nicht rechtskräftig

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.09.2005; Aktenzeichen B 6 KA 71/04 R)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.314.328,27 Euro an rückständiger Gesamtvergütung für die Jahre 2000 und 2001 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage betreffend der Verzugszinsen abgewiesen.

3. Die Widerklage wird als unzulässig abgewiesen.

4. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und die Gerichtskosten nach einem in der Höhe auf 2.500.000,00 Euro begrenzten Streitwert zu tragen.

5. Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Gesamtvergütungsbeträgen für die Jahre 2000 und 2001 anhand von Kopfpauschalen.

Nachdem die Beklagte Zahlungen der Gesamtvergütung für die vertragsärztliche Versorgung an die Klägerin zurückbehielt, weil diese nach Ansicht der Beklagten nicht anhand einer Kopfpauschale, sondern anhand des tatsächlichen Leistungsbedarfs ihrer überdurchschnittlich jungen und gesunden Versicherten zu bestimmen seien, erhob die Klägerin Klage auf Zahlung der von der Beklagten zurückbehaltenen Gesamtvergütungsbeträge für die Jahre 2000 und 2001 in Höhe von 11,3 Millionen Euro. Der Landesverband der Betriebskrankenkassen hat am 24. Oktober 2001 mit der Klägerin eine Gesamtvergütungsvertrag für das Jahr 2000 geschlossen. Ebenfalls sind die Verhandlungen hinsichtlich des Gesamtvergütungsvertrages für das Jahr 2001 zwischen der Klägerin und dem Landesverband der Betriebskrankenkassen im September 2002 einvernehmlich abgeschlossen worden. Durch diesen Vertrag werden die dem Landesverband angehörenden einzelnen Betriebskrankenkassen unmittelbar zur Zahlung der vereinbarten Gesamtvergütung verpflichtet. Die Höhe der zu zahlenden Gesamtvergütung ergibt sich aus der Anlage 2 des Vertrages. Die Berechnung der Kopfpauschalen sowie der im jeweiligen Quartal des Jahres 2000 bzw. des Jahres 2001 maßgebliche Mitgliederbestand als Multiplikator sowie die auf die einzelnen Quartale entfallenen Ist- und Soll-Zahlungen sind aus dieser Anlage 2 ersichtlich.

Mit der Klage will die Klägerin die von der Beklagten verweigerte Zahlung durchsetzen, wobei der geltendgemachte Betrag nach dem Gesamtvertrag- dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - rechnerisch zutreffend ermittelt worden ist. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Parteien nach §§ 83, 85 SGB V an die Gesamtverträge gebunden seien. Der Landesverband der Betriebskrankenkassen habe mit Rechtswirkung zu Lasten und zu Gunsten der Beklagten die Gesamtvergütung für die Jahre 2000 und 2001 vereinbart. Diese Vereinbarungen seien von der zuständigen Landesregierung nicht beanstandet worden. Es handele sich dabei um sogenannte "Normsetzungsverträge", mit denen Rechte und Pflichte von nicht am Vertrag unmittelbar beteiligten Dritten geregelt würden. Daraus folge: Der Normsetzungsvertrag sei solange wirksam und auch für die Beklagte verbindlich, wie er entweder gemäß § 59 SGB X gekündigt bzw. angepasst worden sei, oder aber seine Nichtigkeit gemäß § 58 SGB X festgestellt worden sei. Der Normsetzungsvertrag sei wirksam. Der für die Beklagte handelnde Landesverband habe die Interessen der Beklagten wahrgenommen und nach sachgerechter Überprüfung einer Fortschreibung der Kopfpauschale unter Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität zugestimmt. Das Verhandlungsergebnis bewege sich innerhalb des Bereichs der Vertragsautonomie, die der Landesverband ausgefüllt habe und auszufüllen verpflichtet gewesen wäre. Auch lasse sich eine Nichtigkeit des Vertrages nicht herleiten. Einerseits müsse die Behauptung der Beklagten, die vereinbarten Kopfpauschalen seien "unwirtschaftlich" ausdrücklich bestritten werden. Die von der Beklagten aufgestellte Behauptung, die Verhältnisse hätten sich im Laufe der Jahre geändert, u.a. bedingt durch die Einführung des Risikostrukturausgleiches (RSA), verursache keineswegs eine Unwirtschaftlichkeit. Vielmehr habe das Bundessozialgericht durch Urteil vom 16. Juli 2003 (B 6 KA 29/02 R) entschieden, dass bei der Gesamtvergütung die Auswirkungen des RSA nicht zu berücksichtigen seien. So müsse also auch eine "Inzidentkontrolle" zum Ergebnis kommen, dass die Gesamtverträge wirksam seien, und die Beklagte zur Zahlung der noch ausstehenden Gesamtvergütung verpflichtet sei. Ebenfalls werde die Rechtmäßigkeit der Vereinbarungen durch die Neuregelung des § 85b SGB V in der Fassung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) bestätigt. Das von der Beklagten beanstandete System der Kopfpauschalen solle danach erst ab 2007 geändert werden.

Da die Beträge fällig seien und die Beklagte sich in Verzug befände, sei die Beklagte nach den maßgeblichen Normen verpflichtet, die ausstehenden Beträge zu verzinsen. Der Verzugsschaden sei eingetreten, denn die Klägerin sei ihren Mitgliedern gegenüber verpflichtet, die für das jeweilige Jahr anfallende Gesamtvergütung vollständig auszuzahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 11.314.238,27 Euro an rück...

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