Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlagebeschluss an das BVerfG. Minderung des Arbeitslosengeldes. verspätete Meldung. Minderungsumfang. Verfassungswidrigkeit

 

Orientierungssatz

1. Dem Bundesverfassungsgericht wird die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 140 Abs 1 S 2 SGB 3 in der am 1.7.2003 in Kraft getretenen Fassung des ArbMDienstLG 1 vom 23.12.2002 mit Art 14 Abs 1 S 2 GG vereinbar ist, soweit der erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld im dort genannten Umfang gemindert wird.

2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss aufgehoben durch Beschuss vom 14.2.2006.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung in Höhe von 1.050,00 €.

Der 1961 geborene, geschiedene Kläger war zuletzt vom 05. Mai 1999 bis zum 01. Januar 2004 als Vorarbeiter/Maurer bei der Fa. T. GmbH beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige, betriebsbedingte Kündigung vom 24. September 2003 zum 01. Januar 2004.

Am 20. November 2003 meldete sich der Kläger mit Wirkung vom 02. Januar 2004 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab dem 02. Januar 2004 Arbeitslosengeld für 360 Leistungstage nach einem ungerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 464,46 € in Höhe von 199,29 € wöchentlich nach Leistungsgruppe A (Lohnsteuerklasse I) unter Berücksichtigung des erhöhten Leistungssatzes.

Mit Bescheid vom 08. Januar 2004 verfügte die Beklagte ergänzend zum Bewilligungsbescheid über die Bewilligung von Arbeitslosengeld eine Minderung des Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.050,00 € gemäß §§ 37 b, 140 SGB III, weil der Kläger seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Arbeitssuchendmeldung nicht nachgekommen sei. Der Kläger habe sich nach dem Erhalt der Kündigung am 24. September 2003 spätestens am 08. Oktober 2003 arbeitsuchend melden müssen. Er habe sich aber erst am 20. November 2003 und damit 43 Tage zu spät gemeldet. Daher sei eine Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs um 35,00 € für jeden Tag der verspäteten Meldung, begrenzt auf maximal 30 Tage eingetreten und eine Minderung in Höhe von insgesamt 1.050,00 € festzustellen. Die Minderung erfolge, indem der Minderungsbetrag auf das halbe Arbeitslosengeld angerechnet werde und bis zur Tilgung des Minderungsbetrages nur die Hälfte des dem Kläger an sich zustehenden Arbeitslosengeldes ausgezahlt werde. Der tägliche Abzug betrage 14,23 € und die Minderung sei voraussichtlich ab dem 15. März 2004 beendet.

Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 11. Januar 2004, eingegangen bei der Beklagten am 12. Januar 2004, Widerspruch, weil er von der Neuregelung keine Kenntnis gehabt habe. Hiervon habe er erst durch das ihm bei der Arbeitslosmeldung am 20. November 2003 ausgehändigte Merkblatt für Arbeitslose erfahren. Bei seiner letzten Arbeitslosigkeit ab Februar 1999 habe es ausgereicht, sich spätestens am Tage des Eintritts der Arbeitslosigkeit beim Arbeitsamt zu melden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach § 37 b SGB III sei der Kläger verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis der Beendigung seines Versicherungspflichtverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Aufgrund der Kündigung vom 24. September 2003 habe sich der Kläger daher spätestens am 08. Oktober 2003 arbeitsuchend melden müssen. Der Kläger habe sich erst am 20. November 2003 arbeitsuchend gemeldet. Nach § 140 SGB III sei daher eine Minderung des Arbeitslosengeldes eingetreten.

Dagegen hat der Kläger am 26. Januar 2004 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben, mit der er sich gegen die Minderung seines Arbeitslosengeldes wehrt und deren Rückgängigmachung verlangt. Er habe die Neuregelung bzw. die Verpflichtung zur unverzüglichen Arbeitssuchendmeldung zum Zeitpunkt der Kenntnis von der Kündigung am 24. September 2003 nicht gekannt. Er beziehe keine Tagespresse und sei auch nicht verpflichtet, sich mit Paragraphen und Gesetzen des Arbeitsförderungsrechts auseinander zu setzen. Im Übrigen sei die Arbeitsuche im Baugewerbe in den Wintermonaten aussichtslos. Der Beklagten sei daher überhaupt kein Schaden entstanden.

Die Beklagte meint, die Klage sei abzuweisen. Für die Entscheidung der hier strittigen Frage, ob eine Minderung eingetreten sei oder nicht, komme es auf die Kenntnis des Klägers von der gesetzlichen Neuregelung nicht an.

 

Entscheidungsgründe

Der Rechtsstreit ist gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 11, 80 BVerfGG (Bundesverfassungsgerichtsgesetz) auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber einzuholen, ob § 140 Abs. 1 Satz 2 SGB III in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002     (BGBl. I, S. 4607), in Kraft getreten gemäß Art. 14 Abs. 2 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt am 01. Juli 2003, mit Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar ist, soweit der erworbene Anspruch auf ...

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