Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung ausländischer Versicherungszeiten eines Spätaussiedlers nach dem FRG in einem Vormerkungsbescheid

 

Orientierungssatz

1. Bei der Rentenauskunft des Rentenversicherungsträgers nach § 109 SGB 6 handelt es sich um eine Wissenserklärung und nicht um die Regelung eines Einzelfalls i. S. des § 31 SGB 10. Sie dient nur der Information. Infolgedessen kann sich der Versicherte gegen die in der Rentenauskunft beschriebene voraussichtliche Rentenhöhe nicht im Rahmen einer Anfechtungsklage wenden.

2. Dagegen stellt der Vormerkungsbescheid des Rentenversicherungsträgers einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar. Verbindlich festgestellt wird damit der Rechtscharakter rentenversicherungsrechtlicher Zeiten sowie deren Umfang. Zugleich ist bei Tatbeständen von Beitragszeiten wegen Beschäftigung auch der jeweils erzielte Verdienst als versichert geltend festgestellt.

3. Die Berücksichtigung ausländischer Versicherungszeiten eines als Spätaussiedler anerkannten Versicherten ist nach § 1a FRG im Fremdrentengesetz geregelt. Für Beitrags- und Beschäftigungszeiten gemäß §§ 15 und 16 FRG sind nach der Vorschrift des § 22 FRG Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 S. 1 SGB 6 zu ermitteln.

4. Die Zuordnung zu Entgeltpunkten (West) oder zu Entgeltpunkten Ost hängt davon ab, ob die Versicherungszeiten im Beitrittsgebiet oder in den alten Bundesländern zurückgelegt worden sind. Abhängig ist dies von dem ersten gewöhnlichen Aufenthalt.

5. Hierzu sind die mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände festzustellen. Es genügt, dass der Betreffende sich an dem Ort oder in dem Gebiet bis auf Weiteres im Sinn eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält.

6. Der erstmalige Aufenthalt in einem Übergangswohnheim gilt nicht als Aufenthalt lediglich vorübergehender Natur. Auch der Aufenthalt in einem Übergangswohnheim ist zukunftsoffen in dem Sinn, dass der Zeitpunkt des Verlassens des Übergangswohnheims ungewiss ist.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Ermittlung von Entgeltpunkten für die vom Kläger in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Versicherungszeiten streitig.

Der am ... in der ehemaligen Sowjetunion geborene Kläger reiste als Spätaussiedler am 1. September 1998 nach Deutschland ein. Zwischen dem 1. bis 8. September 1998 befand er sich in einer Erstaufnahmestelle in Empfingen, Baden-Württemberg. Das Arbeitsamt Nagold bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 4. September 1998 für den Zeitraum 1. bis 8. September 1998 eine Eingliederungshilfe in Höhe von 151,90 DM.

Im Rahmen des Verteilungsverfahrens wurde der Kläger mit seiner Familie dem Bundesland Sachsen zugewiesen und musste daraufhin am 9. September 1998 in die Landesaufnahmestelle Sachsen in Bärenstein umziehen. Von dort wurde die Familie dann am 23. September 1998 in das Übergangswohnheim in Stützengrün, Sachsen, verwiesen.

Am 23. Februar 1999 schloss der Kläger mit der Firma X in Höfen/Enz, Baden-Württemberg ab dem 1. März 1999 einen Arbeitsvertrag ab. Ab dem 12. März 1999 bezog der Kläger mit seiner Familie eine Wohnung in X.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 2. Juni 2014 die Zeiten bis 31. Dezember 2007 verbindlich fest. Seinen ersten Aufenthalt in Deutschland habe der Kläger dabei im Beitrittsgebiet begründet, daher seien die Entgeltpunkte nach dem Beitrittsgebiet zu bemessen. Mit Schreiben vom 2. Juni 2014 übermittelte die Beklagte ihm eine Rentenauskunft.

Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger vor, er habe seinen ersten gewöhnlichen Aufenthalt in Empfingen begründet.

Seinen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchbescheid vom 27. Januar 2015 als unbegründet zurück. Durch das kurzzeitige Verweilen in Empfingen sei kein gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden.

Deswegen hat der Kläger am 17. Februar 2015 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Er trägt vor, bereits der Aufenthalt in Empfingen sei zukunftsoffen gewesen, er habe von Anfang an beabsichtigt, nach Baden-Württemberg zu ziehen.

Der Kläger beantragt -sachdienlich gefasst-,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 2. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheid vom 27. Januar 2015 zu verpflichten, höhere versicherte Entgelte für die in der Zeit von November 1974 bis August 1998 in der Sowjetunion zurückgelegten Beitragszeiten zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt unter Verweis auf ihren Vortrag im Widerspruchverfahren,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1. Soweit der Beklagte die Rentenauskunft vom 2. Juni 2014 angefochten hat, ist die Klage bereits unzulässig. Die Rentenauskunft stellt keinen Verwaltungsakt dar, mit der Folge, dass eine Anfechtungsklage gem. § 54 SGG nicht ...

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