Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs 1 AufenthG 2004. Leistungsanspruch auch bei Verletzung einer Wohnsitzauflage

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verletzung einer Wohnsitzauflage iS des § 12 AufenthG (juris: AufenthG 2004) steht dem Leistungsanspruch eines Ausländers nach dem SGB 2 nicht entgegen.

 

Tenor

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig und vorbehaltlich einer Entscheidung über den Leistungsantrag vom 8. Februar 2010 für den Zeitraum ab dem 1. März 2010 bis zur Entscheidung über den Antrag vom 8. Februar 2010, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2010, Leistungen nach Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Höhe von 1.300,00 Euro je Monat zu gewähren.

Der Antragsgegner hat den Antragstellern die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe gewährt unter Beiordnung von Rechtsanwalt K., L..

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im gerichtlichen Eilverfahren um die Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), die der Antragsgegner wegen einer verletzten Wohnsitzauflage nicht gewährt.

Die 1984 geborenen und miteinander verheirateten Antragsteller zu 1 und 2 sind kosovarische Staatsangehörige und die Eltern der 2001 bis 2007 geborenen Antragsteller zu 3 bis 6. Die Antragsteller wohnen in einer 85 qm großen Dreizimmerwohnung in L., für die sie eine Kaltmiete i. H. v. 390 Euro sowie Betriebskosten i. H. v. 110 Euro je Monat entrichten müssen. In der Vergangenheit bezogen sie monatliche Kindergeldleistungen i. H. v. 693 Euro sowie in dem Zeitraum von Juli bis September Kinderzuschlag i. H. v. 560 Euro je Monat. Kindergeld wird auch derzeit gewährt.

Sie verfügen über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) mit der Erlaubnis, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Der Aufenthaltstitel ist zugleich mit einer Auflage verbunden, nach der die Antragsteller ihren Wohnsitz nur im Gebiet des Landkreises L. mit Ausnahme des Gebietes der Stadt L. nehmen dürfen.

Zum Jahreswechsel 2009/2010 zogen die Antragsteller vom Landkreisgebiet in die Stadt L.; infolgedessen beantragten sie am 5. Januar 2010 beim Landkreis L. die Änderung bzw. die Streichung der Wohnsitzauflage. Über den Antrag ist noch nicht entschieden, da im laufenden Verfahren zur Änderung der Wohnsitzauflage die Behörde des Zuzugsorts, die Stadt L., einbezogen ist.

Bis zum 15. Januar 2010 ging der Antragsteller zu 1 einer Erwerbstätigkeit nach, durch die er ein Einkommen in wechselnder Höhe von bis zu 1.250 Euro pro Monat erzielte; er verlor die Anstellung aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung.

Am 25. Januar 2010 beantragte der Antragsteller zu 1 bei der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsamt L., Arbeitslosengeld; über diesen Antrag ist soweit ersichtlich noch nicht entschieden. Kurz darauf sprachen die Antragsteller beim Antragsgegner vor, um Leistungen nach dem SGB II zu beantragen. Unter Hinweis auf den Verstoß gegen die Wohnsitzauflage wurden die Antragsteller vom Antragsgegner zurückgewiesen.

Am 8. März 2010 haben die Antragsteller den vorliegenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Hildesheim gestellt, um eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Arbeitslosengeld II zu erreichen.

Ein Verwaltungsvorgang ist beim Antragsgegner wegen der Vorsprache bzw. eines derzeit zur Entscheidung ausstehenden Leistungsantrags nicht angelegt worden.

Unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung vom 3. März 2010 tragen die Antragsteller vor, sie seien - bis auf die Kindergeldleistungen - mittellos und hätten bereits die Miete für die Monate Februar und März 2010 nicht entrichten können. Die Bescheidung des Antrags auf Gewährung von Arbeitslosengeld für den Antragsteller zu 1 stehe noch aus; der zu erwartende Leistungsbezug werde jedoch nicht reichen, um den Lebensunterhalt der Familie zu bestreiten. Neben der persönlichen Vorsprache beim Antragsgegner hätten die Antragsteller am 8. Februar 2010 mit einem aus dem Internet heruntergeladenen Antragsformular beim Antragsgegner Arbeitslosengeld II beantragt, bislang jedoch noch keine Rückmeldung über den Verfahrensstand erhalten. Zur Glaubhaftmachung haben die Antragsteller eine Kopie des Antragsformulars und ihres Mietvertrags vom 20. November 2009 sowie eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 zur Gerichtsakte gereicht. Sie sind der Auffassung, dass der Antragsgegner trotz Verletzung der Wohnsitzauflage Leistungen nach dem SGB II zu erbringen habe.

Die Antragsteller beantragen schriftsätzlich,

wegen der Eilbedürftigkeit der Sache im Wege der einstweiligen Anordnung den Antragsgegner ohne mündliche Verhandlung zu verpflichten, den Antragstellern Leistungen gemäß SGB II zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,

den Antrag abzulehnen.

Er ist der Auffassung, dass den Antragstellern wegen des Verstoßes gegen die Wohnsitzauflage Lei...

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