Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. obstruktive Atemwegserkrankung. Krankheitsbegriff. obstruktive Ventilationsstörung. bronchiale Hyperreagibilität. PTA

 

Orientierungssatz

1. Zur Nichtanerkennung von Atembeschwerden und einer Zytostatika-Lunge einer PTA als Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 4301, Nr 4302 mangels Nachweises einer bronchialen Hyperreagibilität.

2. Zum Krankheitsbegriff "obstruktive Atemwegserkrankung".

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bei der Klägerin eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4301 oder 4302 der Anlage zur BKV festzustellen und zu entschädigen ist.

Die 1962 geborene Klägerin ist im ehemaligen Jugoslawien geboren und lebt seit 1988 in der Bundesrepublik Deutschland. Hier absolvierte sie eine Ausbildung zur technisch-pharmazeutischen Assistentin in A-Stadt. Von 1993 bis 1995 arbeitete die Klägerin als Stationsassistentin, wechselte dann als PTA in eine Krankenhausapotheke (1995 - 2002). Seit 2002 verrichtet die Klägerin in der Onkologie der C-Klinik A-Stadt die Tätigkeiten einer PTA. Nach dem im Juli 2004 Atembeschwerden bei der Klägerin auftraten, erstattete der Lungenfacharzt Dr. D. am 12.06.2006 eine ärztliche Anzeige wegen des Verdachts auf eine Berufskrankheit; bei der Klägerin liege eine „Zytostatika-Lunge“ vor.

Der TAD der Beklagten führte bei dem Arbeitgeber der Klägerin Ermittlungen durch und kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin während ihrer Beschäftigungszeiten Umgang mit Zytostatika hatte. Eine orale und dermale Gefährdung könne bei Nichtbenutzung der Schutzausrüstungen und bei Nichtbeachtung des Schutzstandards vorliegen. Eine Aufnahme von Zytostatika-Stäuben, -Dämpfen und -Aerosolen über die Atemwege sei aufgrund des geringen Dampfdrucks und der geringen Verdampfungsgeschwindigkeit der Zytostatika und der angewendeten Arbeitsverfahren nicht zu erwarten (Stellungnahme vom 20.02.2007).

Mit Bescheid vom 17.04.2007 lehnte die Beklagte Entschädigungsansprüche aus Anlass der Atemwegsbeschwerden ab.

Den dagegen eingelegten Widerspruch vom 20.04.2007 begründete die Klägerin damit, die arbeitstechnischen Ermittlungen seien vollkommen unzureichend. Da eine Aufnahme freigesetzter Zytostatika über die Atemwege oder die Haut erfolgen könne sei ihre Atemwegserkrankung auf den Umgang mit Zytostatika zurückzuführen.

Die Beklagte holte daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Arztes für Innere Medizin Dr. E. vom 11.02.2008 ein und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2008 als unbegründet zurück. Auf den Inhalt der Entscheidung wird Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Klage vom 30.09.2008. Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, die Stellungnahme des TAD erfolge in unzureichender Praxiskenntnis, widerspreche der Einzelfallprüfung und weise Widersprüche auf. Es bestünden gravierende Sicherheitslücken. Die naheliegendste Methode Zytostatika-Belastungen nachzuweisen sei nicht veranlasst worden. Sie sei ständig Zytostatika ausgesetzt gewesen, diese griffen erwiesenermaßen die Lungen an und ihre Lungenveränderungen seien ärztlich nachgewiesen und durch Zytostatika verursacht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 17.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihr eine BK nach Nrn. 4301/4302 der Anlage zur BKV anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Ergänzend stützt sie sich zur Begründung ihres Antrags auf eine Stellungnahme des TAD vom 09.12.2008.

Dem Gericht lagen die Akten der Beklagten vor.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist; die Beteiligten wurden hierzu gehört.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer Berufskrankheit, denn es ist weder eine BK 4301 noch eine BK 4302 nachgewiesen. Damit besteht auch kein Anspruch auf Gewährung einer entsprechenden Teilverletztenrente.

Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es unterschiedliche Beweisanforderungen. Bestimmte maßgebliche Tatsachen und Geschehnisabläufe, wie die den Versicherungs- und Versicherungsschutz begründenden Tatsachen (z. B. Arbeit, Dienstverrichtung, Dienstreise), die das schädigende Ereignis (Unfall, Erkrankung, etc.) kennzeichnenden Umstände sowie - im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität - das Bestehen eines Gesundheitsschadens bedürfen des Vollbeweises (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 37), also der Feststellung mit einem so großen Grad an Gewissheit, dass bei vernünftiger, lebensnaher Betrachtung kein begründbarer Zweifel an dem Vorliegen der rechtserheblichen Tatsache besteht (BSG SozR § 555 a Nr. 1). Zwar muss keine absolute, jeden erdenklichen Zweif...

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