Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung und -berechnung. selbständige Arbeit. Gewinnermittlung. kein Abzug von Betriebsausgaben für die Zuschüsse oder Darlehen nach § 16c SGB 2 gewährt wurden. Abzug der Zins- und Tilgungsraten der Darlehen als Betriebsausgaben

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aufwendungen, für die Darlehen oder Zuschüsse nach § 16c SGB II gewährt worden sind, sind nach § 3 Abs. 3 Satz 4 Alg II-V nicht als Betriebsausgaben oder Investitionen zu berücksichtigen; etwas Anderes gilt für Zins- und Tilgungsaufwendungen des Darlehens.

2. Denkbar ist, dass eine nähere Zweckbestimmung des Darlehens oder Zuschusses die Nichtberücksichtigung auf bestimmte Aufwendungen beschränkt (hier offen gelassen).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte hat ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die endgültige Festsetzung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1955 geborene Kläger zu 1 ist der Ehemann der 1962 geborenen Klägerin zu 2; beide sind Eltern der 2004 geborenen Klägerin zu 3. Im hier maßgeblichen Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2017 lebten sie in einer Haushaltsgemeinschaft. Der Beklagte gewährte mit Bewilligungsbescheid vom 2. Januar 2017 in der Gestalt des Abänderungsbescheides vom 21. Februar 2017 den Klägern zu 1 bis 3 (Januar bis März 2017) bzw. - nach der Gewährung von Altersrente an den Kläger zu 1 - den Klägern zu 2 und 3 (April bis Juni 2017) vorläufig Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 82,89 € (Januar bis März 2017) bzw. 119,55 € (April bis Juni 2017). Die Klägerin zu 2 war in dieser Zeit mit einem Geschäft für Geschenk- und Dekorationsartikel, Seidenblumengestecke und Schmuckkerzenarrangements gewerblich tätig. Bei der vorläufigen Leistungsbewilligung ging der Beklagte von Einkünften in Höhe von monatlich 0,01 € aus.

Der Klägerin zu 2 wurde mit Bescheid vom 10. Januar 2017 ein Darlehen über 4000 € als Förderung nach § 16c SGB II gewährt. Im Bewilligungsbescheid ist ausgeführt: „Ihrem Antrag vom 21.11.2016 auf Darlehen für die Beschaffung von Sachgütern, die für die Ausübung ihrer beruflichen selbständigen Tätigkeit notwendig sind, wird in vollem Umfang stattgegeben.“

In der abschließenden Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) vom 27. Oktober 2017 sind für den genannten Zeitraum Betriebseinnahmen i.H.v. 5052,08 € und Betriebsausgaben in Höhe von 6709,35 €, damit ein Verlust von insgesamt 1657,24 € angegeben worden.

Mit zwei Bewilligungsbescheiden vom 4. Dezember 2017, gerichtet an den Kläger zu 1, auch in Vertretung für die Klägerin zu 3, sowie an die Klägerin zu 2 wurden vom Kläger zu 1 ein Betrag von 34,18 €, von der Klägerin zu 2 ein Betrag von 402,16 € und von der Klägerin zu 3 ein Betrag von 201,00 € zurückgefordert, was den gesamten im Zeitraum Januar bis Juni 2017 gewährten Leistungen entspricht. In der Begründung wurde jeweils ausgeführt, dass über den Leistungsanspruch endgültig entschieden habe werden können. Daher sei festgestellt worden, dass sie keinen Anspruch auf Leistungen hätten. Abweichend zu den Angaben der Kläger in der EKS habe man betriebliche Ausgaben in Höhe des Darlehens von 4000 € nicht, hingegen die Darlehnstilgung von monatlich 182,00 € als Betriebsausgaben berücksichtigt. Die Berechnung sei dem beiliegenden Berechnungsbogen zu entnehmen.

Die Kläger legten hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, das Darlehen sei ein einkommensneutrales Recht, keine Betriebseinnahme und die damit getätigten Anschaffungen keine gewinnmindernden Ausgaben. Es sei für den Aufbau der Firma und nicht für die Sicherung des jeweiligen Lebensunterhaltes gewährt worden. Die Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit seien wieder unmittelbar für Sachgüter (Ware) eingesetzt worden. Man habe sie auch nicht auf die von dem Beklagten vorgenommene Abrechnungsweise hingewiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. August 2018 half der Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als weitere Ausgaben i.H.v. 40,06 € (gezahlte Umsatzsteuer im Mai 2017) berücksichtigt wurden. Insoweit mindere sich die Rückforderungssumme. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass nach § 3 Abs. 3 Satz 4 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) darlehensfinanzierte Ausgaben im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit nicht von den Einnahmen abzusetzen seien.

Die Kläger zu 1 und 2 haben am 18. September 2018 Klage erhoben und haben im Laufe des Gerichtsverfahrens (Schriftsatz vom 14. Januar 2020) darauf hingewiesen, dass ihre Tochter (Klägerin zu 3) Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sei. Zur Begründung führen die Kläger aus, das Darlehen sei zweckgebunden erteilt worden und dürfe nur insoweit berücksichtigt werden, als es tatsächlich für den Wareneinkauf Verwendung gefunden habe. Waren seien im maßgeblichen Zeitraum insgesamt nur i.H.v. 3722,06 € eingekauft worden. Hiervo...

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