Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. sachlicher Zusammenhang. Weg vom dritten Ort. Zwei-Stunden-Grenze. einstündiger Arztbesuch

 

Orientierungssatz

Ein Arbeitnehmer steht nach einem knapp einstündigen Arztbesuch während der Arbeitszeit auf dem direkten Weg zum Betrieb nicht gem § 8 Abs 2 Nr 1 SGB 7 unter dem Aspekt "Weg von einem dritten Ort" unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Der ... geborene Kläger begehrt die Anerkennung eines Unfalls vom 09.05.2016 als Arbeitsunfall.

Am 09.05.2016 verließ der Kläger zwischen 10:45 Uhr und 11:00 Uhr seine Arbeitsstelle und suchte auf direktem Weg seinen Orthopäden auf. Den Arzttermin hatte er um 12:00 Uhr. Er verließ gegen 12:50 Uhr die Arztpraxis und trat den direkten Rückweg zur Arbeitsstätte an. Gegen 13:25 Uhr ereignete sich der Unfall. Der Kläger stieß mit einem anderen PkW zusammen und erlitt dabei gemäß Durchgangsarztbericht eine Rippenprellung links sowie eine Schulterprellung links.

Mit Bescheid vom 30.06.2016 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab, weil der Weg zum Arzt und zurück eine unversicherte Tätigkeit darstelle.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 27.07.2016 Widerspruch ein. Er führte aus, der Unfall habe sich auf dem Weg zur Arbeitsstätte ereignet und dieser Weg sei somit versichert. Es sei davon auszugehen, dass er von einem dritten Ort losgefahren sei. Dieser sei auch nicht unverhältnismäßig weit entfernt gewesen. Zudem sei der Arztbesuch dem Betrieb mittelbar zu Gute gekommen, denn er habe damit seine Gesundheit erhalten wollen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2017 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte aus, die Wahrnehmung privater Arzttermine gehöre grundsätzlich zum unversicherten persönlichen Lebensbereich. Es handele sich auch nicht um einen dritten Ort, weil dazu Voraussetzung sei, dass man sich dort mindestens 2 Stunden aufhalte.

Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 27.01.2017 Klage erhoben. Im Wesentlichen wiederholt der Kläger das Vorbringen aus dem Vorverfahren. Des Weiteren führt der Kläger aus, er habe sich bei der Auswahl der Terminierung des Arztbesuches nach den betrieblichen Interessen seines Arbeitgebers gerichtet und die Strukturierung des Arbeitstags darauf ausgerichtet. Er habe den Arzt auch aufgesucht zur Wiederherstellung seiner vollen Arbeitsfähigkeit. Sein Rückenleiden hätte ansonsten ggf. zu längeren Ausfallzeiten geführt. Er habe aus der Ex-ante-Sicht davon ausgehen können, dass er mindestens 2 Stunden in der Arztpraxis verbringen würde. Insofern sei er auch von einem dritten Ort abgefahren und der Weg zur Arbeitsstätte versichert.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 30.06.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2017 die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 09.05.2016 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.

Wegen des Weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die den Kläger betreffende Akte der Beklagten lag dem Gericht vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid vom 30.06.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2017 ist nicht rechtswidrig und beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), denn die Beklagte hat zutreffend die Anerkennung eines Arbeitsunfalls abgelehnt.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches VII - gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tode führen. Ein Arbeitsunfall setzt somit voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb dem versicherten Personenkreis zuzurechnen ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (vgl. hierzu BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR.4-2700 § 8 Nr. 55 Rdnr. 9).

Zwar erlitt der Kläger unstreitig am 09.05.2016 einen Unfall, als er mit einem anderen PkW zusammenstieß. Auch lag bei dem K...

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