Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsarzt. faktische Wahrnehmung der Tätigkeit eines Krankenhausarztes. unvereinbare Interessen- und Pflichtenkollision. Begriff des Konsiliararztes

 

Orientierungssatz

1. Bei der faktischen Wahrnehmung der Tätigkeit eines Krankenhausarztes durch einen zugelassenen Arzt liegt eine mit der Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit unvereinbare Interessen- und Pflichtenkollision vor.

2. Unter einem Konsiliararzt ist ein Arzt mit einer anderen Fachgebietsbezeichnung zu verstehen, der im konkreten Behandlungsfall während eines stationären Aufenthalts auf seinem Fachgebiet untersucht und Behandlungsvorschläge macht, weil in dem Krankenhaus eine entsprechende Fachkompetenz fehlt.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Gerichtskosten.

Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt neben der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit die Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit als Konsiliararzt am ... Hospital.

Der Kläger ist Facharzt für Neurochirurgie. Am 02.06.2003 beantragte er die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Neurochirurg für den Praxissitz ... Gleichzeitig strebte er eine Kooperation mit dem ... Hospital ... an. Er legte einen Konsiliararztvertrag vor, wonach konsiliarärztliche Leistungen sind:

a)

Die Untersuchung des Patienten;

b)

die nach einer vorausgegangenen Untersuchung des Patienten erfolgende Beratung mit dem Krankenhausarzt zur Stellung der Diagnose oder zur Festlegung des Behandlungsplanes (Konsilium);

c)

die Mitbehandlung des Patienten;

d)

die Untersuchung und Befundung von Körpermaterial des Patienten.

Außerdem sollte die konsiliarärztliche Tätigkeit von dem Kläger persönlich durchgeführte Operationen an der Wirbelsäule in der Abteilung für Orthopädie des Krankenhauses bei Patienten, die der Kläger selbst einweist, umfassen. Operationszeiten sollten sein mittwochs von 12.00 Uhr bis 15.30 Uhr und jeden zweiten Freitag von 13.30 Uhr bis 15.30 Uhr. Für das Jahr 2004 war eine Mengenbegrenzung in Höhe von 150 Operationen an Patienten der orthopädischen Abteilung vorgesehen. Die Beigeladene zu 1) erhob gegen die Nebentätigkeit als Konsiliararzt Einwände und trug vor, dass die Tätigkeit des Klägers für eine Tätigkeit als Belegarzt spreche. Gemäß § 36 Abs. 2 Krankenhausgesetz Nordrhein-Westfalen (KHG NRW) sei belegärztliche Tätigkeit nur in zugelassenen Belegabteilungen zulässig. Der Kläger sei nicht als Belegarzt anerkannt. Der Kläger trägt hierzu vor, dass es sich bei dem KHG NRW um ein Subventionsgesetz handele, das nur Rechte und Pflichten zwischen dem Krankenhaus und dem Land regele. Eine derartige Vorschrift gebe es in keinem anderen Bundesland. Die Anwendung führe dazu, dass es ein NRW-spezifisches Landeszulassungsrecht gebe. Der Kläger wolle nur im Rahmen des orthopädischen Versorgungsauftrages des ... Hospitals tätig werden.

Mit Beschluss vom 22.01.2004 ließ der Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Münster den Kläger als Facharzt für Neurochirurgie für den Arztsitz Gelsenkirchen zur Vertragsarztpraxis zu. Der Antrag auf Nebentätigkeit als Konsiliararzt am ... Hospital in ... wurde abgelehnt. Zur Begründung wurde auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.01.2002 (B 6 KA 20/01 R) hingewiesen, wonach schon die abstrakte Möglichkeit einer Interessen- oder Pflichtenkollision durch eine Nebentätigkeit eine Zulassung ausschließe. Das KHG NRW sei geltendes Recht. Ein Verwaltungsakt, der in einer Nebenbestimmung gegen Landesrecht verstoße, sei rechtswidrig. Der Kläger werde nicht als Konsiliararzt nur ergänzend tätig, seine Tätigkeit gehe darüber hinaus und verstoße deshalb gegen § 36 Abs. 2 KHG NRW. Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs wurde vorgetragen, dass der Zulassungsausschuss nicht für Genehmigungen von Nebentätigkeiten zuständig sei. Ein Verstoß gegen § 36 Abs. 2 KHG NRW liege nicht vor. Der nunmehr geänderte Vertrag trage den Bedenken der Beigeladenen zu 1) Rechnung.

Mit Beschluss vom 03.08.2004 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Zulassungsgremien auch zur Genehmigung von Nebentätigkeiten zuständig seien. Ungeeignet seien gemäß § 20 Abs. 1 Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) Ärzte, die für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit wegen eines Beschäftigungsverhältnisses für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in erforderlichem Maße zur Verfügung stehen (vgl. BSG a.a.O). Die von dem Kläger nach dem zwischen ihm und dem ... Hospital ... geschlossenen Konsiliarvertrag zu erbringenden Leistungen gingen über konsiliarische Leistungen hinaus, da zu seinem Aufgabenbereich nicht nur die Untersuchung der Patienten, sondern auch die Stellung der Diagnose oder die Festlegung des Behandlungsplanes, die Mitbehandlung und auch die Durchführung von Operationen an der Wirbelsäule gehörten. Dies ginge eindeutig über eine konsiliarärztliche Tätigkeit hinaus. Vielmehr handele es sich um die...

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