Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung des Arbeitslosengeld II. Nichtaufnahme einer zumutbaren Arbeit. Verhinderung der Anbahnung eines befristeten achtmonatigen Arbeitsverhältnisses. Zumutbarkeit der Sonntagsarbeit. kein Anspruch auf anteilige Sonntagsfreistellung im Befristungszeitraum

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 11 Abs 1 ArbZG verlangt bei einem auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnis keine anteilige Sonntagsfreistellung innerhalb des Befristungszeitraums.

2. Innerhalb der durch § 11 Abs 1 ArbZG vorgegebenen Grenzen ist auch eine regelmäßige Sonntagsarbeit zumutbar im Sinne des § 31 Abs 1 SGB II, so dass deren Ablehnung eine Kürzung der SGB II-Leistungen rechtfertigt.

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine Sanktion nach dem SGB II wegen Nichtannahme eines Arbeitsangebots.

Die alleinstehende Klägerin ist 1960 geboren und Mutter eines erwachsenen Kindes. Seit 2002 war sie arbeitsuchend. Sie bezog (auch) im Zeitraum August 2012 bis Januar 2013 Arbeitslosengeld II.

Mit Schreiben vom 22.08.2012 schlug ihr der Beklagte eine vom 03.09.2012 bis 15.04.2013 befristete Arbeitsstelle als Mitarbeiterin für Imbissgastronomie, Kasse und Schlittschuhverleih in der H... des Eissportvereins A... e.V. vor. Akzeptanz von Schicht- und Wochenendarbeit sei nötig. Beigefügt war die Rechtsfolgenbelehrung, wenn die Klägerin nicht bereit wäre, die ihr zumutbare Arbeit aufzunehmen, würde sich ihr individueller Arbeitslosengeld II-Bedarf um 30 % des für sie maßgebenden Regelbedarfs mindern. Die Minderung würde nicht eintreten, wenn die Klägerin einen wichtigen Grund für ihr Verhalten nachweisen würde. Die Feststellung der Minderung wäre nur innerhalb von sechs Monaten ab der Pflichtverletzung zulässig. Der Auszahlungsanspruch würde sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Bescheids folgt, für drei Monate mindern. Während des Absenkungszeitraums bestünde kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Sanktion hätten keine aufschiebende Wirkung.

Die Klägerin bewarb sich am 28.08.2012. Innerhalb der nächsten Tage fand ein Vorstellungsgespräch mit Frau C..., der Schatzmeisterin des Eissportvereins, statt. Darin zeigte diese Interesse an einer Einstellung der Klägerin, insbesondere weil die Klägerin bereits an der Kasse einer Tankstelle und in der Gastronomie gearbeitet hatte. Der Verein erwartete achtstündige tägliche Arbeitszeiten nur an den Wochentagen Mittwoch bis Sonntag nach einem Schichtplan für insgesamt sechs bis sieben Mitarbeiter, wobei die H... nur freitags und samstags bis 24:00 Uhr geöffnet war, grundsätzlich auch an gesetzlichen Feiertagen. Mündlich wurde zugesagt, die Klägerin dürfe für den Zeitraum 11. (Sonntag) bis 22.11.2012 bereits gebuchten Urlaub nehmen; der Resturlaub könne aber erst nach dem 31.03.2013 gewährt werden. Zuschläge für Nacht-, Wochenend-, Sonntags- oder Feiertagsarbeit wurden nicht angeboten. Das Gespräch endete mit einem Einstellungsangebot in ein Vollzeitarbeitsverhältnis. Der Arbeitsvertrag sollte am 03.09.2012 unterschrieben und am gleichen Tag die Tätigkeit bei einer Raumtemperatur von ca. 7°C aufgenommen werden; im Imbiss und an der Kasse befanden sich Heizungen, den Mitarbeitern wurden gesteppte Jacken und Vlieswesten zur Verfügung gestellt. An diesem Tag teilte die Klägerin jedoch dem potentiellen Arbeitgeber telefonisch mit, die Stelle nicht antreten zu wollen. Am folgenden Tag gab die Klägerin dem Beklagten hierfür telefonisch als Gründe an, sie lehne die Arbeitsstelle aufgrund der hauptsächlich am Wochenende liegenden Arbeitszeit und der negativen Stimmen zum Arbeitgeber, die sie in ihrem Umfeld gehört habe, ab.

Mit Schreiben vom 25.09.2012 wurde sie zu einer beabsichtigten Sanktion angehört. Daraufhin äußerte sie sich unter dem 02.10.2012 wie folgt: Durch die nur achtmonatige Tätigkeit hätte sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I erworben. Sie hätte immer von Mittwoch bis Sonntag in der Spätschicht arbeiten müssen, d.h. abends bis zwischen 20:00 und 22:00 Uhr, sonnabends sogar bis mindestens 24:00 Uhr. Sie hätte nie ein freies Wochenende gehabt. Es hätte auch keine Wochenendzuschläge gegeben. Außerdem hätte sie Probleme mit der Kälte bekommen.

Der Beklagte senkte daraufhin die Leistungen mit Bescheid vom 17.10.2012 für die Monate November 2012 bis Januar 2013 i.H.v. 30 % des für die Klägerin maßgebenden Regelbedarfs, also von 112,20 € monatlich, ab.

Am 01.11.2012 erhob die Klägerin dagegen Widerspruch. Darin ergänzte sie, bei Annahme des Arbeitsangebots wäre es fraglich gewesen, ob sie Weihnachten mit ihrer Familie hätte feiern können. Den Widerspruch wies der Beklagte am 27.11.2012 zurück. Zum Argument der Klägerin, sie hätte Probleme mit der Kälte in der Eissporthalle bekommen, wird ausgeführt, die Klägerin habe nicht vorgetragen, inwiefern sie durch das Arbe...

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