Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Kostenübernahme für eine Psychotherapie. Leistungen bei Krankheit. nur bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen. sonstige Leistungen. Unerlässlichkeit für die Sicherung der Gesundheit. restriktive Auslegung. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Chronisch erkrankte Leistungsberechtigte nach § 1 Abs 1 AsylbLG haben regelmäßig keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten einer Psychotherapie.

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Übernahme von Kosten, die für eine ambulante Psychotherapie der Klägerin im Beratungs- und Behandlungszentrum für Flüchtlinge und Folteropfer B-Stadt (Refugio B-Stadt) im Zeitraum Juli 2013 bis Dezember 2014 entstanden sind.

Die 1968 geborene Klägerin, nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehörigkeit, stellte am 19. September 2011 nach Einreise in das Bundesgebiet einen Asylantrag; in der Folge erhielt sie vom Beklagten und später ab 04. August 2014 vom Beigeladenen zu 1) Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Dieses (erste) Asylverfahren blieb für die Klägerin nach rechtskräftigem Urteil des Ver-waltungsgerichts Regensburg vom 04. Mai 2012 (Az.: RN 5 K 12.30056) ohne Erfolg; seit dem 31. Juli 2012 verfügt sie über eine Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Am 16. Dezember 2012 stellte die Klägerin einen Asyl-Folgeantrag.

Am 22. Februar 2013 beantragte das bevollmächtigte Refugio B-Stadt beim Beklagten die Übernahme der Kosten (Fahrkosten, Dolmetscherkosten, psychotherapeutische Behandlung) eine Psychotherapie für die Klägerin im Umfang von insgesamt 40 Stunden unter Verweisung auf ein Gutachten der Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. L. ("Ärztliche Stellungnahme zur Vorlage bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge" vom 16. November 2012); diese habe bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen diagnostiziert:

* posttraumatische Belastungsstörung,

* depressive Störungen, gegenwärtig schwere depressive Episode,

* Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung.

Aufgrund der Schwere der Erkrankungen bestünde eine dringende Behandlungsbedürftigkeit.

Dieses Vorbringen unterzog der Beklagte einer Überprüfung durch das staatliche Gesundheitsamt C-Stadt; danach handle es sich bei den diagnostizierten Gesundheitsstörungen der Klägerin um keine Akuterkrankungen. Bei einer Ablehnung der beantragten psychotherapeutischen Behandlung sei die Klägerin nicht "unmittelbar an Leib oder Leben gefährdet". Im Übrigen sei bei den gestellten Diagnosen eine ambulante Psychotherapie ohnehin nicht die adäquate Therapieoption. Bei einer derartigen Bedarfslage wäre eine stationäre Behandlung in einer entsprechenden Fachklinik notwendig. Für ambulant durchzuführende stützende Gespräche und - falls erforderlich - für die Einleitung einer entsprechenden psychopharmakologischen Behandlung stünden ausreichende Therapiemaßnahmen vor Ort zur Verfügung. Bei einer krisenhaften Zuspitzung der psychischen Situation könne jederzeit eine stationäre Behandlung im nahegelegenen Bezirkskrankenhaus M. (Fachklinik für Psychiatrie) durchgeführt werden (Schreiben des Medizinaldirektors Dr. Z. vom 04. März 2013).

Mit Bescheid vom 05. März 2013 lehnte der Beklagte den Antrag ab und verwies zur Begründung auf die amtsärztliche Stellungnahme. Hieraus sei ersichtlich, dass die Klägerin an keiner Akuterkrankung leide und die beantragte Maßnahme zur Sicherung der Gesundheit der Klägerin nicht unerlässlich sei. Gegen diesen Bescheid wurde kein Widerspruch eingelegt.

Am 01. August 2013 beantragte die Klägerin abermals die Übernahme der Kosten einer Psychotherapie im Umfang von 40 Stunden. Zur Begründung führte die Klägerin aus, dass sie "unter einer sehr starken psychischen Belastung aufgrund der traumatisierenden Erlebnisse in der Vergangenheit" leide, und brachte zugleich einen von Refugio B-Stadt am 26. Juli 2013 erstellten "Therapieplan" in Vorlage. Dort wird ausgeführt, dass die Klägerin bereits seit dem 19. April 2013 in (wöchentlicher) Einzeltherapie behandelt werde. Sie befinde sich zudem in psychosozialer Beratung und ambulanter psychiatrischer Behandlung bei Dr. D. in C-Stadt. Die beantragte Therapie basiere auf einem tiefenpsychologisch orientierten Ansatz der Traumatherapie verbunden mit Elementen der Gesprächspsychotherapie. Infolge der massiven ängstlich-depressiven Symptomatik und der suizidalen Tendenzen liege der Fokus der Therapie auf der Stabilisierung der Patientin. Deshalb stünden die Behandlung ihrer depressiven Symptomatik und der Umgang mit ihrer Angst vor dem "Juju-Zauber" im Vordergrund. Die Behandlung ihrer traumatypischen Symptomatik könne erst erfolgen, wenn sich ihr Zustand stabilisiert habe.

Nach erneuter Einholung einer Stellungnahme des staatlichen Gesundheitsamtes (Schreiben vom 06. August 2013) lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 07. August 2013 ab. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Übernahme der Kosten der beantr...

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