Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Verfassungsmäßigkeit der Neubemessung des Regelbedarfs für Alleinstehende

 

Orientierungssatz

Die Neubemessung des Regelbedarfs für alleinstehende Hilfebedürftige in der zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Fassung des § 20 Abs 2 S 1 SGB 2 entspricht auch unter Berücksichtigung des Urteils des BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua = BVerfGE 125, 175 = NJW 2010, 505 den verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl LSG Stuttgart vom 10.6.2011 - L 12 AS 1077/11 = ZFSH/SGB 2011, 649).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.03.2013; Aktenzeichen B 4 AS 47/12 R)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Verfassungsmäßigkeit der der Klägerin gewährten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Die ... 1957 geborene Klägerin steht im Leistungsbezug nach dem SGB II. Sie wohnt alleine in einer Wohnung, deren Grundmiete inklusive Heizkostenpauschale 300 EUR beträgt. Die Klägerin bezieht eine Witwenrente in Höhe von monatlich 370,90 EUR.

Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 01.03.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bewilligungsbescheid vom 09.03.2011 Leistungen in Höhe von 318,10 EUR für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011. Mit Änderungsbescheid vom 26.03.2011 passte die Beklagte die Leistungen an die neue Rechtslage an und erhöhte die Leistungen für den gleichen Zeitraum auf 323,10 EUR monatlich. Dabei rechnete sie die Witwenrente der Klägerin in Höhe von 370,90 abzüglich der Versicherungspauschale in Höhe von 30 EUR an. Von den Leistungen entfielen 23,10 EUR auf den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes und 300 EUR auf die Kosten der Unterkunft und Heizung. Ausweislich des Datums in der Fußzeile des der Klägerin vorliegenden Originalbescheides ist ihr der Bescheid vom 26.03.2011 am 14.04.2011 zugegangen.

Mit ihrem Widerspruch vom 02.05.2011 wandte sich die Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 26.03.2011. Zur Begründung führte sie aus, dass die Leistungen verfassungswidrig zu niedrig bemessen seien.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2011 als verfristet zurück.

Mit der am 25.05.2011 eingegangenen Klagen verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Sie trägt vor, dass die Ermittlung der Höhe der Regelbedarfe nach dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (RBEG) nicht den vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 aufgestellten verfassungsrechtlichen Vorgaben genüge.

Insbesondere sieht sie Verfassungsverstöße in der Festlegung der Referenzgruppen, aus deren Konsumverhalten der Gesetzgeber die Höhe des Bedarfs zur Sicherung der Lebensgrundlage abgeleitet hat. Diese Gruppe sei falsch gewählt, da weder Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, noch Leistungsberechtigte nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz noch “Aufstockerhaushalte„ noch “verdeckt Arme„ aus der Referenzgruppe ausgenommen worden seien. Ferner sei die Entscheidung, die unteren 20% bzw. die unteren 15 % der Referenzgruppe als Maßstab anzulegen, willkürlich. Die dem RBEG zugrundeliegende Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 (EVS 2008) sei überdies anders ermittelt als die dem Urteil des BVerfG vom 09.02.2010 zugrundeliegende EVS 1998 und werde dessen Vorgaben nicht gerecht. Im Übrigen seien das Warenkorbmodell und das Statistikmodell bei der Berechnung vermischt worden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 26.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2011 abzuändern und der Klägerin für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II, mindestens einen Betrag in Höhe von 407 EUR monatlich zuzüglich der gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf die bereits im Widerspruchsverfahren vertretene Rechtsauffassung.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Die Beteiligten haben bereits in der mündlichen Verhandlung ihr Einverständnis mit der Einlegung einer Sprungrevision zum Bundessozialgericht unter Verzicht auf die Berufungsinstanz erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der angefochtene Leistungsbescheid vom 26.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 06.05.2011 für den Leistungszeitraum vom 01.04.2011 bis 30.09.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten gemäß § 54 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen - weder aus dem SGB II, noch aus dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum.

Die der Klägerin bewilligten Leistungen sind zutreffend nach den geltenden Vorschriften des SGB II in der durch das ...

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