Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungsträger ≪hier Krankenkasse≫. Verwaltung der Mittel. Erzielung eines angemessenen Ertrages. ausreichende Liquidität

 

Orientierungssatz

1. Die Regelung des § 80 Abs 1 SGB 4 verlangt von den Sozialversicherungsträgern nicht die Erzielung eines "höchstmöglichen" oder "möglichst hohen", sondern nur eines "angemessenen" Ertrages (vgl BSG vom 18.7.2006 - B 1 A 2/05 R = SozR 4-2400 § 80 Nr 1). Dabei ist in diesem Zusammenhang der gebotenen Liquidität vor dem Grundsatz der Erzielung eines angemessenen Ertrages ein Vorrang einzuräumen.

2. Eine ausreichende Liquidität iS des § 80 Abs 1 SGB 4 ist dann gewährleistet, wenn der Versicherungsträger kurzfristig verfügbare Mittel zur Bestreitung seiner laufenden Ausgaben sowie zum Ausgleich von Einnahme- und Ausgabeschwankungen (Betriebsmittel) iS des § 81 SGB 4 bereithält, so dass im Bedarfsfall eine schnelle Verfügbarkeit der finanziellen Mittel gewährleistet ist (vgl BSG vom 18.7.2006 - B 1 A 2/05 R - aaO).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.03.2009; Aktenzeichen B 1 A 1/08 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen einer Aufsichtsklage streitig, ob eine Festgeldanlage der klagenden Krankenkasse rechtmäßig ist.

Mit Schreiben vom 22.07.2004 beriet die Beklagte die klagende Ersatzkasse dahingehend aufsichtsrechtlich, dass die Aufnahme von Krediten zur Vornahme bzw. zur Aufrechterhaltung von Vermögensanlagen (kreditfinanzierte Anlagepolitik) gegen die Vorschriften zur Anlage von Mitteln der Sozialträger verstoßen würde. Verletzt wären insbesondere bei Wertpapieren der Grundsatz der Sicherheit der Vermögensanlage nach § 80 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV - sowie die Verfügbarkeit der Mittel zur Finanzierung der Ausgaben nach §§ 80, 81 SGB IV, 260 SGB V und das grundsätzliche Verbot der Kreditaufnahme durch gesetzliche Krankenkassen. Mit Schreiben vom 11.08.2004 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie bezüglich der Anlagepolitik eine grundsätzlich andere Rechtsauffassung vertreten würde. Für die Rechtmäßigkeit der von ihr verfolgten kreditfinanzierten Anlagepolitik führte sie im Wesentlichen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Anlage an, den sie stets beachtet hätte. Mit Beratungsschreiben vom 07.09.2004 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass sie die von dieser praktizierten kreditfinanzierte Anlagepolitik weiterhin für rechtswidrig halten würde. Zur Behebung der Rechtsverstöße schlug die Beklagte der Klägerin unter anderem vor, angelegte Festgelder bei Fälligkeit nicht neu anzulegen und Neuanlagen erst dann wieder vorzunehmen, wenn eine weitere Kreditaufnahme ausgeschlossen erscheinen würde. Mit Schreiben vom 14.09.2005 forderte die Beklagte die Klägerin auf, zwei Wochen vor Vertragsabschluss mitzuteilen, falls sie eine neue kreditfinanzierte Anlage beabsichtigen würde. Einer solchen Anlage müsse ggf. durch den Erlass eines Verpflichtungsbescheides entgegen gewirkt werden können. Mit Schreiben vom 08.03.2005 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie beabsichtige, eine Festgeldanlage über 100 Millionen Euro bei der A AG vorzunehmen. Der Zinssatz würde 2,3% bei einer Laufzeit von 6 Monaten betragen. Diese Anlage würde im Wesentlichen dazu dienen, die unattraktiven Tagesgeldzinsen mit einem Zinssatz von zur Zeit 2,04% durch einen höheren Zins zu ersetzen. Aufgrund der hohen Liquiditätsschwankungen wäre davon auszugehen, dass an einigen Tagen pro Monat die Festgeldanlage im Rahmen des Cash-Managements durch eine Kreditaufnahme gegenfinanziert werden müsse. Die täglichen Kreditaufnahmen würden maximal die Höhe der Festgeldanlage erreichen und der Zinssatz liege mit zur Zeit ca. 2,09% deutlich unter den Zinserträgen aus der Anlage. Nach allgemeiner Markterwartung wird die Europäische Zentralbank frühestens im September 2005 mit Zinserhöhungen auf die konjunkturelle Erholung reagieren, d. h. nach Endfälligkeit des Festgeldes. Auch bei einer nicht zu erwartenden früheren deutlich höheren Erhöhung des Leitzinses würde die beabsichtigte Maßnahme wirtschaftlich sein. Ein Verlust erscheine ausgeschlossen, insbesondere wäre die Festgeldanlage zu 100% über den Einlagensicherungsfonds abgesichert.

Mit Bescheid vom 23.03.2005 verpflichtete die Beklagte die Klägerin, die mit Schreiben vom 08.03.2005 angekündigte Festgeldanlage zu unterlassen. Auf den Inhalt dieses Bescheides wird Bezug genommen. Die Klägerin hat am 20.04.2005 Klage erhoben. Entsprechend ihrer Ankündigung hat die Klägerin für den Zeitraum vom 21.04.2005 bis 21.10.2005 eine Festgeldanlage über einen Betrag in Höhe von 100 Millionen Euro bei einem Zinssatz von 2,32% p.a. getätigt. Die Klägerin trägt vor, dass sie zur Realisierung der streitigen Festgeldanlage kurzfristige Tageskredite aufgenommen hätte und insoweit hierfür Zinsen in Höhe von 38.125 Euro gezahlt hätte. Die streitige Festgeldanlage hätte somit einen positiven...

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