Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung des Entlassungsgeldes eines Strafgefangenen auf bewilligte Leistungen der Grundsicherung

 

Orientierungssatz

1. Bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes 2 sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen. Nach § 13 SGB 2 i. V. m. § 2 Abs. 3 der Alg2-VO sind derartige Einnahmen auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen; als solcher gilt ein Zeitraum von sechs Monaten.

2. Entgegen § 51 Strafvollzugsgesetz ist Entlassungsgeld, welches dem Strafgefangenen nach seiner Entlassung ausgezahlt wird, als Einkommen nicht lediglich für die ersten vier Wochen nach der Entlassung auf die Leistungen des SGB 2 anzurechnen, sondern auf sechs Monate zu verteilen. § 51 Strafvollzugsgesetz ist nicht als Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 SGB 2 konzipiert.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.08.2013; Aktenzeichen B 14 AS 78/12 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten in einem Verfahren nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II um die Höhe von Leistungen.

Der Klägerin zu 1) und ihren Kindern K, D und U wurden zuletzt mit Bescheid vom 14.02.2007 von der Beklagten Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 883,78 EUR für die Zeit vom 01.02.2007 bis zum 30.04.2007 und in Höhe von 907,78 EUR für die Zeit vom 01.05. bis 31.05.2007 bewilligt.

Am 11.04.2007 war der Kläger zu 5) aus der Haft entlassen worden.

Im April 2007 stellte die Klägerin zu 1) einen Änderungsantrag. Die Beklagte erteilte daraufhin unter dem 25. April 2007 zwei Bescheide. Mit dem ersten Bescheid (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid) hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2007 bis zum 30.04.2007 in Höhe von 294,45 EUR, sowie die Bewilligung für den Monat Mai 2007 in voller Höhe auf. Gleichzeitig lehnte die Beklagte den Fortzahlungsantrag der Klägerin für die Zeit vom 01.06.2007 ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger zu 5) sei aus der Haft entlassen und in den Haushalt zurückgekehrt. Er werde damit Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Außerdem erhalte Herr W Arbeitslosengeld I in Höhe von täglich 33,83 EUR. Bei der Entlassung aus der JVA seien ihm insgesamt 2.734,43 EUR ausgezahlt worden. Dies sei Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 2 SGB II. Danach seien für den Monat April insgesamt 294,45 EUR zuviel gezahlt worden.

Mit Änderungsbescheid ebenfalls vom 25.04.2007 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen für die Zeit vom 01.04.207 bis zum 30.04.2007 in Höhe von 589,33 EUR.

Unter dem 30.04.2007 legten die Kläger gegen beide Bescheide Widerspruch ein. Unter dem 11. Mai 2007 teilte die Justizvollzugsanstalt C der Beklagten mit, der Kläger zu 5) sei während seiner Inhaftierung in der dortigen Schlosserei zur Arbeit eingeteilt gewesen. Von seinem monatlichen Verdienst seien ihm 3/7 als Hausgeld und 4/7 als Überbrückungsgeld gutgeschrieben worden. Bei seiner Entlassung habe er 2.277,- EUR Überbrückungsgeld, 418,77 EUR Eigengeld und 38,65 EUR Hausgeld erhalten.

Mit Abhilfebescheid vom 04. Juli 2007 forderte die Beklagte von den Klägern für den Monat April nur noch 68,35 EUR zurück, nachdem sie das Arbeitslosengeld I des Klägers zu 5) neu berechnet hatte. Mit Bescheid vom 08.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Kläger als sachlich unbegründet zurück. Sie führte aus, der Betrag, den der Kläger zu 5) bei seiner Haftentlassung erhalten habe reiche aus, um den Lebensunterhalt für 6 Monate, gerechnet ab Mai 2007 zu bestreiten.

Dagegen richtet sich die am 05. Oktober 2007 bei Gericht eingegangene Klage.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2007 lehnte die Beklagte den Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid für den Monat April 2007 mit der Begründung ab, nach der Neuberechnung im Änderungsbescheid vom 04.06.2007 stünden den Klägern keine weiteren Leistungen zu. Der bei der Haftentlassung erhaltene Betrag in Höhe von 2.734,43 EUR sei als Einkommen zu berücksichtigen.

Gegen die Widerspruchsbescheide richten sich die am 05. und 08 Oktober 2007 bei Gericht eingegangenen Klagen, die das Gericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat.

Die Kläger sind der Auffassung, dass das Einkommen des Klägers zu 5) ausschließlich in dem Zeitraum, der nach § 51 des Strafvollzugsgesetzes vorgegeben ist, zu berücksichtigen ist.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung bew. Abänderung der Bescheide vom 25.04.2009, 04.06.2009, 04.09.2009 und 08.08.2009 zu verurteilen, den Klägern Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Übergangsgeld, Eigengeld und Hausgeld zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen. Ihre Inhalte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene und daher zulässige Klage ist nicht begründet. Die Kläger sind durch die angefochtenen Bescheide nicht...

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