Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistung. psychosoziale Betreuung eines opiatabhängigen Beziehers während Substitutionsbehandlung. Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff SGB 12. Zuständigkeit des örtlichen Sozialhilfeträgers mangels unverzüglicher Weiterleitung des Antrages. fehlende Ausführungen zur Notwendigkeit der Leistungen und zum Behandlungskonzept. fehlende Leistungsvereinbarung mit selbst gewählter Einrichtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die begleitende psychosoziale Betreuung eines opiatabhängigen Beziehers von Arbeitslosengeld II während der Substitution mit Methadon unterfällt nach § 16a Abs 2 SGB 2 der Leistungspflicht des SGB II-Leistungsträgers, wenn sie als Leistung der Teilhabe zum Leben in der Gemeinschaft der Verwirklichung einer ganzheitlichen und umfassenden Betreuung und Unterstützung des erwerbsfähigen Leistungsempfängers bei der Eingliederung in Arbeit dient.

2. Sie kann je nach Art, Umfang und Zielsetzung unabhängig vom Bezug von Arbeitslosengeld II und dem Vorliegen von Erwerbsfähigkeit iS des SGB 2 als Leistung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach den §§ 53 ff SGB 12 aber auch die Zuständigkeit des örtlichen Sozialhilfeträgers begründen.

3. Wird der Antrag auf eine psychosoziale Betreuung vom Arbeitslosengeld II-Bezieher beim örtlichen Sozialhilfeträger gestellt und gibt dieser den Antrag nicht rechtzeitig iS von § 14 SGB 9 an das eigentlich für zuständig erachtete Jobcenter ab, hat der Sozialhilfeträger über den Antrag umfassend sowohl nach dem SGB 12 als auch nach dem SGB 2 zu entscheiden; ggf auch darüber, ob eine Krankenbehandlung nach dem SGB 5 vorliegt.

4. In beiden Fällen besteht jedenfalls im einstweiligen Rechtsschutz bereits dann kein Anspruch auf eine solche Betreuung durch eine vom Antragsteller selbst gewählte Einrichtung, wenn trotz ärztlich geltend gemachter Gefahr für Leib und Leben und der pauschalen Androhung eines Abbruches der Substitution durch den substituierenden Arzt Fragen zu den Grundlagen der Substitution, ihrer Kostenträgerschaft und ua des Therapiekonzeptes selbst nicht beantwortet werden und ungeklärt bleiben sowie die konkret individuelle Notwendigkeit einschließlich Art, Umfang und Dauer der beabsichtigten begleitenden psychosozialen Betreuung erst gar nicht nachvollzogen werden kann.

5. Gleiches gilt im einstweiligen Rechtsschutz erst Recht, wenn die gewählte Einrichtung, die die psychosoziale Betreuung erbringen soll, nicht über die für eine solche Leistungserbringung grundsätzlich erforderliche vertragliche Leistungsvereinbarung mit einem Sozialhilfeträger oder aber dem SGB II-Leistungsträger verfügt, gegen die in der Vergangenheit erfolgte Verweigerung einer entsprechenden Leistungsvereinbarung durch die gewählte Einrichtung weder eine Entscheidung der hierfür vorgesehenen Schiedsstelle herbeigeführt noch der Rechtsweg beschritten worden ist und im Übrigen für den Fall der konkret individuell vorliegenden Notwendigkeit einer psychosozialen Betreuung eine solche bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch anerkannt gemeinnützige Dritte, mit denen Leistungsvereinbarungen bestehen, selbst gewährleistet ist, auf die sich der Antragsteller dann zunächst auch zumutbar verweisen lassen muss.

6. Zu möglichen, im einstweiligen Rechtsschutz wegen der Ablehnung des Antrages unbeachtlichen, im Hauptsacheverfahren jedoch ggf zu klärenden Interessenkonflikten, wenn der vertragsärztlich oder auch privat abrechnende, die Substitution verantwortende Arzt, der den Patienten richtlinienkonform in erforderliche, in sein Therapiekonzept einzubeziehende, psychosoziale Maßnahmen allein vermittelnd begleiten soll, zu den Gründungsmitgliedern der gewählten, als eV betriebenen Einrichtung gehört und gleichzeitig deren Vorsitzender ist.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist im einstweiligen Rechtsschutz streitig, ob die Antragsgegnerin verpflichtet ist, dem Antragssteller, der sich nach Aktenlage einer Methadonsubstitution unterzieht, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zusätzlich zu der durch den Vertragsarzt Dr. med. C. erfolgenden Methadonbehandlung eine psychosoziale Betreuung durch den Verein "D. e.V." zu gewähren. Gründungsmitglied und Vorsitzender des Vorstands dieses Vereins ist ebenfalls Dr. med. C. Auch die Räumlichkeiten des Vereins befinden sich unter derselben Anschrift wie dessen Arztpraxis. Weitere Gründungsmitglieder - von sieben - sind schließlich u.a. als zweites Vorstandsmitglied ein weiterer A-Stadt Arzt, ein A-Stadt Apotheker und der Vater und Praxisvorgänger des Dr. med. C.

Den Antrag auf Gewährung einer die Substitutionsbehandlung begleitenden psychosozialen Betreuung durch die Antragsgegnerin, zu erbringen durch den D. e.V., stellte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin als Trägerin der örtlichen Sozialhilfe am Wohnsitz des Antrags...

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