Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. 14 Monatsbeträge für ein Elternteil. alleiniges Sorgerecht. freiwillige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts. keine Erforderlichkeit einer familiengerichtlichen Entscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Voraussetzungen des ausnahmsweisen Bezuges von Elterngeld für die Dauer von 14 Monaten nach § 4 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 1. Alt. liegen vor, wenn der eine Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht ohne Einschränkungen auf den anderen Elternteil übertragen hat.

2. Es bedarf keiner Entscheidung des Familiengerichts nach § 1671 BGB, da § 4 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 1. und 2. Alt. BEEG nicht kumulativ sondern alternativ verknüpft sind.

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 8. November 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2011 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Elterngeld für die Tochter M...für den 13. und 14. Lebensmonat zu gewähren.

3. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

STREITIG IST DIE GEWÄHRUNG VON ELTERNGELD FÜR DEN 13. UND 14. LEBENSMONAT.

Die ... in Deutschland geborene Klägerin ist Mutter der am ... in ... geborenen ... Der in ... geborene Vater des Kindes ...lebte und lebt in ... Am 21. Oktober 2009 beantragte die Klägerin Elterngeld für den 1. - 12. Lebensmonat des Kindes. Diesem Antrag entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 30. Dezember 2009 und bewilligte Elterngeld bis zum 13. Oktober 2010.

Am 19. Oktober 2010 beantragte die Klägerin die Weitergewährung des Elterngeldes für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes. Sie machte geltend, sie lebe von ihrem Ehemann getrennt, der sich weiterhin in ... aufhalte und habe ein Verfahren auf Ehescheidung eingeleitet. Sie fügte eine vom Ehemann der Klägerin unterzeichnete Erklärung mit dem folgenden Wortlaut bei:

“Hiermit erkläre ich, dass das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für unsere Tochter ..., geboren ... bei der Mutter ... ist; Herewith I declare, that the right to ascertain the abidance alone for our daughter ..., born ... is with the mother, ... born ...

Beigefügt war auch der Antrag auf Scheidung bei dem Familiengericht am Amtsgericht Bad Segeberg vom 4. Mai 2010.

Mit Bescheid vom 8. November 2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Verlängerung des Elterngeldes über den 12. Lebensmonat hinaus mit der Begründung ab, der alleinige Bezug von Elterngeld durch einen Elternteil für die Dauer von 14 Monaten komme nur ausnahmsweise in Betracht. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt. Eine schriftliche Erklärung des Kindesvaters über die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes reiche dabei nicht aus, um die Voraussetzungen der Ausnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 BEEG zu erfüllen. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und wandte ein, die übersandte Erklärung des Kindsvaters sei rechtswirksam, da sie den Fall der tatsächlichen Verhinderung im Sinne des § 1674 BGB dokumentiere. Der Kindsvater habe keinen Kontakt und auch keinerlei Beziehung zu seinem Kind. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Ausnahmeregelung von § 4 Abs. 3 Ziff. 1 BEEG so zu verstehen sei, dass diese auch bei tatsächlicher Unmöglichkeit vorliege und keiner Gerichtsentscheidung bedarf.

Mit Bescheid vom 1. Februar 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Erklärung eines Elternteils, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den anderen Elternteil zu übertragen, habe nicht zur Folge, dass die Voraussetzungen eines 14monatigen Elterngeldanspruchs gemäß § 4 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 BEEG erfüllt wären. Die elterliche Sorge könne zwar zur Ausübung übertragen werden, dies genüge jedoch nicht den Anforderungen des § 4 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 BEEG.

Dagegen richtet sich die am 28. Februar 2011 bei dem Sozialgericht Lübeck erhobene Klage. Die Klägerin wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und macht ergänzend geltend, der Ehemann sei tatsächlich an der Ausübung der elterlichen Sorge verhindert, so dass schon nach der gesetzlichen Regelung in § 1678 Abs. 1 BGB der andere Elternteil, also hier die Klägerin, das Sorgerecht allein ausübe. Die Einreichung einer einstweiligen Anordnung sei nicht erforderlich.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 8. November 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin antragsgemäß Elterngeld für die Tochter ... für den 13. und 14. Lebensmonat zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf den Widerspruchsbescheid.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. März 2013 haben die Gerichts- und die Verwaltungsakte vorgelegen. Darauf wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden. Die Klage ist auch begründet, denn die Beklagte hat zu Unrecht den Anspruch der Klägerin auf zwei weitere Monate Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat ihrer Tochter abgelehnt. Der angefochtene Bescheid vom 8. November 2010 in ...

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