Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Kostenübernahme für das Erlernen der Gebärdensprache im Rahmen eines Hausgebärdensprachkursus.

Der am 00.00.2011 geborene Antragsteller ist von Geburt an gehörlos. Er wurde im Juli 2012 mit einem Cochlear-Implantat (CI) versorgt. Die nachfolgende Betreuung erfolgte durch das D Implantat Centrum der HNO-Universitätsklinik L, die Kinderärztin P sowie mittels einer heilpädagogischen Frühförderung im Bereich "Hören und Kommunikation" durch die MWS1-M1-M2-Schule (Frau F S2). Im März 2016 stellten die Therapeuten des D Implantat Centrums L fest, dass beim Antragsteller bei einem Lebensalter von 4; 9 Jahren ein Höralter mit CI von ca. 3; 10 Jahren besteht. Bezogen auf das ungefähre Höralter von drei Jahren zeige sich ein durchschnittlicher Wert für den Wortschatz. Die Artikulation sei weiterhin auffällig. Aufgrund der Diskrepanz zwischen Höralter/Sprachentwicklungsalter und dem Lebensalter könne über weitere sprachtherapeutische Maßnahmen nachgedacht werden (Bericht vom 03.03.2016).

Am 29.08.2016 beantragte der Antragsteller bei der Beigeladenen unter Vorlage von Stellungnahmen der behandelnden Ärztin P und der Sonderschullehrerin F. S2 die Bewilligung von Hilfe durch eine gehörlose Fachkraft des Vereins H A e.V. im familiären Umfeld als Eingliederungshilfe. Der Verein H A werde zeitnah die entsprechenden Unterlagen über den geschätzten Therapiebedarf und die Therapiekosten einreichen.

Diesen Antrag leitete die Beigeladene am selben Tag an die Antragsgegnerin weiter und teilte dies dem Antragsteller mit. Unter dem 06.04.2017 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie zur Prüfung des weitergeleiteten Antrags den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einschalte. Dieser kam am 19.04.2017 zu der Einschätzung, dass es sich bei dem beantragten Unterricht um eine Eingliederungshilfe gemäß SGB IX handele und im Rahmen der Frühförderung in die Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers falle. Eine medizinische oder Rehabilitations-Leistungen lägen nicht vor. Daraufhin wandte sich die Antragsgegnerin am 20.04.2017 mit dem Ersuchen von Amtshilfe an die Beigeladene und teilte dies dem Antragsteller mit. Am 30.05.2017 reichte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin den Kostenvoranschlag der H A e.V. ein, der den Behandlungs- und Betreuungsbedarf auf eine Zeitstunde pro Woche taxierte mit einem Therapiekostenansatz von 64,60 EUR pro Zeitstunde und daraus folgend 258,40 EUR pro Monat. Ohne eine Antwort der Beigeladenen erhalten zu haben, erteilte die Antragsgegnerin den Bescheid vom 12.06.2017, mit dem sie die Kostenübernahme für den gewährten Sprachkurs ablehnte. Es handele sich um eine Leistung der Eingliederungshilfe gemäß SGB XII, welche die sozialhilferechtliche Bedürftigkeit voraussetze. Da ihr keinerlei Unterlagen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorlägen, könnten die sonstigen Voraussetzungen nicht geprüft werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Widerspruch.

Des Weiteren beantragte er beim Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Kostenübernahme für das Erlernen der Gebärdensprache durch die Antragsgegnerin. Es bestehe ein entsprechender Anspruch auf Eingliederungshilfe ohne die Pflicht des Antragstellers bzw. seiner Eltern, vorrangig ihr Einkommen oder Vermögen einzusetzen, § 92 SGB XII. Auf Anforderung des Gerichts hat er das Einkommen seiner Eltern mitgeteilt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Schriftsätze des Antragstellers Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich,

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, dem Antragsteller eine Kostenübernahmeerklärung für das Erlernen der Gebärdensprache im Rahmen eines Hausgebärdensprachkurses in gesetzlicher Höhe und Laufzeit zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,

den Antrag auf Erlass einer einstweilen Anordnung abzulehnen.

Es läge weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch vor. Zum Anordnungsgrund sei nicht vorgetragen worden. Auch ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben. Der MDK sei in seiner gutachtlichen Stellungnahme zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei dem beantragten Gebärdensprachkurs um eine Leistung der Eingliederungshilfe gemäß dem SGB XII handele. Dies entspreche der Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 05.01.2017. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a SGB V lägen nicht vor. Denn vorliegend handele es sich um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation, für die die Regelungen der §§ 14, 15 SGB IX vorrangig seien. Bereits seinem Wortlaut nach schließe § 13 Abs. 3a S. 9 SGB V die Anwendung der sog. Genehmigungsfiktion in diesen Fällen aus.

Der beigeladene Sozialhilfeträger hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. Er...

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