Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Hilfebedürftigkeit. Unterhaltsvermutung bei Verwandten. Einkommensbereinigung. Freibetragsberechnung. Unterkunfts- und Heizkosten. Berücksichtigung von Tilgungsleistungen

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der Berechnung des Freibetrags nach § 1 Abs 2 AlgIIV gehören auch Tilgungsleistungen zu den abzugsfähigen Unterkunftskosten.

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 13.06.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 08.08.2007 und der Bescheid vom 07.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.01.2008 und des Änderungsbescheids vom 21.01.2008 werden abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.11.2007 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 322,43 € und für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.01.2008 in Höhe von 337,55 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Frage, in welchem Umfang der Kläger hilfsbedürftig ist und hierbei konkret darüber, ob der Kläger mit seinen Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft lebt und in welchem Umfang, beim Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft, Einkommen der Eltern auf die Leistungen nach dem SGB II anzurechnen ist.

Der 1980 geborene Kläger ist ledig und wohnt mit seinen Eltern, den Zeugen U. und R. A., in einem Einfamilienhaus in B-Stadt. Er hat einen Bruder, der jedoch nicht mehr im Haus seiner Eltern wohnt. Der Kläger ist schwerbehindert. Dem Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit nach Aktenlage vom 07.11.2007 ist zu entnehmen, dass der Kläger unter einer intellektuellen Leistungsminderung, einem Zustand nach Herzoperation im Jahr 2001 bei jetzt ausreichender körperlicher Belastbarkeit, einem Zustand nach schwerer kindlicher Epilepsie und unter schwerer Migräne leidet (Bl. 108 Verwaltungsakte). Der Kläger besuchte eine Art Förderschule und erlernte an dieser Schule das Holzfachwerk. Vom 24.05.2004 bis 12.06.2006 arbeitete der Kläger bei der Firma A.B. in B. als Helfer und erhielt dort ein monatliches Nettogehalt in Höhe von 1.121,62 € (Bl. 126 Gerichtsakte zu S 6 AS 733/07). Vom 13.06.2006 bis 12.06.2007 erhielt er Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 658,20 € (Bl. 133 Gerichtsakte zu S 6 AS 733/07).

Am 21.05.2007 stellte der Kläger einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II.

Mit Schriftsatz vom 21.05.2007 bat die Beklagte den Kläger um die Übersendung der Einkommensbescheinigungen der Eltern und des Bruders und um Belege für die finanziellen Aufwendungen der Eltern für das Haus und für die Kfz-Versicherung sowie um die Glaubhaftmachung der Fahrtkosten der Eltern zur Arbeit (Bl. 16 Verwaltungsakte).

Der Kläger überreichte sodann entsprechende Belege der Eltern. Auf Bl. 18 ff. Verwaltungsakte wird verwiesen. Sein Bruder wohne nicht mehr zu Hause.

Mit Bescheid vom 13.06.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.11.2007 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 116,97 €. Die Beklagte ging hierbei von einer Regelleistung in Höhe von 347,00 € aus, auf welche sie einen Betrag in Höhe von 230,03 € als Einkommen anrechnete. Kosten für Unterkunft und Heizung sind in dem Bescheid nicht ausgewiesen (Bl. 5 ff. Gerichtsakte zu S 6 AS 733/07).

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 26.06.2007 Widerspruch ein und begründete den Widerspruch damit, dass er seinen Lebensunterhalt selbst bestreite, da seine Eltern berufstätig seien. Er verpflege sich selbst. Lediglich zum Kochen und Erwärmen der von ihm selbst gekauften Lebensmittel benutze er die Küche seiner Eltern. Für die mit dem Benutzen der Küche verbundenen Energiekosten zahle er an seine Eltern einen monatlichen Betrag von 20 €. Sein Leistungsanspruch sei daher unabhängig vom Einkommen seiner Eltern zu beurteilen (Bl. 8 Gerichtsakte zu S 6 AS 733/07).

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Ein höherer Anspruch bestehe nicht, weil zu vermuten sei, dass der Bedarf des Klägers in Höhe von monatlich 347,00 € durch Leistungen der Beklagten in Höhe von 116,97 € und durch Leistungen der Eltern in Höhe von 230,03 € gedeckt sei. Die Eltern des Klägers würden ausweislich der Lohnabrechnungen monatlich 4350,24 € brutto und netto unter Berücksichtigung der Freibeträge 2276,99 € verdienen. Davon seien als Kosten der Unterkunft Schuldzinsen in Höhe von 314,24 € abzuziehen. Der Abtrag von 99,76 € auf das Haus, also die über die Zinsen hinausgehende monatliche Tilgung des Darlehens zur Finanzierung des Hauses, könne nicht berücksichtigt werden, da er letztlich einer Vermögensbildung gleichkomme. Weiterhin seien abzuziehen Gebäudeversicherungskosten in Höhe von 14,29 €, Heizkosten in Höhe von 63,75 €, Gemeindeabgaben in Höhe von 44,65 €, so dass man insgesamt zu Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 436,93 € gelange. Nach § 1 Abs. 2 ALG II Verordnung könne erwartet werden, ...

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