs 1, 319 Abs 1 S 2 BGB einschlägig.

3. Zur Anwendung der nach § 132a Abs 2 SGB 5 aufgestellten Grundsätze bei der gerichtlichen Überprüfung von Schiedssprüchen nach § 73b Abs 4 S 1 SGB 5.

4. Der Schiedsspruch vom 13.2.2012 zur Festlegung des Vertragsinhalts zur hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b Abs 4 S 1 SGB 5 verstößt weder gegen das Gebot der Selbsttragung eines Wahltarifs, noch gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot sowie gegen den Grundsatz der Wahrung der Beitragssatzstabilität und das Datenschutzrecht.

Des Weiteren ist er wegen der Festsetzung eines sogenannten Vollversorgungsvertrages , der Begründung eines unmittelbaren Abrechnungsverhältnisses zwischen Krankenkasse und Hausärzten und des Umstandes, dass alle an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen Hausärzte an dem festgesetzten Vertrag teilnehmen können, nicht unbillig.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 21.03.2018; Aktenzeichen B 6 KA 44/16 R)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Sprungrevision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Schiedsspruch vom 13.02.2012 zur Festlegung des Vertragsinhaltes eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung gem. § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V. Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Schiedsspruches bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Unbilligkeit.

Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse. Der Beklagte ist ein Zusammenschluss von hausärztlich tätigen Ärzten in Bayern und vertrat zum Zeitpunkt des Schiedsverfahrens mehr als 74% aller in Bayern tätigen Allgemeinärzte (Stand 03.01.2012).

Die Beteiligten schlossen am 12.02.2009 einen Vertrag zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gem. § 73b SGB V, geändert durch Änderungsvereinbarung vom 03.09.2009, der zum 01.04.2009 zu laufen begann (im Folgenden: “HzV-Altvertrag„).

Am 26.09.2009 schloss die Klägerin mit der BVKJ-Service GmbH, einer Gesellschaft des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), einen “Vertrag zur Durchführung einer pädiatriezentrierten Versorgung„ gem. § 73b SGB V ab (im Folgenden: “PzV-Vertrag„), der am 06.12.2011 mit Wirkung zum 01.01.2012 geändert wurde.

Nachdem der frühere Vorstand des Beklagten Ende 2010 alle Hausärzte Bayerns zum Systemausstieg aufrief, kündigte die Klägerin den HzV-Altvertrag mit Wirkung zum 31.12.2010. Einstweilige Rechtsschutzanträge des Beklagten zur Fortführung des HzV-Altvertrages blieben erfolglos.

Anschließende Gespräche in Form von mindestens 15 “Verhandlungs-„ bzw. “Gesprächsrunden„ der Beteiligten zwischen Januar und Juli 2011 zur Fortsetzung bzw. zum Neuabschluss eines Vertrages zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung brachten keine Ergebnisse. Der Beklagte erklärte mit Schreiben vom 05.08.2011 die Verhandlungen für gescheitert und beantragte die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach § 73b Abs. 4a Satz 1 SGB V. Die Beteiligten konnten eine Einigung über eine Schiedsperson nicht erreichen. Das BayStMUG bestimmte daraufhin mit Bescheid vom 22.09.2011 Herrn Dr. D. als Schiedsperson in den Vertragsverhandlungen zwischen den Beteiligten.

Im Rahmen des Schiedsverfahrens nahmen die Beteiligten ausführlich Stellung.

Mit Schiedsspruch vom 13.02.2012 setzte die Schiedsperson aufgrund der mündlichen Verhandlungen vom 11.01.2012, 24.01.2012 und 31.01.2012 den Vertragsinhalt des Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung gem. § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V fest (im Folgenden: “HzV-Vertrag„). Der HzV-Vertrag trat am 15.02.2012 in Kraft und wurde zum 01.07.2012 finanzwirksam (§ 17 Abs. 1 HzV- Vertrag).

Zur Begründung führte die Schiedsperson u.a. an, dass der Inhalt eines Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festzusetzen gewesen sei. Der HzV-Vertrag sei in Anwendung des § 73b SGB V in der bis zum 21.09.2010 geltenden Fassung festzusetzen gewesen, da es sich um einen Anschlussvertrag, mithin nicht um einen “Neuvertrag„ handele. Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund des HzV-Altvertrages durch die Klägerin zum 31.12.2010 stehe der Wertung als Anschlussvertrag nicht entgegen. Der Begriff der Anschlussvereinbarung in § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V sei nicht in dem Sinne zu verstehen, dass ein neuer HzV-Vertrag an den früheren HzV-Vertrag in zeitlicher Hinsicht anknüpfen müsse. Der Begriff der...

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